Vilshofen
„Es ist die Zeit für Optimismus und Mut“

Mehr als 500 Gäste beim Neujahrsempfang von Stadt und Landkreis Passau am Freitagabend in Vilshofen

15.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:28 Uhr

Die Gastgeber Landrat Raimund Kneidinger (l.) und OB Jürgen Dupper stießen auf ihren ersten gemeinsamen Neujahrsempfang an. −Fotos: Lampelsdorfer

Von Tanja Rometta

„Allein die Tatsache, dass überhaupt wieder eingeladen werden kann, ist ein Grund zur Freude.“ Landrat Raimund Kneidinger ist sichtlich gut gelaunt, als er am Freitagabend die Bühne des Vilshofener Atriums betritt. Seit gut zweieinhalb Jahren ist er im Amt, doch war es sein erster Neujahrsempfang, zu dem er gemeinsam mit dem Passauer OB Jürgen Dupper einladen konnte.

2019 hatte die Veranstaltung, die Stadt und Landkreis abwechselnd ausrichten, zuletzt in Vilshofen stattgefunden, 2020 nochmal im Passauer Rathaus. Schuld an der Pause war, natürlich, die Pandemie. Doch nun kamen mehr als 500 Gäste ins geschmückte Atrium des Vilshofener Gymnasiums, wo schon sechs Kaminkehrer warteten (PNP berichtete) − was an diesem Freitag, dem 13., bestimmt eine doppelt glückliche Fügung war.



Zusammenhalt macht die Region stark


Der Landrat jedenfalls freute sich, neben zahlreichen Vertretern aus Bundes-, Landes- und Lokalpolitik, Wirtschaft und Kultur aus Bayern und Österreich erstmals Bischof Stefan Oster zum Neujahrsempfang begrüßen zu dürfen. Und sogar den kroatischen Botschafter: Honorarkonsul Konrad Kobler hatte Gordan Bakota mitgebracht.

Kneidingers Bestandsaufnahme der aktuellen Lage fiel eher nüchtern aus, spornte aber für die Zukunft an. „Angesichts von Krieg und Gewalt ist wohl nicht die Zeit für launige Reden – aber es ist die Zeit für einen positiven Blick nach vorn, es ist Zeit für Optimismus und Mut. Denn so, wie uns ein gemeiner Virus nicht den Glauben an eine gute Zukunft rauben konnte, so wird das auch ein skrupelloser Despot nicht schaffen“, sagte er. „Das ist das Signal des heutigen Neujahrsempfangs.“

Diese Zuversicht sei berechtigt: „Gerade die letzten zwei Jahre haben gezeigt, was unser Gemeinwesen, was unsere Hilfsorganisationen, was unser Ehrenamt zu leisten vermag. Und jetzt, zu Beginn des neuen Jahres, ist wieder unsere ganze Kraft gefordert: Energiewende, Generationengerechtigkeit, Digitalisierung, Gesundheitsversorgung und vieles mehr – das Auftragsbuch für 2023 ist voll“, sagte der Landrat. Aufgaben, die es gelte, gemeinsam anzugehen: „Mit der Entwicklung unseres Landkreises zu einer bedeutenden Wasserstoff-Region Süddeutschlands. Mit einem modernen Seniorenkonzept, das viel mehr ist als nur der Blick auf Pflege und Krankheit. Mit einer Digitalisierungs-Offensive an unseren Schulen und in der öffentlichen Verwaltung. Mit einem Zukunftskonzept für alle unsere Krankenhausstandorte und unserer Mitwirkung am Medizin-Campus Niederbayern.“

Besonders stolz sei er auf das Engagement der Ehrenamtlichen im Landkreis, zuletzt für die ukrainischen Flüchtlinge. „Ich bin überzeugt, dass es der Zusammenhalt und das Gemeinsame ist, was uns stark macht und was uns voranbringt. Es ist nicht die Zeit der Ellbogenmenschen“, schloss der Passauer Landrat seine Rede unter Applaus.

