PNP-Spendenaktion 2024
Kinderschutz-Expertin über das Leben von Kindern in Moldau: „Wir sehen viele Härtefälle“

20.12.2024 | Stand 20.12.2024, 16:34 Uhr |

Kindern mit Respekt und Zuneigung begegnen: Das ist der Psychologin Diana Turcanu, die als Kinderschutzexpertin bei Concordia in Moldau arbeitet, wichtig. Hier ist sie mit Kindern im Tageszentrum Tudora zu sehen. Die Mädchen und Jungen aus bedürftigen Familien bekommen in der Concordia-Einrichtung ein warmes Mittagessen, werden bei den Hausaufgaben betreut und können dort mit ihren Freunden spielen. − Foto: Fischl

Die Psychologin Diana Turcanu (47) klärt als Kinderschutz-Expertin der Concordia ihre Landsleute in Moldau über die Rechte von Kindern auf. Sie hofft, dass Fälle von Gewalt und Missbrauch so weiter zurückgehen.

  


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Als Kinderschutz-Expertin braucht man ein dickes Fell, das weiß Psychologin Diana Turcanu. Die 47-Jährige bearbeitet dieses Thema seit vielen Jahren für die Hilfsorganisation Concordia in Moldau. Häusliche Gewalt, Missbrauch, Alkoholismus, mangelnde Fürsorge, allein gelassene Kinder – das ist ihr tägliches Brot. „Wir sehen viele Härtefälle“, sagt die Psychologin. Doch sie und ihre Kolleginnen und Kollegen lassen nicht locker, immer mehr Menschen in Moldau für die Rechte von Kindern zu sensibilisieren.

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Psychologin setzt auf Präventionsarbeit



Und das hat Erfolg. „Dank unserer Arbeit und auch weil sich unsere Gesellschaft langsam ändert, moderner und mental gesünder wird, gehen die Fälle von Gewalt und Missbrauch zurück“, sagt Diana Turcanu. Die Psychologin setzt dabei vor allem auf Präventionsarbeit. „Wir unterstützen mit unseren Angeboten Eltern, die große Probleme haben. Unser Ziel ist es immer, dass die Kinder bei ihren biologischen Eltern bleiben können“, erklärt die Kinderschutz-Expertin. „Manchmal geht es leider auch nicht anders, dann nimmt eine Gemeinde Kinder zu ihrem eigenen Schutz aus den Familien“, erklärt Turcanu. „In unseren Zentren sehen Kinder, dass Erwachsene sich ihnen mit Respekt und Zuneigung nähern, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, Konflikte zu lösen als aggressives Verhalten. Das vermittelt den Kindern andere Werte, und so manches Mal erziehen Kinder dann auch die eigenen Eltern“, erklärt die Psychologin.

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Hohe Quote der Arbeitsmigration stellt Problem dar



Ein spezielles Problem, mit dem die Kinderschutzexperten in Moldau konfrontiert sind, ist die hohe Quote der Arbeitsmigration. Weil Jobs rar gesät sind, suchen viele Eltern ihr Glück im Ausland. Moldau hat die meisten Arbeitsmigranten in ganz Europa. Zurück bleiben die Kinder – im besten Fall in der Obhut von Verwandten, doch viele fallen komplett durchs Raster oder bleiben bei staatlich organisierten Pflegeeltern.

Was das mit den Kinderseelen macht, weiß Diana Turcanu. „Die Kinder fühlen sich verlassen, vor allem kleine Kinder verstehen noch gar nicht, warum Mama oder Papa nicht mehr da sind. Sie haben noch kein Zeitgefühl oder rationales Denken. Ihnen fehlt die emotionale Stütze, sie verlieren ihren Familiensinn und oft auch ihren moralischen Kompass. Je jünger die Kinder sind, umso schlimmer sind die Auswirkungen.“

Auch wenn sie verstehen kann, dass Eltern in ihrer Not ins Ausland gehen, für die Kinderschutz-Expertin geht die Rechnung nicht auf. „Diese Eltern verlieren mehr, als sie gewinnen. Sie verlieren ihre Kinder, die Bindung zu ihnen.“ Das Gefühl, als Kind allein gelassen worden zu sein, führe zu emotionalen Störungen. „Teenager brechen dann oft in antisoziales Verhalten aus“, erklärt Turcanu.

Bildung und Ausbildung der Kinder sei wichtig



Wenn Eltern nicht da seien, müssten Organisationen wie Concordia die elterliche Fürsorge-Arbeit und die Erziehung übernehmen. „Wir unterstützen, wo wir können, aber das kann auf Dauer nicht die richtige Lösung sein“, findet die Psychologin. Vielmehr müsse es der Gesellschaft gelingen, die Eltern in Moldau in Lohn und Brot zu bringen, damit sie sich in ihrer Heimat um ihre Kinder kümmern können.

Um den Teufelskreis generationenübergreifender Armut zu überwinden, setzt Concordia vor allem auf Bildung und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. Diana Turcanu hofft: „Wenn wir den Kindern schon in jungen Jahren helfen und mit ihnen arbeiten, werden sie dazu beitragen, unsere Gesellschaft zu ändern.“

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