„Unser Ziel ist das nächste Jahr“ – mit diesen Worten kündigte Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder im März 2023 in einem Interview mit der Mediengruppe Bayern die Einführung eines Wassercent an. Zuvor hatten insbesondere die Grünen massiv Druck gemacht („Bei der Wasserentnahme geht es in Bayern derzeit zu wie im Wilden Westen“).
Am Donnerstag hat sich der Landtag in die Weihnachtsferien 2024 verabschiedet – zwar ohne ein Gesetz über den Wassercent verabschiedet zu haben, aber immerhin haben sich die beiden Regierungsfraktionen CSU und FW endlich auf gemeinsame Eckpunkte verständigt. Das ist insofern beachtlich, als über den Sommer ein unschöner Streit über die konkrete Ausgestaltung zwischen den beiden Koalitionären ausgebrochen war. Insbesondere Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) zofften sich kräftig.
Start frühestens 2027 erwartet
Am Donnerstag indes saßen CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek und FW-Fraktionschef Florian Streibl einhellig beisammen und gaben, assistiert von den umweltpolitischen Sprechern der Fraktionen, Marina Jakob (FW) und Alexander Flierl (CSU), sowie dem Beauftragten für Bürokratieabbau der Staatsregierung, Walter Nussel, die Eckpunkte bekannt. Vorweg: Das Gesetz für die Einführung des Wassercents wird wohl frühestens 2025 verabschiedet, ein Start wird frühestens für 2027 erwartet.
Grund: Der Wassercent soll so praxisnah wie möglich eingeführt und so unbürokratisch wie möglich erhoben werden – deshalb die Beteiligung Nussels. Er will vor Beginn der Gesetzgebung einen umfangreichen „Praxis-Check“ durchführen, dessen Ergebnisse noch in die Regulatorik miteinfließen soll.
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Freigrenze von 5000 Kubikmetern
Was ist nun konkret geplant: Der Wassercent soll bei 10 Cent pro Kubikmeter liegen – egal ob es sich um die Entnahme von Grundwasser oder Tiefengrundwasser handelt („Oberflächenwasser und Uferfiltrat außer zur Trinkwasserversorgung belieben unbepreist“, heißt es in dem gemeinsamen Fraktionspapier). Dabei soll eine Freigrenze von 5000 Kubikmetern gelten – egal ob es sich um den eigenen Brunnen eines Privatmanns oder eines Betriebes handelt oder um einen kommunalen Wasserversorger.
Was bedeutet: Nicht private Haushalte müssen den Wassercent abführen, sondern ihr Wasserversorger – der freilich die Kosten auf seine Kunden umlegen wird (wobei die Freigrenze von 5000 Kubikmetern nur einmal für den Wasserversorger gilt, unabhängig davon, wie viele Kunden er hat).
Keine Ausnahmen
Ausnahmen soll es grundsätzliche keine geben, also auch nicht für Landwirtschaft oder Brauereien oder ein Mineralwasser-Unternehmen. Und wenn doch, dann müssen die Ausnahmeregeln „nachvollziehbar und sachlich begründet“ sein. Von vornherein ausgenommen: Entnahmen im Interesse des Allgemeinwohls, also etwa für die Feuerwehr, Entnahmen für Fischerei, Fischzucht und Teichwirtschaft, für Kur- und Heilbäder (nicht aber allgemeine Schwimmbäder) sowie für die Nutzung von Erneuerbaren Energien (also etwa Wärmepumpen oder Wasserkraft) oder zur Kühlung, wenn das Wasser wieder in den Kreislauf zurückgeführt wird.
Bürokratie soll so gering wie möglich gehalten werden
CSU und FW rechnen mit Kosten von etwa 4 Euro pro Jahr und Person durch den Wassercent. Die Einnahmen sollen bei rund 60 bis 80 Millionen Euro pro Jahr liegen und „streng zweckgebunden“ für Belange des Wasser- und Trinkwasserschutzes verwendet werden.
Um die Bürokratie so gering wie möglich zu halten, werden konkrete Messeinrichtungen für nicht erforderlich erachtet, außerdem lehnen CSU und FW „zusätzliche Kontrollen und Überprüfungen, außer bei einem konkreten Anlass“, ab. CSU-Fraktionschef Holetschek sprach von einem „Paradigmenwechsel“, um in Sachen Bürokratieabbau voranzukommen – „wir wollen und wir müssen das ausprobieren“.
Grüne kritisieren späten Starttermin
Die Grünen, die beim Wassercent den Stein einst ins Rollen gebracht hatten, zeigten sich am Donnerstag insbesondere vom späten Starttermin in frühestens zwei Jahren enttäuscht: „Warum kriegen die anderen Bundesländer es hin und Bayern nicht? Die Gründe heißen Markus Söder und Hubert Aiwanger“, ätzte Fraktionschefin Katharina Schulze. „Endlich haben sie unseren Grünen-Vorstoß für den Wassercent übernommen. Der Druck ist offensichtlich zu groß geworden. Aber einen Gesetzentwurf haben sie trotzdem nicht zustande gebracht. Dieses Eckpunktepapier ist nur ein winziges Schrittchen in die richtige Richtung.“
Und der Bund Naturschutz minierte, die Freigrenze von 5000 Kubikmetern sei zu hoch angesetzt. „Ganz viele industrielle und landwirtschaftliche Betriebe liegen bei ihrem Wasserverbrauch unter dieser Grenze – so kann der Wassercent keine echte Lenkungswirkung entfalten.“
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