Bad Höhenstadt
Vegan? Das tut der Schlachtschüssel nix

21.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:27 Uhr
Bernhard Brunner

Die launige Laudatio auf den neuen Träger des Ordens wider die beleidigte Leberwurst hielt Fürstenzells Bürgermeister Manfred Hammer.

Blut- und Leberwürst/innen lassen sich vielleicht gendern, aber der Veganismus hat keinerlei Chance bei den Freunden dieser traditionellen Leibspeise inmitten der althergebrachten Schlachtschüssel.

Ein entsprechend klares Verhältnis gab der Verein zur Förderung des Ansehens der Blut- und Leberwürste auch am Faschingsdienstag – im Jahr drei nach dem Rücktritt ihres „Ministers der Innereien“ und dem bitteren Corona-Verzicht auf Deftiges aus dem Kessel – im vollbesetzten Stopfinger-Saal ab. Der Orden wider die beleidigte Leberwurst ging an Hans Gerauer, der laut Bürgermeister Manfred Hammer, Laudator, als Landwirt „weiß, wie man mit Rindviechern und Saubären umgeht“.

Die allgemeine Weltlage ist eine „Sauerei“

Als „sehr verehrte Mitesser“ hatte das Fürstenzeller Marktoberhaupt das Publikum angesprochen, das gespannt auf die Preisgabe des Geheimnisses wartete. Die allgemeine Weltlage wertete Hammer schlichtweg als „Sauerei“, um im Sprachjargon des gastgebenden Vereins zu bleiben, und ermunterte alle mit dem Schlachtruf „Lasst die Sau raus“, es diesem Leitspruch gleichzutun. Prompt kam das obligatorische „Oik, oik, oik“ als zustimmende Antwort im „Mekka der Innereien“, wie der Redner die Szenerie nannte. Als Träger der Goldmedaille für herausragende Leistungen in der Eberzucht sei Hans Gerauer, auch bekannt als begnadeter Rezitator humoriger Verse, geradezu prädestiniert für den Orden.

„Baff“ zu sein, gestand der hochdekorierte Bauer aus der Pfalsau ein. Er erläuterte den Zuhörern sodann die Gemeinsamkeit zwischen einer Ordens- und einer Trauerrede: Der Träger werde über Gebühr gelobt und betrete ungewohntes Terrain. Gerauers Dank galt dem Leberwurst-Konsortium für den einstimmigen Beschluss – nämlich mit einer Stimme des Vorsitzenden Franz Voggenreiter, wie ihm zu Ohren gekommen sei. Er bestätigte die Aussage, Erfahrung mit Ferkeln und großen Schweinen zu haben, und rühmte den Orden deshalb als sehr selten, weil er in ganz Bayern nur fünfmal im Jahr getragen werde – zu allen fünf Jahreszeiten einschließlich der „narrischen“ Zeit.

Tobias Achatz führte durchs Programm

Durch das wie immer abwechslungsreiche und lustige Programm voller Schenkelklopfer führte Tobias Achatz, der zunächst die frech vom Leder ziehenden „Sauriaßlweiba“ auf der Bühne willkommen hieß. Tränen lachten die Zuhörer unter anderem beim „Lied der Winde“. Das Quartett machte sich über Männertratsch genauso lustig wie über das Glück so mancher Witwen, die bereits gießen, während ihre Freundinnen noch kochen müssten. Eine vielumjubelte Erkenntnis und Botschaft der wortgewaltigen Damen in Dirndl-Gewändern: „Lieber zwei Ringe unter den Augen als einen am Finger.“ Als Zugabe gab es einen gemeinsam einstudierten Kanon mit vermeintlich lateinischem Text.

Weil er nach einem Sturz beim Rodeo-Reiten lädiert und somit verhindert war, ließ sich „Joe“ Kreilinger, der Auswanderer nach USA, via Satellit zuschalten. Er genderte doch tatsächlich die Blut- und Leberwürste, die er sich wohl in rauen Mengen aus der alten Heimat nach Übersee einfliegen lässt, genoss die urbayerischen Delikatessen und wetterte zugleich gegen Insekten, die als Lebensmittel auf dem Vormarsch sind. „Da gewinnt der Begriff ‚Fliangfanga‘ eine ganz neue Bedeutung“, mutmaßte der Rancher in seiner launigen Rede, die wohlgemerkt ein Mensch ohne Künstliche Intelligenz gehalten habe, so sein Fazit.

Alles nur ein Traum

Wie Bad Höhenstadt nach der Schlachtschüssel-Abstinenz wieder aufwacht und 1092 Tage nach dem Abtritt von Dr. Hans Göttler, „Minister der Innereien“, dank dem Konzept „Urlaub in der Heimat“ mit täglichem Verzehr von Blut- und Leberwürsten zum Mallorca des niederbayerischen Bädervierecks avanciert, skizzierte Franz Schuster aus Wegscheid. Der Sonnentempel sei der neue „Ballermann“, und Bürgermeister Hammer steige dank des massiven Zuzugs in Bad Höhenstadt zum Oberbürgermeister auf, während Fürstenzell plötzlich nur noch Vorort der „Stadt Bad Höhenstadt" sei und die dortige SPD Vize-Bürgermeisterin Uschi Berchtold als 1000. Mitglied begrüße. Doch alles ist nur ein Traum – ebenso wie die neue Richtlinie zur Grundsteuerreform, nach der in der Erklärung mit Erreichen des 70. Lebensjahres ein Schlafzimmer als Abstellkammer deklariert werden dürfe.

Quasi die Vorspeise zur heißersehnten Schlachtschüssel für alle bildete der Musikkabarettist Christian Maier, bekannt als Mitglied des Trios „Da Huawa, da Maier und i“, der gleich einen Blues auf den zunehmenden Veganismus und dessen Folgen anstimmte – in seinem Fall mit Lebensgefahr für die Katze im Haus, sofern er nachts plötzlich vor Heißhunger auf Fleisch aufwache. Vielumjubelt war Maiers eigens für die Veranstaltung verfasste Hymne auf Blut- und Leberwürste – so ganz nach dem Geschmack des Veranstalters, der zuletzt aus Tradition die Bayernhymne anstimmen ließ.