Rosenheim
"Querdenker"-Demo läuft aus dem Ruder: Veranstaltung aufgelöst

Kundgebung kurzerhand in "Spaziergang" umgewandelt – Körperlicher Übergriff auf zwei Polizisten

17.11.2020 | Stand 20.09.2023, 6:46 Uhr

Rund 500 Demonstranten versammelten sich am Dienstag am Mangfallpark in Rosenheim. −Fotos: Peter Schlecker

Aus dem Ruder gelaufen ist am Dienstagnachmittag eine "Querdenker"-Demo in Rosenheim. Die Polizei musste die Veranstaltung auflösen.

Laut Polizei waren es gut 500 Menschen, die am Dienstagnachmittag gegen die Corona-Beschränkungen der Bundesregierung protestierten – ohne sich um Maskenpflicht, Mindestabstände und Behördenauflagen zu kümmern. Die Polizei musste einschreiten und die Veranstaltung auflösen.

Mit dem Arzt Dr. Bodo Schiffmann hatte die Rosenheimer "Querdenker"-Initiative einen der bekanntesten und lautstärksten Kritiker der aktuellen Maßnahmen eingeladen. Dieser hatte vorher schon bei einer – laut Polizei friedlich verlaufenen – Veranstaltung in Murnau (Lkr. Garmisch-Partenkirchen) seinem Unmut Luft gemacht und kam verspätet – gegen 15 Uhr – in Rosenheim an.

Polizei mit Großaufgebot vor Ort



Die Polizei war bereits mit einem Großaufgebot vor Ort. Wie Stefan Sonntag, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Süd, gegenüber der Heimatzeitung schildert, hatte man für die – auch von der Stadt genehmigte – Kundgebung im Bereich des Mangfallparks alles vorbereitet. "Am Ende des Areals war ein Bereich abgesperrt, in den sich die Teilnehmer begeben sollten, die aus gesundheitlichen Gründen keine Masken tragen können."

Die Veranstalter hätten zu Beginn unter den Unmutsbekundungen der Teilnehmer die Auflagen von Stadt und Polizei verlesen – und dann den Ablauf eigenmächtig geändert. Laut Sonntag verkündeten die Organisatoren überraschend, dass sie anstelle einer Demonstration vor Ort einen Spaziergang durch Rosenheim mit allen Teilnehmern unternehmen wollen, so dass die Auflagen nicht mehr gelten würden. "Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber auch der Infektionsschutz ist oberstes Gebot", erklärt Stefan Sonntag. Man habe die Planänderung anfangs noch als neue Versammlung bewertet und versucht, einen geordneten Ablauf zu gewährleisten.

Hunderte Teilnehmer hätten sich in Richtung Innenstadt in Bewegung gesetzt.Weil es eine viel befahrene Straße sei, aber vor allem weil die Demonstranten ohne Mund-Nase-Schutz und Abstände unterwegs waren, sei der Polizei nichts anderes übrig geblieben, als den "Spaziergang" in der Innstraße kurz vor dem Ludwigsplatz zu stoppen.

Keine Bereitschaft zum Dialog

"Es war nicht mal mehr möglich, mit den Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen und auf die Einhaltung der Pandemie-Schutzvorgaben hinzuweisen. Da war überhaupt keine Bereitschaft zum Dialog, kein Wille, sich mit der Polizei abzustimmen und an Spielregeln zu halten", beschreibt der Pressesprecher die verhärteten Fronten.

Man habe dem Marsch ein Ende setzen müssen und die Teilnehmer über Lautsprecherdurchsagen aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. "Nachvollziehbarerweise", so Sonntag, "eine sehr emotionale, aufgeheizte Situation" – mit dem körperlichen Übergriff auf zwei Polizisten als traurigem Höhepunkt. "Die beiden Täter, zwei junge Männer, wurden vorläufig festgenommen, die Kollegen haben die Attacke unverletzt überstanden." Gruppenweise seien die Demo-Teilnehmer mit ihren Transparenten nach und nach entweder nach Hause oder zurück in den Mangfallpark gegangen.

Schließlich fuhr der "Querdenker"-Bus mit den Veranstaltern um Dr. Schiffmann von dannen – wohin, das wurde der Polizei schnell klar. Stefan Sonntag: "Im Internet wurde dafür Werbung gemacht, dass es in Murnau eine weitere Demonstration geben soll." Knapp 90 Kilometer entfernt von Rosenheim mussten die Beamten des Polizeipräsidiums am Dienstag also noch einmal die Eskapaden der "Querdenker" überwachen. Denn: Die am Abend initiierte zweite Protestveranstaltung in Murnau war laut Stefan Sonntag nicht angemeldet.