Im deutschen Pavillon
Münchener Integrationshaus Bellevue di Monaco auf der Architektur-Biennale in Venedig

15.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:04 Uhr

Das Bellevue di Monaco ist ein Wohn- und Kulturzentrum für Geflüchtete und interessierte Münchner im Herzen der Stadt – und es ist ein leuchtendes Beispiel für nachhaltiges und bewahrendes Bauen, das nun sogar auf der Architektur-Biennale in Venedig gewürdigt wird. −Foto: Tom Bauer

Till Hofmanns Münchner Integrationshaus Bellevue di Monaco ist ab dem 22. Mai im Deutschen Pavillon bei der Architektur-Biennale in Venedig vertreten. „Das ist eine große Auszeichnung für unsere Arbeit“, sagt Hofmann, der mit einem 14-köpfigen Team in Italien sein wird. „Entstanden ist das Ganze ja aus Protest dagegen, dass die Stadt eigene Gebäude gentrifiziert. Inzwischen haben wir die drei Häuser total amtlich hergerichtet. Und jetzt gibt es dort 20 Wohnungen, wo Menschen für sieben Euro pro Quadratmeter wohnen können.“

Die Kuratoren des Deutschen Pavillons haben den Beitrag der diesjährigen Architektur-Biennale (20. Mai bis 26. November) unter das Motto „Open for Maintenance – Wegen Umbau geöffnet“ gestellt. Der deutsche Beitrag widmet sich den Themen der Pflege, Reparatur und Instandhaltung, dazu wurden Organisationen aus Deutschland und lokale Initiativen in den Pavillon eingeladen. Das Bellevue di Monaco wurde dabei, zusammen mit Hirner & Riehl Architekten & Stadtplaner, als Beispiel für nachhaltiges und bewahrendes Bauen ausgewählt. Es geht den Kuratoren dabei auch um die mit dem Bellevue-Projekt verbundenen sozialen Auswirkungen, wie mehr gesellschaftliche Teilhabe und weniger Verdrängung.

Das Bellevue di Monaco ist ein Wohn- und Kulturzentrum für Geflüchtete und interessierte Münchner in der Müllerstraße nahe Gärtnerplatz. Seit den ersten Aktionen zum Erhalt des Häuserkomplexes ist fast ein Jahrzehnt vergangen, aus der Protestbewegung gegen den Abriss der Gebäude ist eine etablierte Größe in der Münchner Stadtgesellschaft geworden – etwa als Wohnort für über 40 Personen, meist junge Geflüchtete, mit vielfältigen Angeboten in Bereichen wie Sprachenerwerb, Rechtshilfe, Arbeit und Ausbildung oder auch Sport. Im letzten Bauabschnitt wurde ein Dachsportplatz fertig gestellt. Es gibt außerdem ein Café und ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Konzerten, Lesungen, Filmen und Debatten sowie eine eigene Theatergruppe. Die Betreiberin der Bellevue, die eingetragene Sozialgenossenschaft, hat inzwischen über 750 Mitglieder, Till Hofmann ist der Vorsitzende.

Zurück nach Venedig: Im Deutschen Pavillon wurde ein Depot aus verschiedenen Abbruchmaterialen der Kunstbiennale 2022 und eine voll ausgestattete Werkstatt aufgebaut. In der Eröffnungswoche der Architektur-Biennale wird das Bellevue gemeinsam mit dem autonomen Zentrum Centro Sociale Rivolta diese Werkstatt nutzen. Venezianer Aktivisten haben vor kurzem ein seit über 15 Jahren leer stehendes Verwaltungsgebäude der ehemaligen städtischen Klinik in Mestre besetzt und möchten unter dem Projektnamen „Pandora“ – ganz nach Vorbild des Bellevue – zeigen, was in dem Gebäude steckt.

Das Team aus München wird aus dem alten Biennale-Material einen größeren Raum mit u.a einem Tresen und einem kleinen Kino gestalten. Die Einrichtungsgegenstände werden dann nach Mestre transportiert und dort eingebaut. „Wir sind gerade noch dabei, ein Transportschiff dafür zu organisieren“, erzählt Till Hofmann. Außerdem werde man reichlich heimisches Bier im Gepäck haben, denn zur Feier des Biennale-Abenteuers kündigt Hofmann ein „Festa della Birra“ an.

Dominik Schweighofer