Landkreisgalerie in Neuburg am Inn
Erotik und Erotik ist Zweierlei: Stuck trifft Poncelet

Landkreisgalerie in Neuburg kreuzt die Blicke von Franz von Stuck und belgischem Grafiker

04.12.2022 | Stand 18.09.2023, 20:53 Uhr
Gabriele Blachnik

Blicke auf das Motiv der Theaterfigur „Monna Vanna“. Wenn sie nur mit einem Mantel bekleidet zum Kommandeur des Feindes geht, kann sie den Einwohnern der belagerten Stadt Pisa zu eine Lebensmittellieferung verhelfen. Bronzeplastik und Gemälde von Franz von Stuck (um 1920), im nächsten Bild eine Zeichnung des Grafikers Alain Poncelet (2002). −Foto: Blachnik

Als Künstler, der aus dem heutigen Landkreis Passau stammt und in München zum „Malerfürsten“ wurde, taucht Franz von Stuck (1863-1928) regelmäßig in der Region auf, auch, nachdem die Ausstellungsräume in seinem Geburtshaus in Tettenweis stillgelegt wurden. Aktuell hat die Stuck-Urenkelin Regina Heilmann-Thon eine Ausstellung in der Landkreisgalerie auf Schloss Neuburg kuratiert, die erotische Werke des Jugendstil- und Symbolismus-Künstlers zeitgenössischen Zeichnungen des Belgiers Alain Poncelet gegenüberstellt. Der Grafiker und Illustrator ist schon seit vielen Jahren von Stucks Frauenbildern fasziniert.

Solche „Gekreuzten Blicke“ auf gleiche Motive, wie die Ausstellung betitelt ist, bekommt der Besucher nur wenige zu sehen. Zum Beispiel eine Gegenüberstellung von Stucks Entwurf zu „Pest“ von 1913 und Poncelets korrespondierender Zeichnung „Die Pest“, entstanden 100 Jahre später. In beiden Darstellungen steht eine Frau mit nacktem Oberkörper und hohlen Augen im Mittelpunkt eines düsteren Hintergrunds, im Stil treffen zwei Welten aufeinander. Der belgische Grafiker ist auf Bildergeschichten in Form von abgeschlossenen Graphic Novels spezialisiert, gestaltet auch Cover oder Plakate. Plakativ im Sinne von schnell erfassbar dank eines sicheren Strichs sind auch viele seiner erotischen Zeichnungen, die den Großteil der Ausstellung ausmachen.

Poncelet hat sich vom Ambiente der Neuburg zu einigen Serien inspirieren lassen. Bei einem Vorbesuch hatte er eines seiner Modelle dabei. Die nackte Schönheit räkelt sich im Wald rund um die Neuburg, gerät in einen fantastischen Kampf mit dem Teufel oder geht eine subtile Beziehung mit einem der Raben des Bildhauers Dominik Dengl ein, die im Burghof wachen. Besucher mit weniger Bedürfnis nach solcher Erotik finden vermutlich jene Zeichenserien interessanter, die mit dem Gespenster-Motiv spielen. Hier lässt die Verhüllung des Modells mit einem Tuch mehr Spielraum für Fantasie.

Gabriele Blachnik


Bis 8. Januar in der Landkreisgalerie auf Schloss Neuburg am Inn, geöffnet Di. bis So. 11-17 Uhr; am 24. und 31.12. geschlossen