Volles Programm im Landtag: Kurz vor der Sommerpause beschließt das Parlament mehrere Gesetze. Ob alle am Ende Bestand haben?
Ein Kiff-Verbot für Volksfeste, neue Werkzeuge für die bayerische Polizei, eine engere Kooperation von Hochschulen und staatlichen Schulen mit der Bundeswehr: Dies und mehr hat der bayerische Landtag kurz vor der parlamentarischen Sommerpause beschlossen. Allein am Mittwoch passierten mehrere neue Gesetze oder Gesetzesänderungen das Parlament. Die wesentlichen Beschlüsse im Überblick:
Kein Kiffen auf Volksfesten und in Biergärten:
Das Kiffen auf Volksfesten, allen voran auf der Wiesn, ist in Bayern künftig komplett verboten. Zudem werden Cannabis-Produkte im Freistaat fortan grundsätzlich vom gesetzlichen Rauchverbot umfasst, das ohnehin in Innenräumen unter anderem von öffentlichen Gebäuden, Gaststätten und Kultur- und Freizeiteinrichtungen gilt. Dies und mehr regelt ein neues, landeseigenes Gesetz mit dem Namen Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz - eine Reaktion auf die von der Ampel im Bund beschlossene Cannabis-Teillegalisierung.
Zudem wird in Bayern auch der Cannabis-Konsum in ausgewiesenen Raucherräumen und Raucherbereichen verboten - und darüber hinaus auch in Außenbereichen von Gaststätten und Cafés sowie in Biergärten. Das Verbot gilt für das Verbrennen, Erhitzen und Verdampfen von Cannabis-Produkten - andere Arten des Konsums sind nicht im Gesetz geregelt.
Und: Kommunen in Bayern bekommen durch das neue Gesetz die Möglichkeit, über eine eigene Verordnung ein Cannabisverbot auf bestimmten öffentlichen Plätzen zu erlassen.
Neue Instrumente für die Polizei:
Die bayerische Polizei bekommt neue Werkzeuge für den Kampf gegen Kriminelle. Ein zentraler Punkt: Die Polizei darf künftig in bestimmten Fällen grundsätzlich die Herausgabe der Aufnahmen von Überwachungskameras im Freistaat verlangen. Die Betreiber der Kameras sind dann verpflichtet, das Material den Ermittlern zur Verfügung zu stellen. Zweiter Kernpunkt ist, dass die Polizei künftig mit der verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform (VeRA) arbeiten darf. Diese soll auf Daten aus allen Töpfen der bayerischen Polizei zugreifen, damit Ermittler sie durchsuchen können. Ziel: Verbindungen erkennen und Informationen zur selben Person aus den verschiedenen Quellen zusammenführen.
Das Programm hat nur Zugriff auf Daten, die die bayerische Polizei ohnehin schon gesammelt hat. Es soll auch nur in bestimmten Fällen zum Einsatz kommen: Laut Landeskriminalamt geht es um Fälle von schwerer und schwerster Kriminalität - und nur um Szenarien, in denen die Polizei mögliche weitere Straftaten verhindern will. Gleichwohl sind die Neuregelungen umstritten. Die SPD erwägt eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof.
Ein eigenes bayerisches Bundeswehrgesetz:
Hochschulen und staatliche Schulen in Bayern sollen künftig enger mit der Bundeswehr zusammenarbeiten. Das ist zentraler Punkt eines neuen bayerischen Bundeswehrgesetzes. Neben CSU und Freien Wählern stimmte auch die SPD für den Entwurf - beklagte aber, dass die Koalition viele Änderungswünsche nicht berücksichtigt habe und deshalb bei einer möglichen Verfassungsklage die alleinige Verantwortung für juristische Versäumnisse oder Ungenauigkeiten trage. Die Grünen meldeten schwere verfassungsrechtliche Bedenken an.
Aus Sicht der Kritiker besonders fragwürdig und möglicherweise verfassungswidrig: Das Gesetz soll Universitäten und Hochschulen davon abhalten, eine militärische Nutzung ihrer Forschung zu verbieten - auch wenn es derartige sogenannte Zivilklauseln noch nirgendwo im Freistaat gibt. Stattdessen wird ein Kooperationsgebot von Hochschulen und Bundeswehr vorgeschrieben, in Fragen der nationalen Sicherheit sogar eine Kooperationspflicht. Zudem sollen staatliche Schulen enger mit Jugendoffizieren zusammenarbeiten. Vorgesehen sind auch Erleichterungen für die Bundeswehr etwa beim Baurecht auf Kasernengeländen.
Kritiker beklagen, dass das Gesetz unzulässig in die Autonomie der Hochschulen, in die Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit und in die Gewissensfreiheit an Schulen eingreife.
Neues Wahlverfahren für ehrenamtliche Verfassungsrichter:
Für die Wahl ehrenamtlicher Richter für den Bayerischen Verfassungsgerichtshof durch den Landtag gelten künftig neue Regeln. Die AfD wird in dem Gesetzestext nicht genannt, aber: Faktisch wird damit für die Zukunft verhindert, dass quasi zwangsläufig von der AfD benannte Kandidaten ans höchste bayerische Gericht gewählt werden, wie jüngst im Januar.
Nach dem nun geplanten Wahlmodus gibt es künftig zwei Vorschlagslisten: eine für die Regierungsfraktionen, eine für alle Fraktionen in der Opposition. Wie viele von den jeweiligen Listen gewählt werden, ist vom Kräfteverhältnis beider Seiten im Parlament abhängig. Für die Oppositionsliste kann jede Oppositionsfraktion für sich genommen so viele Kandidaten benennen, wie insgesamt Personen über diese Liste zu wählen sind. Gewählt sind am Ende die Personen, die die meisten Stimmen auf sich vereinen. Es gibt also mehr Wahlvorschläge, als Richter-Jobs zu vergeben sind. Die AfD protestierte scharf gegen die Gesetzesänderung.
Uniklinik-Zusammenschluss in München:
International anerkannte Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen am Medizinstandort München sollen besser vernetzt werden. Diesen konkreten Schritt hat der Landtag nun beschlossen: Das Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München und das Deutsche Herzzentrum werden zu einem Universitätsklinikum zusammengeschlossen. Der Name: „Klinikum der Technischen Universität München“.
Enquete-Kommission im Landtag zum Bürokratieabbau:
Mit dem Bürokratieabbau beschäftigt sich künftig auch eine sogenannte Enquete-Kommission im Landtag. Ein solches Gremium besteht aus Abgeordneten und externen Sachverständigen. Auf die Einsetzung hatten sich CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD fraktionsübergreifend verständigt, beschlossen wurde dies bereits am Dienstag.
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