Fürstenstein
Rollende Bürgerversammlung und viele Fragen

Erst Besichtigung von Baumaßnahmen mit dem Bus – Dann Bürgeranfragen bei Versammlung in der Turnhalle

27.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:23 Uhr
Josef Enzesberger

Im Seminarraum beim zweiten Teil der Bürgerversammlung wurden die wichtigsten Zahlen von Bürgermeister Stephan Gawlik (v.r.), 2. Bürgermeister Walter Knoller, Geschäftsleiter Tobias Klessinger und Bauamtsleiter Harald Bauer vorgestellt. −Foto: Enzesberger

Von Josef Enzesberger

Spannend fanden die Teilnehmer die rollende Bürgerversammlung, wie sie jetzt wieder in der Gemeinde Fürstenstein praktiziert worden ist.

Dabei wurden Baumaßnahmen in allen drei Ortsteilen besichtigt, mit ausführlichen Erläuterungen durch Bürgermeister Stephan Gawlik, Geschäftsleiter Tobias Klessinger, Bauamtsleiter Harald Bauer sowie von Bauhof oder Feuerwehr. Nach über zwei Stunden Rundfahrt folgte der zweite Teil der Bürgerversammlung im Seminarraum der Dreifachturnhalle, wo nach einer Präsentation zur Situation der Gemeinde die Bürger Zeit hatten, ihre Wünsche vorzubringen. Die dabei durch die Versammlung beschlossenen Empfehlungen werden innerhalb einer Frist von drei Monaten vom Gemeinderat behandelt.

Bus tourt durch die Gemeinde
Erstes Ziel war die Kläranlage in Oberpolling mit Besichtigung des neuen Regenrückhaltebeckens und des Trennbauwerks. Klärwärter Peter Braml beantwortete Fragen. Im neu errichteten Waldkindergarten Frischluft in Oberpolling, wo die Plätze sehr begehrt sind, informierte Betreuerin Julia Neiß die Bürger über das Konzept der Einrichtung. Die Kosten für die Gemeinde betrugen laut Stephan Gawlik 175000 Euro. Sollte die Nachfrage nach Kitaplätzen in der Gemeinde Fürstenstein aufgrund der Bautätigkeit durch die Einrichtungen in den drei Ortsteilen nicht mehr abgedeckt werden können, wäre die Errichtung weiterer Waldkindergärten aus Sicht des Bürgermeisters eine günstige Alternative.

Ein Blick wurde auch auf das neue, gegenüber dem Waldkindergarten liegende Oberpollinger Wohnbaugebiet geworfen. Hier werden elf Bauparzellen entstehen, die in nächster Zeit reserviert werden können.

Im Friedhof Oberpolling, der vor Jahren als Naturfriedhof mit Grünflächen und Bäumen angelegt worden ist, wurde das neu errichtete Urnengräberfeld besichtigt. Geplant von Landschaftsarchitektin Helga Sammer und abgesegnet vom Gemeinderat, erfolgte nun die Umsetzung durch den Bauhof. 36 Urnengräber, versehen mit einer Granitplatte aus heimischem Granit, stehen zur Verfügung. Das Umfeld soll noch mit einer Stellfläche und einem Weg ergänzt werden.
Die Fahrt führte weiter zum Baugebiet Nammering-West, wo die meisten der 15 errichteten Häuser schon bezogen und auch die restlichen drei Bauparzellen verkauft sind und im nächsten Jahr bebaut werden sollen. Eine Erweiterung dieses Baugebiets in Teilflächen sei zwar generell möglich, derzeit aufgrund fehlender Nachfragen aber kein Thema.

Um die Belieferung mit Trinkwasser in den Ortsteil Nammering bei einem Bruch der Hauptwasserleitung aus Fürstenstein gewährleisten zu können, wurde nun eine Wasserverbundleitung zwischen den Gemeinden Aicha vorm Wald und Fürstenstein erstellt und der Betrieb mit einer Zweckvereinbarung geregelt. Gleichzeitig wurde im Alten Fuhrweg ein Teil der maroden Wasserleitung erneuert und ein Teil der Straße asphaltiert. Fortgesetzt soll diese Maßnahme im neuen Jahr werden.

