Mordprozess in Regensburg
Bluttat in Neutraubling war geplant – Angeklagter sprach vorher über seine Strafe

18.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:54 Uhr

Der Angeklagte aus Neutraubling (2.v.l.) trägt vor Gericht die gleichen Klamotten wie bei seiner Vorführung beim Haftrichter. Der 37-Jährige wird von Strafverteidiger Michael Haizmann vertreten und versteckt sich auch im Gerichtssaal meist hinter einem Ordner. Foto: Baumgarten

Neutraubling. Der Angeklagte hat zwei Tage vor dem Messerangriff bei einem Freund von 15 Jahren im Gefängnis gesprochen. Das sagte der als Zeuge im Mordprozess aus. Auch die Mutter und Nachbarn kamen am dritten Verhandlungstag in Regensburg zu Wort.



Der Mann, der am 6. Februar seine Freundin ermordet haben soll, hat sich vor den 24 Messerstichen über mögliche Folgen sehr genaue Gedanken gemacht: Einem Online-Kumpel erzählte der 37-Jährige von 15 Jahren Gefängnis, die ihm drohen würden. Das war zwei Tage, bevor er die junge Frau tötete, während die kleine Tochter mit im Zimmer war. Im Prozess am Regensburger Landgericht sagte am Freitag auch die Mutter des Angeklagten aus – und entschuldigte sich mit tränenerstickter Stimme beim Vater des Opfers. Erstmals zeigte da auch der Angeklagte seine Emotionen und weinte.

"Es tut mir in der Seele weh, dass ihr so furchtbar leiden müsst wegen meinem Sohn", sagte die 62-Jährige direkt an den Nebenkläger gewandt. Eine Reaktion des Vaters war nicht zu erkennen. Sie tat damit das, was der Vater vermutlich von dem Mann erwarten dürfte, der seine Tochter getötet haben soll – doch der schweigt, seit er an jenem Sonntag selbst die Polizei angerufen und die Tat gemeldet hatte. Vor dem Schwurgericht muss er sich für heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen und Grausamkeit verantworten. Das Motiv soll Eifersucht gewesen sein.

Familie berichtet von Aggressionen und Ausraster

Die Mutter des Angeklagten berichtete wie auch seine Halbschwester von Aggressionen und Ausrastern, seit er ein junger Mann gewesen sei. Auch ihnen drohte er bei Konflikten immer wieder; teils mit drastischen Worten. Dass es in der Beziehung zum späteren Opfer zu Gewalt kam, war den Angehörigen bekannt – und der Grund für eine Therapie im vergangenen Jahr. Unter Alkoholeinfluss sei er anfangs lustig, werde aber bald "aggressiv, wenn ihm was nicht passt", erklärte die Mutter. Dabei sei auch schon mal eine Glasvitrine zu Bruch gegangen.

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Beide Zeuginnen beschrieben den 37-Jährigen als eigentlich lieben Menschen, der mitfühlend und hilfsbereit gewesen sei. "Er tut immer so hart, aber ist ein sehr sensibler Mensch", sagte die Mutter des Angeklagten. Durch den leiblichen Vater hätte die ganze Familie jedoch sehr früh erste Gewalterfahrungen sammeln müssen – bis sie sich getrennt hätte. Sich sowas nicht gefallen zu lassen, empfahl sie auch dem späteren Opfer. Viel hätten sie jedoch nicht mitgekriegt von der Beziehung. "Ich hatte schon den Eindruck, das es passt zwischen ihnen."

Nachbarn tauschten Bilder in Gruppenchats aus

Dass dem nicht so sein könnte, wussten die Nachbarn der 27-Jährigen offenbar schon viel früher. Sie tauschten sich im Gruppenchat über das Verhältnis der jungen Frau mit einem 53-Jährigen aus – sogar mit Fotos von nächtlichen Besuchen bei ihm. "Da hat jeder was anderes erzählt", schilderte eine Nachbarin. Sie wurde Ende Januar Zeugin eines handgreiflichen Streits zwischen dem Angeklagten und dem anderen Mann. Die Nachbarn sollen den 37-Jährigen informiert haben, dass da mehr als nur Freundschaft sei. Vor Gericht erklärten sie dazu aber übereinstimmend, dass es ihnen nur um die Tochter der Frau gegangen sein soll, die nachts des Öfteren allein gewesen sei. Das war am 4. Februar, zwei Tage vor der Bluttat.

Am selben Nachmittag erzählte der mutmaßliche Mörder mit einem Online-Kumpel aus Niedersachsen, dass seine Freundin fremdgehe. Den Entschluss für die Tat scheint der 37-Jährige da wohl schon gefasst zu haben – im Gespräch erwähnte er bereits, dass er für 15 Jahre ins Gefängnis gehen werde. Eine Drohung, die junge Frau zu töten, sprach er allerdings nicht aus. "Ich hätte maximal gedacht, er haut ihr eine rein", sagte der Zeuge am Freitag vor Gericht. Als der 26-Jährige von dem Tötungsdelikt erfuhr, meldete er sich freiwillig bei der Neutraublinger Polizei und gab sein Wissen preis.

Auf Mord steht nämlich lebenslängliche Haft, was eine Entlassung auf Bewährung nach frühestens 15 Jahren heißt. Vorausgesetzt, die zweite Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Michael Hammer stellt keine besondere Schwere der Schuld fest – mit einem solchen Urteil wären in Bayern auch mehr als 30 Jahre im Gefängnis nicht unüblich.