Landshut
1700 Kilo Kokain geschmuggelt? Bande schweigt vor Gericht

30.04.2019 | Stand 20.09.2023, 5:12 Uhr

Einem Angeklagten werden im Verhandlungssaal des Landgerichts die Handschellen abgenommen. Weil sie mindestens 1700 Kilogramm Kokain in Bananenkisten nach Deutschland geschmuggelt haben sollen, wird fünf Männern aus Albanien in Landshut der Prozess gemacht. −Foto: dpa

13 Verhandlungstermine, 11 Verteidiger, ein Geschwader an Polizeibeamten und in der Mitte die Hauptakteure: Fünf albanische Angeklagte im Alter zwischen 26 und 40 Jahren. Seit Dienstag müssen sich die Männer vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Landshut verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen bandenmäßigen unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen vor. Doch der mit Spannung erwartete Prozessbeginn wurde gleich wieder durch Anträge seitens der Verteidigerriege gestoppt, nach Verlesen der Anklage war Schluss.

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Jedoch der Inhalt der 14-seitigen Anklageschrift klingt schon fast Hollywoodreif: Das Quintett soll Teil einer international agierenden Gruppe sein, die rund zwei Tonnen Koks versteckt in Bananenkisten über den Seeweg nach Hamburg geschmuggelt haben soll. Laut Staatsanwalt Dr. Dominikus Reiter ist die Bande dabei folgendermaßen vorgegangen: In Ecuador wurde Kokain in Bananenlieferungen versteckt, die allesamt in Reifehallen eines Obst- und Gemüseunternehmens in Deutschland geliefert wurden. In diese Hallen sollen die Angeklagten dann gewaltsam und zum Teil bewaffnet eingebrochen sein, um sich das illegale Pulver zu holen und es anschließend in den Niederlanden zu verkaufen.

Rund 500 Ermittlungsbeamte arbeiteten an dem Fall

Es war der wohl spektakulärste und größte Drogen-Fund des LKA in Bayern: An die 500 Ermittlungsbeamte arbeiteten an dem Fall und registrierten von September 2017 bis April 2018 acht Einbrüche in Reifehallen in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland. Durch Sichten der Überwachungskameras, Funkzellenabfragen und Telefonüberwachung kamen die Ermittler dem Netzwerk auf die Schliche.

Konkret werden den fünf Angeklagten unter anderem folgende Taten zur Last gelegt: Vor dem 14. Juli 2017 führte die mutmaßliche Bande über den Hamburger Hafen in Bananenkisten versteckt mindestens 100 Kilogramm Kokain nach Deutschland ein. Die Bananenkisten wurden von einer Spedition in eine Reiferei in Dietzenbach (Hessen) gebracht, in welche die Gang-Mitglieder eingebrochen sein sollen, um sich das illegale Pulver mit einem Wirkstoffgehalt von 80 Prozent zu schnappen.

Bananen und Koks landeten in mehreren Supermarktfilialen

Der nächste Drogen-Coup soll am 15. September 2017 über die Bühne gegangen sein, wobei allerdings so einiges für die Diebe schief gelaufen ist: Dieses Mal sollen 197,39 Kilogramm Kokain zunächst in das Reifelager und dann in das Zentrallager einer Firma in Eitting (Landkreis Erding) gebracht worden sein. In der Nacht vom 14. auf den 15. September versuchten die Männer vergeblich, das Kokain aus den Lagerräumen in Dietzenbach zu klauen, denn es wurde zwischenzeitlich samt Bananen nach Eitting geliefert. Aus diesem Grund sollen die Angeklagten einen Tag später dort einen Einbruchsversuch gestartet haben. Doch sie kamen zu spät – Bananen und Koks landeten zwischenzeitlich in mehreren Supermarktfilialen im südbayerischen Raum. Insgesamt in zehn Supermärkten tauchte das Rauschgift zur großen Überraschung der Angestellten auf, unter anderem in Passau und Traunstein.

Zwischen Dezember 2017 und Ende April 2018 soll es zu fünf weiteren Einbrüchen in Reifehallen gekommen sein, unter anderem in München. Im letzten Fall, am 25. April 2018, sollen die Angeklagten 182 Kilo Koks aus einer Hamburger Lagerhalle geholt und es ins Auto zum Abtransport verladen haben. Auf dem Weg in Richtung holländische Grenze schlug das Sondereinsatzkommando zu und verhaftete insgesamt zwölf Bandenmitglieder.

Bande soll von Hamburg aus agiert haben


Sitz der Bande war laut Staatsanwaltschaft Hamburg, wo der Angeklagte L. eine Wohnung angemietet hatte und diese für Bandentreffen zur Verfügung stellte. Zudem habe er als "Logistiker" fungiert. Als Chef gilt der Angeklagte K.: Er soll Anweisungen für die einzelnen Drogen-Bergungen erteilt haben. Selbstsicher und lächelns betrat er zum Verhandlungsbeginn den Gerichtssaal und verteilte Handküsschen. Die Komplizen D. und H. seien jeweils zu den Koks-Diebstählen aus den Reifelagern extra von Albanien nach Deutschland eingereist. N., der fünfte Mann im Bunde, soll bei den Einbrüchen regelmäßig dabei gewesen sein.

Der Prozess wird am 7. Mai mit Zeugenaussagen fortgesetzt.