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"Ja, das muss geschrien werden" – Pockinger Metalband Also Am I im Porträt

13.05.2018 | Stand 25.10.2023, 10:49 Uhr

Die fünf Jungs von Also Am I lassen sich für ihre Musik von Bands wie Architects, While She Sleeps und Beartooth inspirieren. − Foto: Tobias Müller

Das Pockinger Gewerbegebiet ist ruhig an diesem Samstagnachmittag. Plötzlich wummert und kracht es, als würde eine Horde wütender Wikinger um die Ecke stürmen. Das wilde Treiben kommt aus dem ersten Stock eines Firmengebäudes. Dort probt die Alternative-Metal-Band Also Am I.



Seit 2013 machen Sebastian Sperl (32, Gesang), Tobias Krenn (31, Gitarre), sein Bruder Florian (24, Bass), Julian Bosy (24, Gitarre) und Moritz "Muck" Tischlinger (26, Schlagzeug) zusammen Musik. Die Lautstärke interessiere im Gewerbegebiet aber "keine Sau", sagt Drummer Muck, der auf einem Hocker sitzt. Der winzige Proberaum ist mit Lautsprechern vollgestopft, den Boden bedecken Orientteppiche. "Hier können wir auch bis vier Uhr morgens Krach machen", sagt Muck und spielt an dem silbernen Piercing in seiner rechten Unterlippe. Zwei große schwarze Scheiben hängen in seinen gedehnten Ohrläppchen, Tattoos auf Armen und Brust blitzen unter einem schwarzen Shirt hervor.

Mit ihren harten Breakdowns und emotionsgeladenen Screams sind Also Am I schon beim Impuls-Festival in Passau oder auf dem Open Air im österreichischen Mattighofen aufgetreten. Musikalisch lassen sich die fünf von Bands wie Architects, While She Sleeps und Beartooth inspirieren, aber auch Einflüsse aus anderen Genres sind in ihren Songs zu finden. Das Ergebnis nennen sie Alternative-Metal. Ganz definieren wollen sie das nicht. "Egal ob Hardcore oder Heavy Metal, wir pflücken uns aus jeder Schiene das raus, was uns taugt", sagt Gitarrist Tobi. Er selbst hat die Gitarre für sich entdeckt, als er Limp Bizkit hörte – noch heute seine Lieblingsband.

Die Pockinger wissen, dass scheppernde Drums, kreischende Gitarren und vor allem lautes Geschrei anecken. "Es bringt ja auch nichts, wenn wir gesellschaftsfähiger und poppiger werden, obwohl keiner von uns Bock drauf hat", sagt Tobi. Zu hart gibt’s für die Band nicht – für manche Zuhörer aber schon. "Oft kommt der Satz: ,Muss da immer geschrien werden?‘", sagt Tobi unter zustimmendem Gemurmel seiner Bandkollegen. "Dann sage ich: Ja. Vielleicht muss das geschrien werden. Vielleicht reicht es nicht, wenn man das normal sagt." Denn auch Texte im Metal seien tiefgründig und emotionsgeladen. "Das Geschrei setzt einfach ein Ausrufezeichen dahinter", bringt es Muck auf den Punkt.

Der Ursprung von Also Am I liegt bei Tobi und Basti, die schon zusammen in der Coverband "Deaf and Dumb" gespielt haben. "Die lag dann irgendwann auf Eis und uns ist fad geworden", sagt der 31-jährige Gitarrist. Deshalb beschlossen die beiden, ein neues Projekt zu starten. Ein Schlagzeuger war schnell gefunden: Über seinen Bruder, einen Kumpel von Sänger Basti, kam Muck zur Band. "Ich war das kleine Arschloch, das morgens um 7 Uhr angefangen hat, Schlagzeug zu spielen, wenn die anderen vom Partymachen heimgekommen sind", sagt der 26-Jährige und lacht.

Auf den Putz hauen und über Krieg singen Auf der Suche nach einem Bassisten haben die Jungs dann wieder in die Familienkiste gegriffen. "Unser erster Bassist hatte keine Zeit mehr und da war es naheliegend, dass ich meinen Bruder frage", sagt Tobi. Ganz so naheliegend wohl doch nicht: "Das versteht bis heute keiner, warum er ihn nicht gleich gefragt hat", sagt Bandkollege Julian. Julian selbst ist seit der Schule mit Florian befreundet. Der gelernte Konstruktionsmechaniker bringt mit seiner hellen Lederjacke und den gegelten Haaren den Rocker-Charme ins Metal-Reich. Seit er mit 16 angefangen hat, Gitarre zu spielen, faszinieren ihn Bands wie Lynard Skynard oder AC/DC. "Ich wollte dann aber immer härtere und schnellere Sachen spielen."

Im Frühjahr vergangenen Jahres haben Also Am I ihre erste EP veröffentlicht. Unter dem Titel "Own Shades" liefern die Jungs fünf Titel, in deren Texten sich laut Sänger Basti der eine oder andere vielleicht auch selbst wiedererkennt. "Wir legen uns bei den Texten nicht auf ein Thema fest", erklärt er. Ob es ums "auf den Putz hauen" geht oder um ernste Themen wie Krieg – die Jungs machen, worauf sie gerade Lust haben. Aber auch wenn es mal persönlicher wird, will Basti nicht gekünstelt auf die Tränendrüse drücken. "Viele Bands schreiben über ihre persönlichen Probleme. Aber ja mei, ich kann jetzt auch nicht sagen, ich hätte eine schwere Kindheit gehabt oder so", sagt er und zeigt ein sorgloses Grinsen umrahmt von dichtem schwarzen Bart.

Zum Singen ist der gelernte Informationselektriker nur zufällig über Tobis Coverband gekommen, ein Instrument spielt Basti nicht. "Dafür hod’s ned glangd", sagt er mit sympathisch-ehrlicher Selbstironie. Auf der Bühne habe er aber auch "was anderes zu tun". Da gelte es, die Leute zu unterhalten. Denn am Ende wollen sie alle nur eins: So viele Gigs wie möglich spielen.

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