PNP-Interview in New York
„Ich bin sehr beeindruckt“: Warum Kent Nagano den Audi-Jugendchor liebt

03.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:44 Uhr

Kent Nagano schwärmt von den jungen Sängern aus Passau, Regensburg und Ingolstadt. Hier ist er vor einem Plakat der Hamburger Elbphilharmonie zu sehen. −Foto: dpa

Sie waren zusammen in der Carnegie Hall New York und in der Hamburger Elbphilharmonie, am Freitag endet die Tournee mit Sean Shepherds „An einem klaren Tag“ im Kulturpalast Dresden. Der international gefeierte Dirigent Kent Nagano arbeitet seit 2008 eng zusammen mit der Audi Jugendchorakademie, an der Sänger aus ganz Deutschland – auch aus den Regionen Passau, Regensburg und Ingolstadt – beteiligt sind. Warum er diesen Chor so liebt, erklärte er im Interview mit unserer Zeitung in New York.

Herr Nagano, was begeistert Sie so an diesem Jugendchor?
Kent Nagano: Ein Jahr nach der Gründung des Chores kam die Bitte von Audi und von Musikern des Bayerischen Staatsorchesters, ob ich die Jugendchorakademie einmal anhören würde. Als ich gehört habe, wie Chorleiter Martin Steidler die Idee umgesetzt hat, war ich sehr beeindruckt von der Genauigkeit, von der puren Produktion von Vokalen und absolut klaren Diktion, von dem Respekt für Texttreue, von dem transparenten und gut definierten Klang – und von der Haltung, wie dieses Ensemble gemeinsam musiziert. Darum habe ich gesagt: Ich unterstütze diese Initiative und ich übernehme eine Rolle als Schirmherr. Wir haben mit Jörg Widmanns Oratorium „Arche“ die Elbphilharmonie eröffnet, wir waren mehrmals in der Berliner Philharmonie, mehrmals zusammen auf Tournee, wir waren im Vatikan beim Papst – und jetzt in der Carnegie Hall. Ich bin beeindruckt, wie der Chor mit jeder Generation noch ambitionierter wird.

Sie haben das Philharmonische Staatsorchester Hamburg erstmals in die Carnegie Hall geführt – was bedeutet das für Sie?
Nagano: Als ich nach Hamburg kam, gab es eine sehr harte Diskussion über Kosten und Bau der Elbphilharmonie – jetzt ist sie berühmt in der Welt als Zeichen für Hamburg und auch für ganz Deutschland. Das Philharmonische Staatsorchester überdauert den einzelnen Musiker und jeden Dirigenten. Es gab eine Zeit, als das Orchester dominant als Institution war, mit Impulsen von Georg Telemann im 18. Jahrhundert; Johannes Brahms hat uns dirigiert, Gustav Mahler, Eugen Jochum – das waren alles bedeutende Momente. Das Orchester trägt diese Tradition in die Zukunft, es ist eine Reflexion davon, was aktuell in der Gesellschaft geschieht. Und ich spüre, dass dies eine besondere Zeit ist für Hamburg und für das Staatsorchester, ein Anfang von einem neuen Zyklus. Wir sind glücklich und privilegiert, dass wir an diesem Moment teilhaben dürfen an der langen Geschichte dieses Orchesters.

Raimund Meisenberger