Für Vielfalt und queere Sichtbarkeit
„Hoch die Liebe!“: 1. Christopher Street Day in Wasserburg ein voller Erfolg

08.07.2024 |

Partystimmung in Regenbogenfarben genossen am Samstagnachmittag die rund 200 Besucher des ersten Christopher Street Days in der Wasserburger Hofstatt. − Fotos: Verein LGBTQ+ Rosenheim

„Es war kunterbunt, fröhlich und friedlich“, freut sich Anna Gmeiner über die gelungene Wasserburg-Premiere des Christopher Street Day (CSD). Nach zwei Veranstaltungen in Rosenheim hatten die Vorsitzende des Vereins LGBTQ+ Rosenheim und ihre Mitstreiter die Pride-Parade am Samstag erstmals in der Innstadt aufgezogen.

Und sie zeigten sich am Ende begeistert vom Zuspruch und der herzlichen Stimmung. „In der Spitze waren es 150 bis 200 Personen, über den ganzen Tag dürften es noch mehr gewesen sein“, beschreiben sie das bunte Treiben in der Hofstatt.

Viele Kinder freuen sich über Glitzer und Regenbogen-Schminke

„Interessierte aus allen Generationen und besonders viele Kinder, die natürlich ihren Spaß hatten, als wir sie mit Glitzer und Regenbogenfarben ,dekoriert‘ haben. Und auch das Wetter hat super gepasst“, zieht Anna Gmeiner eine rundum zufriedene Bilanz. Man habe, wie schon am Vorabend bei der Auftaktparty in Edling-Am Stoa, sowohl ausgelassen feiern als auch ein wichtiges Signal für Toleranz gegenüber Queer- und Trans-Menschen und sexuelle Selbstbestimmung senden können, so die 19-jährige Rimstingerin.

„Hoch mit der Liebe! Wir sind überglücklich, erneut mit so vielen wundervollen Menschen ein Zeichen für Vielfalt und eine freie, gleichberechtigte Gesellschaft gesetzt und LGBTQ+-Personen sichtbarer gemacht zu haben“, so Mitorganisator Jonas Turber. „Wir freuen uns schon auf nächstes Jahr!“

Die Besucher verfolgten die Reden auf der Bühne, tanzten zur Musik des DJane-Duos „JaMi“, nahmen das Angebot der Infostände wahr oder genossen den Schatten der Bäume. Und der Schwulenstammtisch Wasserburg feierte auf dem CSD sein 20. Jubiläum.

Grünen-Landtagsabgeordnete Sanne Kurz (Grüne) erinnerte an vergangene Zeiten, in denen Homosexualität in Deutschland noch strafbar war, gab aber zu bedenken, dass Gewalt gegen queere Personen zunehme. Zu den weiteren Rednern gehörten Wasserburgs Zweiter Bürgermeister Werner Gartner sowie Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und des Münchner Vereins Slutwalk.

Auch der Sport ist in der Verantwortung: TSV-Chef unter den Rednern

Neben persönlichen Geschichten war auch der Sport stark vertreten – durch die Reden von Bastian Wernthaler, Vorsitzender des TSV Wasserburg, Präsident des Bayerischen Basketball-Verbands und früherer Bundesliga-Trainer der Wasserburger Basketball-Frauen, sowie Christoph Hertzsch vom queeren Sportverein „Team München“. Beide betonten die Fähigkeit von Sportvereinen, Menschen über alle Unterschiede hinweg zusammenzubringen, kritisierten aber auch, dass es in Sportverbänden oft noch Nachholbedarf gebe, was die Integration von queeren Personen angeht. Bastian Wernthaler merkte an, der Sport müsse auch selbstkritisch sein, was zum Beispiel homophobe Ausfälle auf Zuschauertribünen angehe.

Der Dank der Veranstalter galt dem Wasserburger Queer-Treff um Johanna Retzlaff , ohne dessen Mitwirkung der CSD nicht möglich gewesen wäre. Unter dem Moto „Vielfalt lieben“ wurde nach den Reden und einem kurzen Gewitterguss noch mit Musik am „Bramburi Kiosk“ und im „El Paso“ weitergefeiert.

Der Verein LGTBQ+ Rosenheim heißt ab August jeden ersten Donnerstag im Monat ab 19.30 Uhr zu einem queeren Stammtisch für alle im „Café Central“ in Wasserburg willkommen.

100 Polizeibeamte sorgen für reibungslosen Ablauf des Groß-Demo-Tags rund um den CSD

Wir konnten Gottseidank unbehelligt feiern“, sagt Anna Gmeiner, Organisatorin des Christopher Street Day in Wasserburg. Wie berichtet, hatte die AfD im Vorfeld zu einer Kundgebung unter dem Motto „Für Freiheit, Sicherheit und Selbstbestimmung in der Sexualität und im Leben“ aufgerufen. Dies wiederum rief ein Bündnis aus Jusos und „wasserburg.bunt“ auf den Plan mit einer Gegenveranstaltung unter dem Titel „Vielfalt verteidigen“.

„Aus diesem Grund haben wir auch darauf verzichtet, einen Umzug zu machen, und den CSD stationär ausgerichtet“, sagt Anna Gmeiner. Bis auf einen Mann, der gegen Ende beleidigende und bedrohende Äußerungen in Richtung der CSD-Teilnehmer rief, habe man sich keinerlei Anfeindungen gegenüber gesehen. Gegen den aggressiven Störer habe man bei der Polizei Anzeige erstattet.

Auch die Polizei zieht eine positive Bilanz des Groß-Demo-Tags. Man sei mit mehr als 100 Beamten im Einsatz gewesen, heißt es in der Pressemitteilung der PI Wasserburg, und habe nur wenige Verstöße gegen Auflagen oder Störungen der Versammlungsfreiheit festgestellt. Während der AfD-Kundgebung mit einer Teilnehmerzahl im unteren zweistelligen Bereich ab etwa 13.15 Uhr am Bahnhofsplatz sei es immer wieder zu lautstarken Missfallensbekundungen der gegnerischen Versammlung gekommen. Diese hatte laut Polizei deutlich mehr Teilnehmer – „im niedrigen dreistelligen Bereich“.

„Nur bei wenigen Störern war konsequentes Einschreiten nötig“

In der Bilanz heißt es weiter: „Nur bei wenigen Störern war ein konsequentes Einschreiten nötig.“ So habe ein Versammlungsteilnehmer aus dem linken Spektrum versucht, eine polizeiliche Absperrung zu durchbrechen. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Die sogenannten freiheitsentziehenden Maßnahmen, die nötig waren, lagen im einstelligen Bereich. „Die vorausschauenden Planungen und das zielgerichtete, konsequente Einschreiten der Polizei haben zum reibungslosen Versammlungsablauf beigetragen“, fasst es Einsatzleiter Volker Klarner vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd zusammen. Er lobt „das vorrangig friedliche Verhalten der meisten Versammlungsteilnehmer“. Insbesondere die Teilnehmer am Christopher Street Day hätten sich sich überaus kooperativ und für alle polizeilichen Maßnahmen sehr aufgeschlossen gezeigt.

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