Gluthitze
Der Sommer kommt mit bis zu 40 Grad - Experten fordern Hitzeschutzplan

18.07.2022 | Stand 18.07.2022, 17:05 Uhr

Diese Woche erwartet der Deutsche Wetterdienst Temperaturen von bis zu 40 Grad. −Foto: Frank Rumpenhorst

In den nächsten Tagen wird eine Gluthitze in Deutschland erwartet. Man soll sich vor Sonnenbrand, Kopfschmerzen und Sonnenstich schützen, raten Ärzte. Gleichzeitig fordert der Ärzteverband einen nationalen Hitzeschutzplan.

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Eine Hitzewelle bringt Deutschland diese Woche Temperaturen bis zu 40 Grad. Das teilte der Deutsche Wetterdienst in Offenbach am Montag mit. Allerdings bleibe die extreme Hitze nur einen Tag: Höhepunkt im Westen und Südwesten ist demnach der Dienstag, am Mittwoch verlagert sich die Hitze in den Osten und Nordosten. In Großbritannien wurden bereits für Montag und Dienstag Hitzerekorde erwartet. Vielerorts in Europa wüteten Waldbrände. Auf der bei Urlaubern beliebten kroatischen Halbinsel Istrien sind am Montag Beschränkungen für den Wasserkonsum in Kraft getreten.

Wolkenloser Himmel, bis zu 40 Grad

In Deutschland zeigt sich der Himmel am Dienstag laut Vorhersage oft wolkenlos, der Wind weht bei Temperaturen zwischen 34 und 38 Grad nur mäßig. Im Südwesten und Westen können es laut DWD vereinzelt sogar 40 Grad werden. Der bisher heißeste Tag in diesem Jahr war am 19. Juni gewesen: Laut DWD waren da mit 39,2 Grad die wärmsten Orte Cottbus und Dresden. DWD-Pressesprecher Andreas Friedrich: „Wir können davon ausgehen, dass dieser Rekord am Dienstag geknackt wird.“ Laut DWD liegt der Hitzerekord in Deutschland bei 41,2 Grad - gemessen am 25. Juli 2019 in Duisburg. „Es ist möglich, dass wir am Dienstag entlang des Rheins in ähnliche Bereiche kommen“, sagte Friedrich.

Die befürchtete Extremhitze wird nach Einschätzung Dominik Smieskols (DWD in München)in Bayern in den kommenden Tagen ausbleiben. Für Rekorde von 40 Grad werde es wohl nicht reichen, auch wenn die Temperaturen in die Nähe dieser Marke kommen könnten. Die Hitzewelle steuert dem DWD zufolge am Dienstag erst im Westen auf einen Höhepunkt zu, am Dennoch: Bayern steuert auf die bislang heißesten Tage des Jahres zu. Am Untermain könnte das Thermometer am Dienstag bis zu 38 Grad anzeigen. Auch in anderen Landesteilen werde es mit Werten von mehr als 30 Grad vielerorts sehr heiß, sagte Smieskol.

Ärzte fordern Schutzmaßnahmen

Angesichts dieser hohen Temperaturen werden die Rufe nach mehr Schutzmaßnahmen lauter. Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte am Montag einen nationalen Hitzeschutzplan. „Hitzewellen werden immer häufiger und extremer. Darauf müssen wir uns vorbereiten“, mahnte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). Auch der Marburger Bund will mehr Vorsorge durch die Politik. Die Bundesregierung verweist indes auf die Zuständigkeit der Kommunen.

„Hitze kann krank machen“, warnte Ärzte-Präsident Reinhardt. „Hitzestress und hohe bodennahe Ozonkonzentrationen können insbesondere für vulnerable Personen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.“ Besonders gefährdet seien Ältere und Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen sowie Schwangere und Kleinkinder.

Landkreise und Kommunen sollen koordinieren

Neben einem bundesweiten Hitzeschutzplan müssten auf Landes- und kommunaler Ebene die unterschiedlichen Maßnahmepläne koordiniert und umgesetzt werden - „mit besonderem Augenmerk auf schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen“, betonte Reinhardt. Dabei sollten auch Ärztinnen und Ärzte aus Klinik und Praxis einbezogen werden. Nötig seien etwa Gebäude mit Raumtemperaturüberwachung, kühle Aufenthalts- und Versorgungsbereiche und die Kooperation mit den Rettungsdiensten.

Auch der Ärzteverband Marburger Bund fordert Hitzeschutzpläne für Städte und Kommunen, damit sich Senioreneinrichtungen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen besser auf Hitzewellen vorbereiten könnten. Am besten werde dies „durch einen nationalen Hitzeschutzplan“, geregelt, sagte die Vorsitzende Susanne Johna dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Handlungsempfehlung gibt es seit 2017

Bislang gibt es keinen solchen bundesweiten Hitzeaktionsplan mit konkreten Vorgaben. Obwohl das Bundesumweltministerium bereits 2017 entsprechende Handlungsempfehlungen vorgelegt hat, haben bisher nur wenige Kommunen wie Erfurt, Dresden, Köln oder Mannheim dies umgesetzt. In Berlin startete vor kurzem ein Aktionsbündnis Hitzeschutz, in das auch Akteure aus dem Gesundheitsbereich eingebunden sind.

Nach Einschätzung von Experten ist Deutschland für den Katastrophenfall durch mögliche große Hitzewellen nicht gerüstet. Kaum ein großes Krankenhaus verfügt demnach über konkrete Maßnahmepläne.

Die Bundesregierung sieht aktuell keinen Anlass für eine bundesweite Regelung. Nach der Verfassung sei das Thema Hitzeschutz und Hitzevorsorge „vor allem eine Aufgabe der Kommunen“, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Montag in Berlin. Die Regierung sei aber nicht untätig. So gebe es für die Kommunen etwa Förderprogramme zur Klimaanpassung von sozialen Einrichtungen wie Altenheimen und Kindertagesstätten.

Es hapert an der Finanzierung

Die Stiftung Patientenschutz kritisierte, gerade an der Finanzierung hapere es. „Denn weder Kommunen noch Bund und Länder sind bereit, mit Milliarden-Investitionen einen Hitzeschutzschild wenigstens für Pflegeheimbewohner, Krankenhauspatienten und besonders gefährdete Menschen bereitzustellen“, sagte Vorstand Eugen Brysch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Er forderte von Bund und Ländern, ein 25-Grad-Ziel für die stationären Einrichtungen zu garantieren: „Bundestag und Länderparlamente tun nichts, um ihre Regierungen auf dieses Hitzeschutz-Ziel zu verpflichten.“

Linken-Chefin Janine Wissler will Klimaanpassungen auch beim Arbeitsrecht. Sie unterstütze Forderungen der Gewerkschaften nach längeren Pausen, verkürzter Arbeitszeit oder hitzefrei. Dies müsse in der Arbeitsstättenverordnung festgeschrieben werden.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erweiterte unterdessen sein Hitzewarnsystem. Neben den amtlichen Hitzewarnungen für den aktuellen und den Folgetag veröffentlicht der Wetterdienst jetzt auch Vorhersagen der zu erwarteten Hitzebelastung in den nachfolgenden fünf Tagen. Das soll vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich genutzt werden.

− dpa/afp