Prozess nach Protest
Nach Abseilaktion auf Autobahn: Passauer Klimaaktivisten zu Geldstrafe verurteilt

02.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:40 Uhr

Diese Abseilaktion über der A 96 im September 2021 bei München brachte den Klimaaktivisten Mirjam Herrmann (vorne) und Kim Schulz eine Gerichtsverhandlung ein. −Foto: Thomas Vonier

Die Passauer Klimaaktivisten, die sich im September 2021 von einer Brücke über der A 96 bei München abseilten, um gegen die Automobilausstellung IAA zu protestieren, sind gestern zu einer Geldstrafe verurteilt worden.





Die beiden Passauer Studenten Mirjam Herrmann und Kim Schulz müssen jeweils 30 Tagessätze à 20 bis 30 Euro zahlen. Vorbestraft sind sie damit nicht. Zu diesem Urteil kam das zuständige Amtsgericht Fürstenfeldbruck, vor dem sich die beiden 25-Jährigen wegen Nötigung in 1296 Fällen verantworten mussten. Da die vielbefahrene A96 wegen der Abseilaktion komplett gesperrt werden musste, staute sich der Verkehr in der Folge auf einer Länge von mehreren Kilometern. Mitangeklagt war die Münchnerin Susanne Egli (39), da sie Fotos des Protests gemacht haben soll. Auch sie wurde zu 30 Tagessätzen à 20 bis 30 Euro verurteilt.

Gericht unter Forderung der Staatsanwaltschaft



Das Gericht blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die sich für 90 Tagessätze ausgesprochen hatte. Zudem ging das Gericht in seinem Urteil von Nötigung in nur einem Fall aus. Die Anwälte der Angeklagten hatten auf Freispruch plädiert.

„Wir werden Rechtsmittel einlegen“, kündigte Kim Schulz nach der Urteilsverkündigung gegenüber der Mediengruppe Bayern an. „Wir wollen in die nächste Instanz gehen.“

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft München II die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Schöffengericht Fürstenfeldbruck beantragt. Beim Schöffengericht wäre ein Strafrahmen von bis zu vier Jahren möglich gewesen, beim Strafrichter liegt er bei maximal zwei Jahren. Auch unter Berücksichtigung der Komplettsperre der Autobahn sei die Zuständigkeit des Schöffengerichts nicht gegeben, hieß es dann jedoch im Dezember im Beschluss des Richters am Amtsgericht Fürstenfeldbruck.

Aktivistin sieht „Verzweiflung“ beim Staat



Mirjam Herrmann teilte zum Verfahren mit: „Der Staat scheint nicht zu wissen, was er mit uns machen soll. Ich lese aus dem widersprüchlichen Vorgehen vor allem eines: Verzweiflung. Das ist verständlich.“ Auch über ein Jahr nach der IAA habe immer noch niemand Verantwortung übernommen. „Wir rasen immer noch ungebremst Richtung Klimakollaps“, betonte Herrmann. Meeresbiologin Susanne Egli ergänzte: „Hier sitzen Menschen auf der Anklagebank, die sich gegen ein zutiefst ungerechtes System und die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen einsetzen. Wir haben mit unserer Aktion gegen eine der mächtigsten Lobbys Deutschlands protestiert.“ Kim Schulz kündigte weitere Aktionen an. „Wir machen in jedem Fall weiter.“ Im September soll die IAA wieder in München stattfinden. Es sei mit viel Protest aus der Bevölkerung zu rechnen, so die Klimaaktivisten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.