Semesterabschluss im Zeughaus
Wofür Konzerte gut sind: Die Uni Big Band Passau zeigt es

Der heutige Hörer ist gewohnt an fehlerfreie CD-Qualität – Dass es um weit mehr geht, zeigt die

31.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:11 Uhr

Jede Musikerin und jeder Musiker dieser Band präsentiert sich mit einem eigenen kurzen Solo: die Uni Big Band Passau im städtischen Jugendzentrum Zeughaus mit Bandleaderin Christiane Öttl. −Foto: rmr

Worum geht es bei einem Konzert? Der digital Dauerbeschallte wie auch der audiophile Verehrer von analogem Vinyl sind heute gewohnt ans Makellose. An einen Tonstudioklang, der entsteht, indem drei Minuten Musik in stundenlanger Kleinarbeit Takt für Takt eingespielt, wiederholt, korrigiert, bearbeitet und montiert werden, bis alles getilgt ist, was auf eine Schwäche – und auf einen menschlichen Ursprung − hinweisen könnte. Wie schön, wenn einmal das Gegenteil passiert.

Die Big Band der Universität Passau, lange geleitet vom Mitbegründer der Burghauser Jazzwoche, Joe Viera, und aktuell unter der Regie der Passauer Musikerin und Dozentin Christiane Öttl hat bei ihrem Semesterabschlusskonzert am Montagabend im stimmungsvollen städtischen Jugendzentrum Zeughaus ein feines Beispiel dafür gegeben, dass Musik und Livekultur doch ganz anderes im Sinn haben und bezwecken.

Die Besetzung ist größer als üblich – na und, „wir schicken keinen weg“, sagt die Bandleaderin. Es gibt nur ein Tenor- und kein Baritonsaxofon – zwei Altspieler satteln um. „Girl From Ipanema“, „Route 66“, „Summertime“ „In The Mood“ ... die Klassiker fließen dicht und weich gerundet im gemeinsamen Flow, Drummer Axel Polleti hält seit genau 20 Jahren an den Drums zurückgelehnt wie superpräzise den Laden zusammen. Öttl schnippst und klatscht und treibt nur ganz selten voran, wenn es gar zu gemütlich wird, organisiert mal einen rhythmisch herausfordernden Schluss und übt sich ansonsten in der Kunst der Zurückhaltung und in der Kunst der Moderation.

Die geht so: „Das nächste Stück heißt ,On The Sunny Side of the Street‘ – Sie dürfen jetzt freundlich schauen.“ Oder: „Es geht nicht nur drum, dass ein Solo schön ist. Schön ist was für Instagram. Es geht darum, dass es echt ist!“ Oder philosophisch über Improvisation: „Das mit der Freiheit ist eine schöne Idee, aber wenn man sie dann hat, ist es mitunter schwer.“

Die Musikerinnen und Musiker haben in der Big Band Raum für Freiheit. Raum für den Mut, aufzustehen und ein Solo zu spielen, so gut ich es eben kann. Sie haben einen Grund zum Üben, ein Ziel, sie zeigen sich öffentlich, kommunizieren, ernten öffentliche Wertschätzung, feiern zusammen, mit Leuten aus verschiedensten Ausbildungsrichtungen. Sie tun sich zusammen für den gemeinsamen Zweck. Dafür sind Konzerte da. Gut, dass wer dran erinnert.

− rmr


Am 20. Mai spielt die Uni Big Band Passau bei der Nacht der Musik auf dem Residenzplatz