Der zweite Gastgeber des Abends, Passaus OB Jürgen Dupper, entführte die Zuhörer in die fast heile Welt des „Bergdoktors“. Eine unaufgeregte Heimatserie mit schönen Bildern, die sich seit 15 Jahren ungebrochener Beliebtheit erfreut. Aber warum? Realitätsflucht vermutet Dupper nicht dahinter: „Die Menschen leben gerne in ihrer Heimat, in ihrem sozialen Umfeld.“ Und da zeige sich eine Kluft in der Gesellschaft, „zwischen den Wünschen und Alltagserfahrungen der Menschen auf der einen und der Rhetorik der politisch-medialen Klasse auf der anderen Seite“, so Dupper. „Diese kann die Gefühle der Menschen nicht mehr nachvollziehen nach Glaubwürdigkeit, Geborgenheit, Zuversicht und, ja, auch Heimatliebe. Sie wollen ernst genommen werden. Demokratie braucht Menschen mit Bodenhaftung. Stattdessen werden Partikularinteressen immer kleinerer Gruppen als Interessen der Allgemeinheit verkauft. Und wenn die nicht erfüllt werden, heißt es: Alles wird immer schlimmer.“

Zukunftspragmatismus gegen Herausforderungen

Dabei komme es genau auf diese „ganz normalen Leute“ an, „die niemals mit Böllern auf die Polizei schießen würden“, die „mit ihrer Anpack-Mentalität und Engagement unser Land zusammenhalten. Das sind die, auf die es ankommt. Die haben einen Anspruch darauf, dass wir sie zur Kenntnis nehmen“, so Dupper. Und auch in diesem „aus der Zeit gefallenen Krieg“ hätten genau diese Menschen ihre Menschlichkeit bewiesen: „Hunderte aus der Region haben wildfremde Flüchtlinge bei sich aufgenommen. Nein, ich bin nicht der Meinung, dass die Menschheit immer schlechter wird.“

Und dieses Gefühl der Meisten, „dass es gut ist, wie es ist“, sei auch belegbar: „Wohlstand, Bildung und Lebenserwartung haben sich nach oben entwickelt. Dennoch erwartet uns jedes Jahrzehnt ein neues Schreckensgemälde“, von der Überbevölkerung in den 70ern über das Waldsterben der 80er, das Ozonloch der 90er und zuletzt Corona, zählte Dupper auf. Szenarien, die man alle durch den Einsatz der Wissenschaft und der Bürger in den Griff bekommen habe. Die jüngste gute Nachricht sei da fast untergegangen: „Das Ozonloch schließt sich wieder.“ Duppers Fazit: „Wir brauchen Zukunftspragmatismus, um mit den Herausforderungen der Welt zurechtzukommen, und müssen die Interessen der Vielen wieder in Mittelpunkt stellen.“

Diese vertreten die Menschen unter anderem auf Demos: „Dieses unveräußerliche Recht auf freie Meinungsäußerung unterscheidet nicht zwischen Qualität der Meinung, das ist gut so. Wenn sich aber Extremisten an alten Kunstwerken vergreifen und neue Straßen blockieren, ist das eine Straftat“, stellte er klar. „Da werden Tausende völlig Unbeteiligter in ihrem Leben beeinträchtigt. Der Klimawandel ist da und muss bekämpft werden, aber nicht indem man den demokratischen Rechtsstaat angreift“, sagte er im Blick auf Lützerath.

