Prozession am Palmsonntag
Kößlarn bereitet sich auf traditionelle Palmprozession vor

29.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:18 Uhr
Martin Niedermeier

Der Kößlarner Palmesel verlässt am Palmsonntag wieder für einige Stunden seinen „Stall“, um durch den Markt zu ziehen. −Foto: Archiv Niedermeier

Als das Christentum sich in der antiken Welt etablierte, übernahm es auch den Brauch der öffentlichen Prozessionen, mit denen in Rom siegreiche Feldherren, höhere Staatsbeamte und vor allem die Kaiser geehrt wurden. Allerdings luden die frühen Christen ihre Prozessionen mit einer ganz anderen, viel tiefer gehenden Symbolik auf: Sie versinnbildlichten nunmehr den Weg vom Tod in das neue, ewige Leben, die Nachfolge Christi, der als Sieger über den Tod der einzige Herr, der wahre König der Welt ist.

Erste Palmprozessionen 400 n. Chr. nachweisbar

In besonderer Weise verdichtet sich diese Symbolik in den Palmprozessionen, die in Jerusalem etwa seit dem Jahr 400 n. Chr. in der Gegend des Ölberges nachweisbar sind, im achten Jahrhundert aber auch in der westlichen Kirche praktiziert wurden. Statt der im Orient üblichen Palmzweige verwendete man in West- und Mitteleuropa Buschen aus Buchsbaum, Wacholder oder Eiben und verschönerte diese Gebinde mit Zweigen der Weide, die schon früh im Jahr ihre Blüten (die sog. „Palmkätzchen“) tragen. Diese Buschen wurden dann auf hohe Stangen, „Palmstangen“ genannt, gesetzt und oft mit gelb-weißen Bändern oder anderen christlichen Symbolen verziert.

In Bayern wurde ein echter Esel für die Prozession eingeführt

Ihr besonderer Sinn für Dramatik ließ gerade in der bayerischen Bevölkerung den Brauch aufkommen, das Evangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem aufnehmend einen echten Esel mitzuführen. Später war es dann ein hölzerner Esel mit einer segnenden Christusfigur darauf, bis aufklärerischer Rigorismus Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts solch volkstümlichen Bräuchen ein Ende machte. In Kößlarn jedoch widersetzte man sich der Anordnung, den Palmesel zu vernichten. Heute ist es freilich nicht mehr der spätgotische Esel, dessen Geburtsstunde eine Rechnung aus dem Jahre 1481 nachweist, sondern ein 2001 getreu durch den Hobby-Schnitzer Max Schnall nachgebildeter Esel, der begleitet von riesigen Palmstangen durch den Markt gezogen wird.

Das Brauchtum ist jedoch kein Selbstzweck. Nicht der Esel ist das Wichtigste an der Prozession, sondern der in der Eucharistie gegenwärtige Christus, der betend und singend durch den Ort getragen und dessen Opfer am Kreuz anschließend in der hl. Messe gefeiert wird. Mit der Feier des Palmsonntags leitet die Kirche die Hl. Woche ein und führt liturgisch hinein in das zentrale Geheimnis der Erlösung der Menschheit. Es sind alle Mitglieder der Pfarrei, aber auch alle Gäste und Kurgäste herzlich zur Mitfeier eingeladen.

Segnung der Palmzweige am Sonntag um 10 Uhr am Portalstöckl

Um 10 Uhr segnet Pfarrer Jörg Fleischer am Sonntag, 2. April, die Palmzweige am Portalstöckl, bevor die große Prozession durch den Markt beginnt. Im Anschluss findet der festliche, von Kirchenchor und Bläsergruppe mitgestaltete Gottesdienst in der Pfarrkirche statt. Vor und nach dem Gottesdienst werden Palmbüschel und Osterschmuck vom Missionskreis zugunsten sozialer Zwecke im Heiligen Land zum Verkauf angeboten. Bereits am morgigen Freitag sind Kinder, Jugendliche und Eltern von 13 bis 16 Uhr zum Palmbuschenbinden im Pfarrstadl in Pimmerling eingeladen, das von Mesnerin Elfriede Ramel organisiert wird.

− mn