Auf der Fahrt nach Einzenberg wurde der schlechte Zustand der Verbindungsstraße nach Fälsching in Richtung Eging angesprochen. Hier soll 2023 die Feinschicht erneuert werden. Im Bereich Einzenberg und Panholz musste die Hauptwasserleitung verlegt werden. Vorbei am bereits voll bebauten Baugebiet „Sonnenfeld“ in Peigerting erfuhren die Teilnehmer Wissenswertes über das geplante Baugebiet „Woidblick“ in der Schwarzen- steinerstraße, das als vorläufig letztes großes Baugebiet mit 24 Parzellen entsteht. Eine weitere Ausweisung von Baugebieten durch die Gemeinde ist nicht geplant.

Kommandant Robert Biereder erwartete die Teilnehmer am Fürstensteiner Feuerwehrhaus, um ihnen den neu gekauften Versorgungs- Lkw mit Modul-Containern vorzustellen, der zuständig über drei Landkreis hinweg ist.

Abgeschlossen wurde die rollende Bürgerversammlung mit der Besichtigung der im letzten Jahr fertiggestellten Kindergrippe als Anbau an den bestehenden Kindergarten im Bereich der Grundschule. Die Vorstellung der Räumlichkeiten für die Aufnahme von 26 Krippenkinder erfolgte durch Leiterin Christine Heilmaier.

Anfragen der Bürger
Zum zweiten Teil der Bürgerversammlung trafen sich die Teilnehmer der rollenden Bürgerversammlung mit den bereits wartenden Bürgern im Seminarraum der Dreifachturnhalle. Es gab eine Powerpoint-Präsentation zu den wichtigsten Zahlen und Erreichtem (siehe Kästen).

Nach dem Vortrag der Gemeinde kamen die Bürger zu Wort und konnten Anträge und Anfragen stellen. Renate Neumüller aus Nammering erkundigte sich, ob der Gemeinderat in seiner Sitzung am 17. November 2022 über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens „Keine Ansiedelung der Thoma Bau- und Recycling GmbH & Co.KG in Fürstenstein“ beschlossen hat. Gawlik bejahte dies und teilte mit, dass nunmehr innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden muss. Parallel dazu laufe bei der Regierung von Niederbayern, Regionalplanung, eine baurechtliche Prüfung, ob im Steinbruchareal ein Recyclingbetrieb zulässig wäre, nachdem sich das Areal insbesondere im Vorranggebiet für Granitabbau befindet. Womöglich erledige sich auf diesem Weg die Erforderlichkeit eines Bürgerentscheids. Geschäftsleiter Tobias Klessinger fügte hinzu, dass bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen werden darf.

Eine weitere Wortmeldung kam von Renate Neumüller: Die Firma Thoma dürfe offenbar nur die genehmigten Gewerbetätigkeiten weiterführen, für die der Besitzer des Steinbruchs eine Genehmigung hat. Für sie stelle sich die Frage, ob die Brecheranlage genehmigt ist. Der anwesende Steinbruchbesitzer Alois Bauer jun. meldete sich zu Wort: Für den Brecher liege eine Genehmigung vor. Seiner Ansicht nach wird bei der Thematik mit viel Halbwissen hantiert. Es wäre auch sinnvoll, mit ihm Gespräche zu führen. Das durch ihn aufgesetzte Vertragswerk über die Verpachtung des erforderlichen Areals werde keine Deponie zulassen. Zwischen einer Zwischenlagerung und einer Deponie sei ein wesentlicher Unterschied. Die Bürgerinitiative will laut Renate Neumüller auch keine Zwischenlagerung. Darüber hinaus habe das Vertragswerk zwischen Bauer und Thoma für die Bürgerinitiative keine Bedeutung, da dies jederzeit verändert werden könne. Viel wichtiger seien die behördlichen Anordnungen.

Und eine weitere Wortmeldung kam von Renate Neumüller: Der Sprengbereich in Nammering umfasst einen Radius von 300 Metern. Der weitgefasste Sprengbereich führe zu enormen Wertverlusten der Immobilien. Neubau- und Umbaumaßnahmen könnten auch nur mit hohen Auflagen – wie beispielsweise einer aufwendigen Dachkonstruktion – umgesetzt werden. Laut Aussagen des Gewerbeaufsichtsamts reicht hingegen zur Staatsstraße ein Abstand von 20 Metern. Für sie sei überhaupt nicht nachvollziehbar, weswegen hier der Gesetzgeber unterscheidet. Zu bedenken sei, dass beispielsweise auf dem Gehsteig der Staatsstraße Kinder unterwegs sind und in einer Entfernung von 20 Metern gesprengt werden dürfte. Bürgermeister Gawlik pflichtet Neumüller in dieser Sache uneingeschränkt bei. Er werde sich auch auf politischer Ebene bemühen und eine Anfrage beim zuständigen Ministerium stellen.

