Bayerns Klimaziel 2040
„Nicht um jeden Preis“: Aiwanger stellt Söders Klimaziele in Frage

25.06.2024 | Stand 25.06.2024, 20:34 Uhr |

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat Söders Klimaziele in Frage gestellt. − Foto: dpa

Bis zum Jahr 2045 will Deutschland klimaneutral sein, Bayern sogar schon fünf Jahre früher. So hat es Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Juli 2021 in einer Regierungserklärung vor dem Landtag versprochen. 22 Milliarden Euro nimmt der Freistaat bis dahin in die Hand, um das Ziel zu erreichen, sagte er damals.



Nun hat Bayerns Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) Söders Klimaschutzziel allerdings in Frage gestellt. „Bis 2040 sind es noch 15 Jahre, das ist sportlich“, sagte er in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“. „Man soll sich aber bei dem Ziel auch nicht verkrampfen, wenn wir sehen, dass wir an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen“, betonte er. „Wir müssen verhindern, dass wir am Ende CO2-frei, aber wirtschaftlich tot sind.“

Auf Nachfrage der Mediengruppe Bayern, ob er das in Einvernahme mit dem Ministerpräsidenten gesagt habe, ob Söder also ebenfalls die Klimaziele in Frage stellt, sagte Aiwanger, „nein, so etwas getraue ich mir auch selber zu sagen“, er sei dafür „auch nicht geköpft worden“. Seine Aussage sei „schlicht ein Ausdruck der Vernunft“: Bayern strebe an, „fünf bis zehn Jahre früher als andere Regionen, auf fossile Energieträger verzichten zu können, klimaneutral werden zu können.“

Wenn Bayern aber erkenne, „dass wir es nicht schaffen“, dann gelte: „Bevor wir die Wirtschaft an die Wand fahren, müssten wir nach meiner politischen Einschätzung eher zurückrudern und die Ziele dann eben um ein paar Jahre verschieben, als heute der Wirtschaft zu sagen: 2040 ist definitiv eine Betonmauer, wenn wir es bis dahin nicht geschafft haben, dann müssen wir definitiv die Autos stilllegen und die Ölheizungen abklemmen.“ Vielmehr gelte: „Wir versuchen es, aber nicht um jeden Preis.“

Das bringt die Grünen auf die Palme



Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) wollte diese Worte Aiwangers am Dienstag allerdings nicht unkommentiert lassen. Bayern und die Staatsregierung stünden zum Klimaziel, versicherte Herrmann. „Als ich das letzte Mal in Artikel 2 des Bayerischen Klimaschutzgesetzes reingeschaut habe, stand da noch drin: Bis 2040 klimaneutral, bis 2030 minus 65 Prozent (bei fossilen Energien, Anm. d. Red.).“ Das Gesetz sei „unterlegt mit einem sehr, sehr großen Aktionsprogramm, mit Maßnahmen, die laufend durchgeführt werden, mit einem Gegenwert von 100 Millionen Euro pro Jahr“.

Bayerns Grüne brachte Aiwangers Einschränkung beim Klimaziel allerdings auf die Palme: „Ist dem Wirtschaftsminister eigentlich klar, was er da sagt? Was für ein Hohn für alle Regionen in Bayern, die gerade wieder in Hochwassermassen untergegangen sind. Fluten, die durch die fortschreitende Klimakrise immer häufiger und verheerender auftreten“, wütete die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, Katharina Schulze. „Die Klimakrise bedroht unseren Wohlstand, unseren Besitz, unsere Natur, unsere Heimat. Klimaschutz kostet Geld, aber kein Klimaschutz kostet viel mehr, im schlimmsten Fall Menschenleben.“ Der Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft stärke den Wirtschaftsstandort Bayern. „Die Unternehmen wollen Erneuerbare Energien, sonst siedeln sie sich gar nicht erst im Freistaat an – da haben wir doch inzwischen genügend Beispiele.“ So sei der US-Chiphersteller Intel beispielsweise nach Magdeburg statt nach Bayern gegangen und Northvolt nach Schleswig-Holstein. Strom aus Erneuerbaren Energien seien für die Entscheider ein wichtiges Kriterium gewesen. „Traurig, dass der zuständige Minister das offenbar nicht kapiert hat“, so Schulze.

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