Juristische Watschn für Söder
VGH-Urteil zur Ausgangsbeschränkung: Wie es jetzt weitergeht

06.10.2021 | Stand 22.09.2023, 3:05 Uhr

Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern. −Foto: Peter Kneffel/dpa

Die juristische Watschn für die bayerische Staatsregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat nun ein eigenes Aktenzeichen: 20 N 20.767. Die Gesundheitsministerium teilt auf PNP-Nachfrage mit, wie es jetzt weitergeht.

"Unwirksam" und damit rechtswidrig sei das coronabedingte Wegsperren der Menschen in Bayern im Frühjahr 2020 gewesen, heißt es in einem Beschluss des 20. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) von dieser Woche.



Im März 2020 hatte das bayerische Gesundheitsministerium eine "vorläufige Ausgangsbeschränkung" erlassen, die das Verlassen der Wohnung grundsätzlich verbot. Nur beim Vorliegen triftiger Gründe, etwa Berufsausübung, Arztbesuch oder Einkaufen durfte die eigene Wohnung ausnahmsweise verlassen werden. Bei etwaigen Verstößen drohten heftige Bußgelder.

"Angemessenheit nicht mehr gegeben"

In ihrem Beschluss haben Bayerns oberste Verwaltungsrichter nun festgestellt, dass die "triftigen Gründe" von der Staatsregierung "so eng gefasst" gewesen seien, dass sie "gegen das Übermaßverbot" verstoßen hätten. Im Klartext: Das Ausgangsverbot war unangemessen hart – auch angesichts der Corona-Pandemie. Statt einer überzogen scharfen Regelung hätte die Staatsregierung auf "weniger belastende Mittel" zurückgreifen müssen.

Unter anderem monierten die Richter, dass "ein Verhalten, welches für sich genommen infektiologisch unbedeutend ist, nämlich das Verweilen alleine oder mit den Personen seines eigenen Haushalts im Freien außerhalb der eigenen Wohnung", der "Ausgangsbeschränkung unterworfen" worden sei.

Sollte die Staatsregierung eine Gefahr der Ansammlungen gesehen haben, so die Richter, dann habe sie mit ihren harten Regeln den Bürgern ein rechtswidriges Verhalten von vornherein regelrecht unterstellt, ja, dieses sogar geradezu vorausgesetzt. Es sei aber "nicht ersichtlich", so die Richter, "warum die Gefahr der Bildung von Ansammlungen eine landesweite Ausgangsbeschränkung rechtfertigen sollte, zumal diese Gefahr lediglich an stark frequentierten Lokalitäten bestanden haben dürfte. Hier wären auch regionale und örtliche Maßnahmen das mildere Mittel gewesen. Damit war jedenfalls die Angemessenheit der Maßnahme nicht mehr gegeben."

Wie wird mit Bußgeldern verfahren?

Der VGH urteilte in der Sache, obwohl die beklagten Regelungen zur Ausgangssperre seit längerem nicht mehr in Kraft waren – wegen der "Grundrechtsrelevanz" und "der konkreten Wiederholungsgefahr". Revision wurde zugelassen.

Unklar ist nun, wie die Staatsregierung reagiert – und wie mit den Strafen, Buß- und Ordnungsgeldern verfahren wird, die auf Grundlage der unzulässigen Regelung erlassen wurden. Auf Anfrage der PNP teilte das Gesundheitsministerium mit: "Die Staatsregierung wird den Beschluss genau prüfen und schließt eine Revision nicht aus."

Die Ausgangsbeschränkungen während der Corona-Pandemie seien "durch unzählige Gerichtsentscheidungen bestätigt worden", verteidigte sich die Staatsregierung. Jetzt allerdings haben Bayerns oberste Verwaltungsrichter gesprochen – und zwar deutlich.