In Deutschland gibt es zu wenig Spenderorgane. Den Vorstoß des Bundesrates zu einer Organspendereform mittels Widerspruchslösung lehnen die Freien Wähler im Landtag ab. Sie fordern eine Erklärpflicht.
Um mehr Organspenden zu ermöglichen, setzt die Landtagsfraktion der Freien Wähler auf eine eigene Strategie: eine sogenannte Erklärpflicht. Den Vorstoß des Bundesrates zu einer Organspendereform mittels Widerspruchslösung lehnen die Freien Wähler ab, wie Fraktionsvorsitzender Florian Streibl in München sagte.
Erklärpflicht
Bei einer Erklärpflicht würden alle Bürger einmal im Leben aufgefordert, sich für oder gegen Organspende zu entscheiden. Der Koalitionspartner CSU sieht das anders: Die Landtagsfraktion hatte sich für eine erweiterte Widerspruchslösung ausgesprochen.
In der vom Bundesrat angestrebten Widerspruchslösung sehen die Freien Wähler bestenfalls eine Übergangslösung, so Streibl. „Eine Organ- oder Gewebespende muss immer freiwillig sein – das legt bereits der Begriff "Spende" nahe.“
Menschen dürften nicht automatisch und ohne ausdrückliche Einwilligung zu Organspendern werden. Bei der Erklärpflicht - etwa in Zusammenhang mit dem Ausstellen eines Personalausweises - müssten sich Bürger für oder gegen eine Organspende entscheiden. Dabei könnten sie auch festlegen, welche Organe sie zu spenden bereit wären.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FW im Landtag, Susann Enders, kritisierte an der Widerspruchslösung, dass weiterhin unter Umständen Angehörige in einer Klinik nach dem Hirntod eines Menschen entscheiden müssten, ob ihm Organe entnommen werden dürften. Indem sich jeder Bürger und jede Bürgerin mittels Erklärpflicht ausdrücklich für oder gegen eine Organspende aussprechen, bliebe Angehörigen dies erspart.
Sollte die Widerspruchslösung den Bundestag passieren, bleibe den Freien Wählern die Möglichkeit, künftig Teil des Bundestages zu werden und dann eine neue Initiative anzustoßen, sagte Streibl. Seine Partei wolle aber auch auf die CSU zugehen und eine gemeinsame Lösung finden.
Gesundheitsministerin für Widerspruchslösung
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) spricht sich trotz der Vorbehalte der Freien Wähler weiter für die Widerspruchslösung aus. Denn auch dabei bleibe das Selbstbestimmungsrecht vollständig gewahrt. „Jeder kann frei darüber entscheiden, ob er Organspender sein will oder nicht. Zwar wären alle Menschen grundsätzlich Organspender, sie können dieser Regelung aber natürlich widersprechen.“
Gerlach sieht in der Widerspruchslösung eine Chance, die Zahl der Spenderorgane zu steigern. Zugleich führe sie dazu, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger mit der Thematik auseinandersetzen und eine Entscheidung treffen. „Das wäre auch eine Entlastung für die Angehörigen. Denn wer zu Lebzeiten selbst für Klarheit sorgt, nimmt seinen Angehörigen die Last einer Entscheidung in schweren Stunden.“
Bayern habe im Bundesrat „aus guten Gründen der Widerspruchslösung zugestimmt“. Nun sei der Bundestag gefordert, eine entsprechende Entscheidung zu treffen. „Denn es darf nicht bei dem großen Mangel an Organspenden bleiben.“
Der Vorstoß der Freien Wähler für eine Erklärpflicht bringe viele Unklarheiten und praktische Probleme, so Ministerin Gerlach. Etwa, wie dieser durchgesetzt werden soll.
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