Kathrin Hammer aus Nammering sagte: „Die Sprengung im Gramlet war gestern wieder gewaltig, wonach der Steinbruchabbau zunehmend in Richtung der Ortschaften in der Gemeinde rückt.“ Die Bürgerinitiative Nammering habe im letzten Jahr einen Antrag auf Kostenübernahme für ein Messgerät bei der Gemeinde eingereicht. Das Messgerät soll den Grad der Erschütterungen aufzeigen. Dem Antrag wurde damals nicht stattgegeben, weil auch das Gewerbeaufsichtsamt und das Landratsamt der Annahme waren, dass die Auswertungen im Bedarfsfall nicht rechtssicher sind. Über eine Kostenbeteiligung sollte die Gemeinde nochmal nachdenken. Gawlik sagte zu, den Antrag nochmals auf die Agenda einer der nächsten Gemeinderatssitzungen zu setzen. Michael Hartl jun. aus Nammering fragte daraufhin Hammer: „Sie leben seit 10,5 Jahren in Nammering. Wussten Sie zum Zeitpunkt Ihres damaligen Wohnsichtwechsels vom Steinbruch Bescheid?“ Für ihn sei nicht klar, weshalb sie dann trotzdem nach Nammering gezogen ist. Er lebe seit 35 Jahren in Nammering mit den umliegenden Steinbrüchen. Kathrin Hammer erwiderte, dass ihr die Intensität der Steinbruchtätigkeit und der Sprengungen zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen sind.

Eine weitere Wortmeldung kam von Kathrin Hammer: Sie erkundigte sich, ob es nicht noch weitere Bürgermitbestimmungsmöglichkeiten gebe. Gawlik konnte sich durchaus vorstellen, für den Ortsteil Nammering eine separate Bürgerversammlung in Form eines Bürgerworkshops anzubieten. Gemeinderätin Elisabeth Schiefer hielt dagegen, dass die Gemeinderatssitzungen von den Bürgern sehr spärlich bis überhaupt nicht besucht werden. Daher könne auch in der Gemeinde nicht viel Interesse an der Gemeindepolitik gegeben sein. Auch Markus Kleingütl aus Nammering sah keinerlei Notwendigkeit für einen Bürgerworkshop in Nammering.

Martin Watzinger aus Nammering meldete sich zu Wort. Er bat die Gemeinde als Vorsitzender des TSV Nammering um Kostenbeteiligung bei Unterhaltsmaßnahmen am Sportgelände. Er sagte, dass dem SV Fürstenstein sein Sportheim von der Gemeinde im Rahmen eines Pachtvertrags gestellt wurde. Der TSV Nammering habe sich sein Sportheim selbst errichten müssen und komme seither auch für alle Unterhaltskosten auf. Die Kostenlast gerade auch im Hinblick auf die enorm gestiegenen Energiekosten werde für die Vereine immer erdrückender. Eine Kostenpauschale mit festzulegendem Verteilerschlüssel an die Vereine für den Unterhalt zu Beginn eines Jahres wäre aus seiner Sicht sinnvoll. Eine Kostenpauschale lässt sich laut Gawlik nur schwer realisieren. Er stelle auch immer wieder fest, dass gerade die Jugendförderung von den Vereinen nicht zur Gänze abgerufen werde, obwohl Mittel zur Verfügung stünden. Das Sportheim des TSV Nammering sei auch mit zehn Prozent der förderfähigen Kosten auf Grundlage der Sportförderrichtlinien bezuschusst worden. Gawlik will mit dem TSV-Vorsitzenden ein Gespräch vereinbaren.

