Eine auf den Atomausstieg spezialisierte Firma sammelt fast drei Millionen Euro von Anlegern ein. Nun ist der Chef des Unternehmens wegen gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt worden. Das Gericht folgte der Staatsanwaltschaft aber nur zum Teil.
Der Chef eines Unternehmens, das auf die Umnutzung von Atomkraftwerken spezialisiert war, ist wegen besonders schwerem gewerbsmäßigen Betrugs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Mit dem Versprechen, abgeschaltete Atomkraftwerke für die Produktion von Wasserstoff umrüsten zu können, hatte das Unternehmen bei über 100 Kapitalanlegern insgesamt drei Millionen Euro eingesammelt. Als Haupttäter wurde der 62-jährige Geschäftsführer des Unternehmens und Kerntechniker am Mittwoch verurteilt. Als Bewährungsauflage muss der Unternehmer aus dem bayrischen Kirchheim 200 Sozialstunden ableisten.
Die Firma habe nicht geplant, einen regulären Geschäftsbetrieb aufzunehmen, so die Staatsanwältin am Mittwoch. „Es war ein reines Schneeballsystem.“ Die Verteidigerin des Firmenchefs führte dagegen an, dass „jede gute Idee Anlaufzeit braucht und auch mal schiefgehen kann“.
Ihrem Mandanten könne nur vorgeworfen werden, dass er die Anleger zu Beginn des Jahres 2019 nicht rechtzeitig über die drohende Zahlungsunfähigkeit der Krefelder Firma informiert, sondern bei ihnen bis zur Insolvenz zehn Monate später weiter Geld eingesammelt habe. Das sah das Landgericht genauso und sprach den Kerntechniker deshalb nur in 64 Fällen von Betrug schuldig. Für den Rest der vorgeworfenen Taten wurde er freigesprochen.
Die Richter hielten dem 62-Jährigen zugute, dass er bis Ende 2018 an den Erfolg der Geschäftsidee geglaubt habe. Außerdem habe er die Anleger auf das Risiko eines möglichen Totalverlusts hingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin ließ offen, ob sie Revision einlegt.
Sie hatte für den Hauptangeklagten drei Jahre und neun Monate Gefängnis gefordert. Doch das Gericht kam der Strafforderung der Verteidigerin nach, die sich für eine Bewährungsstrafe eingesetzt hatte. Der Geschäftsführer hatte erst zum Ende des Prozesses die Vorwürfe teilweise eingeräumt.
Dabei, so die Staatsanwältin, habe er keinerlei Bedauern gezeigt und sich auch nicht bei den geprellten Anlegern entschuldigt. „Besonders schäbig“ sei es, dass vorwiegend Rentner geprellt worden seien.
Den Anlegern wurde von Telefonverkäufern erzählt, dass die Nutzung eines Patents des Unternehmens beim geplanten Rückbau der Meiler und deren Umnutzung zur Wasserstoffproduktion Einsparungen bis zu 230 Millionen Euro ermögliche. Man sei bereits mit den großen Energieversorgern und der Bundesregierung im Gespräch.
Mitte März hatte der Strafprozess gegen drei 44- bis 67-jährige Männer aus Krefeld und Kaarst sowie den 62-jährigen Hauptangeklagten aus dem bayrischen Kirchheim bei Würzburg begonnen. Die Verfahren gegen die drei Mitangeklagten waren bereits zuvor eingestellt worden. Zwei von ihnen müssen als Geldauflage 3000 beziehungsweise 4000 Euro zahlen. Der Dritte kam wegen geringer Schuld ohne Auflage davon.
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