Holzkirchen
Als Holzkirchen noch eine Volksschule hatte: Vortrag lockt ehemalige Schüler ins Gemeinschaftshaus

10.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:08 Uhr

Das Theaterstück „Die Blaue Blume“ unter der Leitung von Lehrerin Herta Enzler, war eine der bekanntesten Theateraufführungen der Volksschule. −Fotos: Bauer/Archiv Niederhofer

Von Anna-Lena Bauer

„Ich hab damals am ersten Schultag gleich eine Watschn bekommen und wollte am zweiten Tag gar nicht mehr in die Schule“, erinnert sich Martin Scheuer. Er und viele andere frühere Absolventen trafen sich im Dorfgemeinschaftshaus von Holzkirchen.

Anlass war die Vorstellung des Buches von Dr. Karl Niederhofer über die Geschichte der Volksschule Holzkirchen, welche vom Förderkreis Schloss Ortenburg und dem Dorfverein Holzkirchen organisiert wurde.

Das Geheft beschreibt sehr detailliert die historischen Stationen von der Entstehung der Schule im Hochmittelalter, ihrer besonderen Stellung als Hauptpfarrei des Bereiches Ortenburg, bis hin zu ihrer Auflösung am 31. Juli 1971. Auch viele damalige Klassenfotos ab 1900, Schulveranstaltungen und Episoden des reichen Dorflebens sind darin abgedruckt. 2019 hatte Karl Niederhofer bereits über dieses Thema einen Vortrag gehalten.

Unter den Besuchern waren Geschichts-Interessierte, die neben den einstigen Schülern nahezu den ganzen Saal im Dorfgemeinschaftshaus füllten.

Bruder von Karl und zweiter Herausgeber des Buches, Alfons Niederhofer, hielt einen kurzen Vortrag und übergab das Wort anschließend an den Autor Karl Niederhofer. Dieser stellte den Inhalt des Buches knapp aber auch humorvoll dar. Die Besucher waren keineswegs gelangweilt von der Geschichte, sondern hörten dem Verfasser sehr interessiert zu.

Besonders die Klassenfotos weckten Erinnerungen an früher. „Da ist ja meine Mutter drauf!“, freute sich eine Besucherin. Es folgten weitere Klassenfotos, bei denen allerdings weniger die Schüler, sondern die Lehrer im Fokus standen. Vor allem die damals ausgeübten Strafen sind Karl Niederhofer noch in Erinnerung geblieben. „Wenn ich schreiend auf der Treppe gelaufen wäre, hätte mich Frau Enzler wahrscheinlich geohrfeigt “, erinnert er sich.

Speziell die damalige Lehrerin Frau Enzler ist den Schulgängern besonders im Gedächtnis geblieben. „Sie war das kulturelle Zentrum von Holzkirchen von 1940 bis zur Schließung der Schule“, meinte Karl Niederhofer. Sie organisierte Theateraufführungen wie die „Blaue Blume“ oder brachte den Kindern das Orgelspielen bei.

Geheiratet hat sie wegen der Schule nicht. „Denn früher hat eine Lehrerin bei einer Heirat ihren Beamtenstatus verloren und durfte nicht mehr unterrichten“, erzählte Karl Niederhofer. Das Schulgebäude erinnere heute allerdings eher an einen „Lost Place“, da sie durch die Jahre schon sehr baufällig geworden ist, wurde bedauernd festgestellt.

Alfons Niederhofer betonte, dass das Buch nicht nur lokal Bezug zur Geschichte herstelle, sondern auch exemplarisch ist für ganz viele Dörfer in der Umgebung, die ähnliches erlebt haben. Bedankt hat er sich bei seinem Bruder mit einer speziellen Holzkirchener Spirituose. Die Besucher zeigen sich durch Spenden am Ende der Veranstaltung erkenntlich.

Nach der Veranstaltung blieben aber noch einige Zuschauer im Saal und unterhielten sich über die alte Zeit. „Besonders in Erinnerung ist mir die Schulspeisung geblieben. Man wusste genau, wann es wieder die Nudelsuppe vom Unteren Wirt gab, denn am Dorfbrunnen sind vom Auswaschen des Topfes immer die Nudeln rumgelegen“, erinnert sich Klaus Böhme.

Es gab neben der Suppe nur zwei weitere Gerichte, die abwechselnd angeboten wurden: eine Tafel Schokolade oder warmer Kakao mit einer Semmel. Dafür, musste jeder sein eigenes Geschirr mitnehmen.

Erwähnenswert war auch der ungemütliche Schulweg der Kinder im Winter. Neben einem ohnehin schon weiten Fußweg, musste man teilweise bei mehr als -30˚C den Weg bestreiten. Alles in allem wurde die Schulzeit für die Ehemaligen allerdings sehr familiär empfunden. Damals, eine Zeit an die man sich auch heute noch gern erinnert.