Markus Busch aus Nammering erkundigte sich, ob die Kläranlagen für die geplanten Baugebiets-ausweisungen noch ausreichen oder ob in den nächsten Jahren mit Verbesserungsbeiträgen wie kürzlich in Windorf zu rechnen sei. Die Kläranlagen deckten die geplanten Baugebietsausweisungen ab und seien dafür ausgelegt, sagte Gawlik. Dies bestätigte Klärwärter Peter Braml.

Brigitte Grün aus Nammering sprach das Grundstück der früheren „Rantn“ am ehemaligen Bahnhof in Nammering an, das seit Jahren nach dem erfolgten Gebäudeabbruch mit einem Bauzaun eingefriedet ist. Sie stelle in letzter Zeit vermehrt fest, dass die Grundstückszufahrt zum dort angrenzenden Wohnhaus durch die Abgrabungen unterspült wird und Unfallgefahr, insbesondere für Kinder, besteht. Gawlik und Bauamtsleiter Harald Bauer berichteten, dass ein Ortstermin mit der Staatsstraßenverwaltung und der Unteren Bauaufsichtsbehörde stattgefunden habe und Schriftverkehr geführt wurde. Aus deren Sicht besteht kein Handlungsbedarf. Gawlik sagte zu, nochmals einen Vor-Ort-Termin anzuberaumen.

Dieter Doletschek aus Nammering teilte mit, dass die Firma Strabag bei Asphaltierungsmaßnahmen vor rund drei Jahren im Bereich „Zum alten Sportplatz“ über seinen Hauswasserschieber asphaltiert hatte. Bis dato sei der Mangel nicht beseitigt worden. Die Gemeinde werde sich der Sache annehmen, so Gawlik.

Erreichtes 2022

•Regenrückhaltebecken und Trennbauwerk Kläranlage Oberpolling (423141 Euro)
•Verlegung der Hauptwasserleitung in Panholz und Einzenberg (24000 Euro)
•Waldkindergarten in Oberpolling (173672 Euro)
•Granitsitzgruppe und Kleinkinderschaukel für Spielplatz in Fürstenstein
•Eheschließungen sind nun im „Fürstensteiner Paradies“ im Steinbruchareal möglich
•Neugestaltung Dreiecksgarten auf dem Fürstensteiner Berg mit Granitsitzbank und Wasserstelle
•Gigabit-Anschluss in Rathaus und Grundschule
•Sanierung von Brunnenweg und Alter Weg/Fürstweg in Oberpolling (106800 Euro)
•Vorarbeiten zur Sanierung der Dreifachturnhalle (Kostenschätzung 6,5 Mio. Euro)
•Baugebiete „Woidblick“ und Oberpolling-West
•Abschluss der energetischen Sanierung des Gemeindezentrums (974708 Euro, 75-prozentige Förderung)
•Wasserverbundleitung zwischen Fürstenstein und Aicha (121160 Euro, 50 Prozent Förderung). Erneuerung der Wasserleitung im Alten Fuhrweg, Nammering, mit Sanierung der Straße. Wasserleitungsbau im Hinterbuchet mit Anschluss von drei Grundstücken, Asphaltierung der Straße. Erschließung Wasser, Strom, Kanal und Breitband im Bereich Hinterbergstraße und Drosselweg mit Asphaltierung der Straße
•Urnengräberfelder im Friedhof Oberpolling

Zahlen 2022

Bei den Einwohnern gab es im Vergleich zu 2021 einen Zuwachs von 53. Insgesamt waren es zum 10. November 3615 Einwohner. Sterbefälle gab es insgesamt 30, Geburten 30, Zuzüge 236, Wegzüge 181, Einbürgerungen 9, Eheschließungen 15 und Scheidungen 9.
Die Anzahl der Baugenehmigungen betrug 14. Die Übernachtungszahlen lagen vor der Coronapandemie im Jahr 2019 bei 8344. Diese Zahl konnte im Jahr 2021 mit 7454 Übernachtungen nicht ganz erreicht werden.

Das Gesamtvolumen des Haushalts lag 2022 bei 10,4 Millionen Euro. Davon entfielen auf den Verwaltungshaushalt 7,6 und auf den Vermögenshaushalt 2,8 Millionen. Die Zuführung zum Vermögenshaushalt betrug 1,1 Millionen Euro, die Kreditaufnahme 502700 Euro. Der Schuldenstand zum 31. Dezember liegt voraussichtlich bei 6966000 Euro.