Jahrelang wurden Marian*, seine Geschwister und seine Mutter vom Vater verprügelt. Als dem Mann deshalb der Prozess gemacht werden sollte, brachte er sich um. Marian hat das Downsyndrom. Sein trotz allem stets frohes Gemüt hilft seiner Familie durch schwere Zeiten.
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Über ihren toten Mann spricht sie ohne Mitleid
„Nein, ich mache mir keine Vorwürfe. Er ist seiner Strafe so selbst zuvorgekommen.“ Weder Anas Stimme noch ihr Gesichtsausdruck verraten eine Gefühlsregung, als sie ohne Mitleid über ihren verstorbenen Mann spricht. Jahrelang schlug er im Alkoholrausch auf sie und ihre sechs gemeinsamen Kinder ein. Jahrelang erduldeten sie das Martyrium, bis Ana ihren Mann schließlich anzeigte. Kurz bevor es zum Prozess gegen den prügelnden Vater kommen sollte, erhängte er sich. Jetzt unterstützt Concordia die mittlerweile siebenfache Mutter.
„Die Kinder können ruhig zuhören“
„Die Kinder können ruhig zuhören. Sie wissen ja, was ihr Vater getan hat und was er sich angetan hat“, sagt Ana, als sie in dem Zimmer, das ihren sechs ältesten Kindern als Schlafzimmer und dem Rest der Familie als Wohnzimmer dient, über den 16 Jahre älteren Mann spricht, in den sie sich als Mädchen verliebte, von dem sie als Mutter geschlagen wurde und dem sie als Witwe keine Träne hinterherweint.
Valea (14) und Lucian (11) senken dennoch betreten den Blick, als ihre Mutter von ihrem Vater erzählt. Anas vier älteste Kinder können sich noch gut daran erinnern, dass sie sich oft erst getraut haben, ihr winziges Elternhaus zu betreten, wenn ihr Vater im Rausch eingeschlafen war. Nur Marian lacht und macht Quatsch, selbst wenn über den Tod seines Vaters gesprochen wird. Anas fünftes Kind kam vor sechs Jahren mit dem Down-Syndrom zur Welt. „Marian ist eigentlich immer gut gelaunt und bringt uns alle oft zum Lachen. Dass er immer so fröhlich ist, tut unserer Familie sehr gut“, sagt Ana, während Marian mit lustigen Grimassen versucht, seine Geschwister zum Lachen zu bringen. Er scheint gespürt zu haben, dass das Gespräch ernst ist und Lachen jetzt allen gut tun würde.
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Ohne Marian ginge es in Anas Familie deutlich ernster zu. Auch wenn Ana und ihre Kinder nach dem tragischen Tod des gewalttätigen Vaters keine Schläge mehr befürchten müssen, ist das Leben in dem kleinen Haus in dem kleinen Dorf rund eine Stunde nördlich der Hauptstadt Chisinau hart.
Weil Ana sich um ihren erst acht Monate alten Sohn Ionut, Marian und ihre fünf weiteren Kinder kümmern muss, hat sie keine Zeit für bezahlte Arbeit. Im Winter findet auch Anas neuer Partner, Ionuts Vater, als Tagelöhner nur selten schlecht bezahlte Jobs in der Landwirtschaft. Obwohl Ana zwei Ziegen besitzt und im Garten rund um ihr kleines Häuschen Obst und Gemüse anbaut, kennen sie, ihr Partner und ihre Kinder das Gefühl, hungrig ins Bett gehen zu müssen.
Dank Concordia gibt es fünfmal eine warme Mahlzeit für die Kinder
Die siebenfache Mutter ist deshalb froh, dass zumindest ihre älteren Kinder fünf Mal in der Woche im Concordia-Sozialzentrum eine warme Mahlzeit erhalten. Zudem machen sie dort mit Sozialarbeiterinnen ihre Hausarbeiten und treffen Freunde. Doch die Kinder bekommen nicht nur das nahrhafte und leckere Mittagessen, Valea bringt die Mahlzeiten auch Alten und Kranken, die nicht mehr selbst zur Sozialkantine kommen können, nach Hause. Die 14-Jährige: „Ich weiß, dass Concordia unserer Familie schon viel geholfen hat. Darum freue ich mich, dass ich auch mal jemandem helfen kann.“
* Die Namen wurden aus Kinderschutzgründen geändert.
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