Astrid Lindgren auf der Bühne
„Michel in der Suppenschüssel“ am Landestheater in Passau

24.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:50 Uhr
Dorothea Walchshäusl

Ab zum Doktor: Michel mit Suppenschüssel (Lars von Kiedrowski) auf dem Gepäckträger des Vaters (Joachim Vollrath). Rechts Stefan Merten als Armenhäuslerin. −Foto: Litvai

Wohl kaum jemand eint die Herzen der Kinder bis heute derart wie Astrid Lindgren. Ihre Kinderfiguren sind herrlich selbstbewusste und farbenfrohe Charaktere, die die Welt der Erwachsenen verlässlich auf den Kopf stellen. Das tut auch der kleine Michel aus Lönneberga, der im Kinderstück „Michel in der Suppenschüssel“ am Sonntagnachmittag das Publikum am Landestheater Niederbayern in Passau begeistert hat.

Die Premiere ist nahezu ausverkauft und so manch’ kleiner Besucher hat die Schiebermütze auf dem Kopf. Was in Folge passiert, taucht die Michel-Erzählungen in warmes, freundliches Licht: Von Ida auf dem Fahnenmast über die Zahnschmerzen-geplagte Lina bis hin zum Diebstahl auf dem Jahrmarkt sind die bekannten Geschichten zu erleben, plastisch dargestellt in einem aus drei Räumen bestehenden Bühnenbild (Erich Uiberlacker), das drehbar im 120-Grad-Winkel mal das Esszimmer mit Ofen, mal den blühenden Garten, das Arztzimmer oder die Jahrmarktskulisse darstellt. Die Kostüme sind bunt, die Requisiten reduziert, Tiere werden als Holzfiguren über die Bühne gerollt, die Musik wird selbst gesungen und gespielt.

Der verschmitzte Charme erwächst aus dem intensiven Spiel: Lars von Kiedrowski spielt Michel als lebenslustigen und pfiffigen Kerl, Joachim Vollrath ist der herzensgute, um Erziehung ringende Vater Anton, Elisabeth von Koch die gefühlvolle Mutter Alma. Dann sind da Friederike Baldin als kreuznaive Lina, Klaas Johann Lewerenz als wortkarger Alfred, der diese partout nicht heiraten will, und Lucca Rabenstein, die als tolpatschig-krakeelende Klein-Ida über die Bühne düst. Antonia Reidel brilliert als schicksalsraunende Krösa-Maja und in verschiedenen weiteren Rollen; ebenso Stefan Merten, der mal als Arzt, mal als betulicher Pastor oder begleitender Hofmusikant samt Ukulele und Mundharmonika erscheint.

Im Vergleich zur teils herben Zeichnung der Figuren, allen voran des Vaters, in den bekannten Verfilmungen, lässt die Passauer Inszenierung von Regisseur Claus Tröger das Lebensumfeld Michels deutlich liebevoller, wenngleich oft reichlich beschränkt erscheinen. Dabei wird mit jeder karikaturhaften Überzeichnung der Erwachsenenwelt klarer: Wirklich clever ist inmitten dieser Gesellschaft nur der frohgemute kleine Michel. Kinder an die Macht – da ist sie wieder, die Botschaft Astrid Lindgrens.

Dorothea Walchshäusl


Wieder am 30.4. um 14 und 16 Uhr, Karten & Anfragen Schülervorstellungen: 0851/9291913