„Auch in Passau gab es mal so eine Klebeaktion. Man sollte den Blick aber auf das andere Ende der Autoschlange richten. Nicht da hin, wo sich sich jemand überheblich festklebt. Sondern in das Auto, in dem die Mutter aus dem Landkreis sitzt, die einen genau getakteten Plan ausgeklügelt hat, um ihre Kinder in Schule und Kindergarten zu bringen, selbst pünktlich in die Arbeit zu kommen und danach wieder heim. Das mag dem Pattex-Fanclub wurscht sein, aber uns darf es nicht wurscht sein“, sagte Dupper. „Weil sie und 30000 andere Pendler unsere Region am Laufen halten und Alltagsmühen auf sich nehmen, weil sie keine staatlichen Transferleistungen in Anspruch nehmen wollen. Das verdient Respekt, und das sollte die Politik mehr in den Fokus nehmen.“

Als Skirennläufer Matthias Mayer kürzlich zwischen Training und Wettkampf seinen Rücktritt erklärt habe, fragte ihn der fassungslose Reporter, was er denn jetzt tun würde. „,Leben‘, hat er geantwortet. Und das wünsche ich Ihnen auch für 2023 – trotz aller Herausforderungen.“

Auszug aus der Gästeliste

Kirchen: Bischof Dr. Stefan Oster, Dekan Jochen Wilde
Bundes- und Landtag: Andreas Scheuer (Bundesminister a.D.) und Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU), Oskar Atzinger und Ralf Stadler (AfD), Christian Flisek (SPD) und Alexander Muthmann (FDP).
Ehemalige Parlamentarier: Altlandrat Franz Meyer, Dr. Klaus Rose, Honorarkonsul Konrad Kobler (alle CSU) und der kroatische Botschafter Gordan Bakota.
Bezirkstag: stv. Landrätin Cornelia Wasner-Sommer und Josef Heisl jun. (CSU), Angelika Eibl und Robert Schregle (AfD).
Bürgermeister: u.a. Altoberbürgermeister Willi Schmöller, die Passauer Bürgermeister Andreas Rother (SPD), Armin Dickl (CSU) und Erika Träger (FWG); Florian Gams (SPD, Vilshofen) und Karl Obermeier (CSU, Aidenbach).
Landräte: Altlandrat Hanns Dorfner (CSU), die stv. Landräte Roswitha Toso (FW) und Klaus Jeggle (SPD); Sebastian Gruber (CSU, Freyung-Grafenau), Edeltraud Plattner (CSU, stv., Rottal-Inn).
Bezirk: Regierungsvizepräsidentin Monika Linseisen.
Österreich: Bezirkshauptfrau Dr. Wilbirg Mitterlehner (Rohrbach), Bezirkshauptmann Dr. Rudolf Greiner (Schärding).
Wirtschaft: IHK-Präsident Thomas Leebmann, IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner, HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger und Dr. Jutta Krogull von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft.
Justiz: Landgerichtspräsident Rudolf Helmhagen.
Bildung: Kanzler Dr. Achim Dilling und Vizepräsident Professor Dr. Harald Kosch von der Universität Passau sowie Stefan Winter, Schulleiter Gymnasium Vilshofen.
Medien: von der Mediengruppe Bayern Alexander Diekmann.
Sponsoren: Werkleiter Gerhard Schwarz (Knorr-Bremse Aldersbach), Familie Wisspeintner und Geschäftsführer Prof. Dr. Martin Sellen (Micro Epsilon Messtechnik Ortenburg), von Eichberger Reisen Geschäftsführer Manfred Eichberger, Georg Huber (Brauerei Wolferstetter Vilshofen), Direktor Ralf Samland (Spielbank Bad Füssing), Vorstandsvorsitzender Manfred Asenbauer (Volks- und Raiffeisenbanken in Stadt und Landkreis), Vorstandsvorsitzender Christoph Helmschrott (Sparkasse Passau), Geschäftsführer Prof. Dr. Stephan Prechtl (Stadtwerke Passau), Geschäftsführerin Andrea Gais (Wohnungs- und Grundstücksgesellschaft Passau), Werkleiter Stefan Nowack (Klinikum), die Geschäftsführer Josef Mader und Klaus Seitzinger (Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen).