300 Kilometer Fahrt für Augenbehandlung
Plattlinger Arzt wollte Bub mit Augenverletzung nicht behandeln

11.07.2018 | Stand 20.09.2023, 22:26 Uhr

Das linke Auge von Moritz (9) ist noch kleiner als das rechte, "aber das wird wieder normal werden, sagt unser Augenarzt", sagen seine Eltern Anja und Oliver Duelund. Sie sind froh, dass ihre Bereitschafts-Odyssee schließlich doch gut ausging. − Foto: Danninger

Was mache ich, wenn ein Arzt einen Notfall nicht behandeln will? Antwort: Zähneknirschend weiterfahren, in diesem Fall von Passau nach Plattling und von dort nach Regensburg – das Ganze mit einem verletzten Kind, das vor Schmerz und Angst am Rücksitz weint.

In dieser Lage fanden sich vorige Woche Anja und Oliver Duelund, die Eltern des neunjährigen Moritz‘ wieder: Er war beim Fußballspielen im Garten mit dem Gesicht voran in einen Blumentopf gefallen – abgeschnittene Stengel stießen gegen den Augapfel, Erde und Schmutz waren eingedrungen, es blutete. Einen Facharzt braucht man in so einem Fall, meinte auch der ärztliche Bereitschaftsdienst, den Oliver Duelund unter der Notfall-Nummer 116117 angerufen hatte, denn es war Montag um 18.30 Uhr und in Passau hatte niemand mehr Sprechstunde.

Notfalldienst hatte am vorigen Montagabend ein Augenarzt in Plattling. Diese Angabe des Bereitschaftsdiensts – am Dienstag gegenüber der PNP noch einmal bestätigt von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern – schluckten die Duelunds, für Verwunderung war keine Zeit. Also rein ins Auto und rauf auf die Autobahn.

Von Plattling in die Uni-Klinik nach Regensburg

Die Eltern hatten 60 Kilometer lang Zeit, Kontakt mit Dr. Huber (richtiger Name der Redaktion bekannt) aufzunehmen. "Ich hab‘ ein paar Mal angerufen während der Fahrt, er ging nie ran", erzählt der Vater. An der Praxis angekommen dann die Erkenntnis: Der Arzt war nicht da. Wieder Anruf, dieses Mal ging der Augenarzt ans Handy. "Er erklärte mir, dass er für uns aus Passau nicht zuständig ist", erzählt Oliver Duelund. Also wieder Anruf in der Bereitschafts-Zentrale, die verbanden die Eltern mit Dr. Huber "und der erklärte uns wieder und wieder, dass er nicht zuständig ist und sowieso erst gegen 22 Uhr heimkommt."

Die Duelunds wenden sich wieder an die Zentrale, die gibt ihnen den Rat, nach Regensburg zu fahren in die Uni-Klinik. Dort wurde Moritz sofort behandelt und vor allem festgestellt, dass sein Auge zwar verletzt ist, aber nicht zerstört. Nach 300 Kilometern Kranken-Odyssee gelangte die Familie um Mitternacht schließlich wieder daheim in Passau an.

Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist eine Organisation der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern. KVB-Sprecherin Birgit Grain bedauert, "dass die betroffene Familie mit dem Angebot des Bereitschaftsdienstes der niedergelassenen Ärzte nicht zufrieden war. Das Wichtigste ist, dass Moritz wieder wohlauf ist." Die KVB nehme den Fall aber sehr ernst, werde ihn objektiv prüfen und entsprechend handeln.

Mehr dazu lesen Sie am Mittwoch in der Passauer Ausgabe der PNP.