Landestheater Niederbayern
Unterhaltsame Komödie „Der Diener zweier Herren“ bei Burgenfestspielen in Passau

30.06.2024 | Stand 30.06.2024, 13:17 Uhr |

Er ist der Knaller des Abends: Stefan Merten als Truffaldino. − Foto: Peter Litvai

Commedia dell’arte – die italienische Stegreifkomödie, die es ab dem 16. Jahrhundert gibt, die nur Typen und keine Charaktere kennt, die mit Masken und Artistik die Welt der einfachen Leute karikiert, geht das heute noch? Das Landestheater Niederbayern bewies: Ja, es geht! Für die Burgenfestspiele inszenierte Markus Bartl Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren“, das erste Stück des Improvisationstheaters, das niedergeschrieben wurde. Am Freitag war auf der Veste Oberhaus in Passau Premiere.
Der Regisseur lässt zusammen mit seinem Ausstatter das Spiel in einer knallbunten Bühnenarena mit hohen Stufen spielen. Ansonsten verzichtet er – ganz in der Tradition der Commedia – auf Bühnenbilder und Requisiten. In großen Lettern ist der Spielort Venice zu lesen. Am Bühnenrand hängen venezianische Fahnen; der goldene Löwe ist zu erahnen. Diese Arena in Popfarben hat vier Abgänge und macht so ein turbulentes Hin und Her möglich, ebenso ein Spiel auf mehreren Ebenen. Wobei die Schauspieler um das schnelle Bewältigen der hohen Stufen nicht zu beneiden sind! Die Kostüme haben subtile Anklänge an die Commedia. So findet sich das berühmte Harlekin-Karo – abgewandelt in Schwarzweiß oder auch mal in Schwarzgelb – mal als Hose, T-Shirt, Schuh, Pulli, Socken, Leggings und Schürze wieder.
Der Knaller des Abends ist Stefan Merten als Diener Truffaldino. Der Rolle, die viel Körpereinsatz verlangt, legt er mit Artistik – vom Kopfstand bis zum Jonglieren –, Leichtigkeit und Temporeichtum aufs Bühnenparkett. Nicht nur Smeraldina (Katharina Schmirl) findet: „Er ist zu süß“. Das Herz des Publikums fliegt ihm im Eiltempo zu. Ist er der verspielte, schlitzohrige Harlekin, so ist sein Widerpart als Spaßmacher in dieser Inszenierung Silvio, gespielt von Paul Behrens. Er sticht vor allem in Mimik und Körpersprache als klassischer Clown ins Auge, wie er noch heute oft in der Zirkusarena steht. Der tollpatschige Sohn des lateinisch parlierenden Dottore Lombardi (Alexander Nadler als Mafiosi-Typ) braucht von seinem Vater Anleitung in Sachen Umgang mit Frauen. In schnelle Gänge kommt er dagegen in super choreografierten Fechtszenen mit Beatrice. Larissa Sophia Far spielt die als Mann Verkleidete, die auf der Suche nach ihrem Geliebten ist. In Nadelstreif gekleidet gibt sie einen burschikosen und willensstarken Burschen. Dass ihr Geliebter Florindo in der gleichen Herberge übernachtet und ihren Diener in ebendieser Funktion angestellt hat, weiß sie natürlich nicht. Benedikt Schulz spielt ihn als eleganten Business-Mann. Die Fäden aller Personen laufen bei Pantalone zusammen, dem gichtigen Kaufmann, der seine Tochter gut verheiraten will. Joachim Vollrath mimt ihn als nur scheinbar listigen Geschäftsmann mit Hut, Weste, Trenchcoat. Er trägt einen sogenannten Schottenrock, der das Karomuster wieder aufnimmt, und Pumps. Warum, das erklärt sich in der Inszenierung nicht. Seine Tochter Clarice (Tabea Günther), kindlich mit Bärli ausgestattet, darf viel seufzen und ist doch beharrlich im Verfolgen ihres Zieles: Heirat mit Silvio. Zum Amüsement tragen auch noch zwei Randfiguren bei: Wirt Brighella (Reinhard Peer) und sein Kellner (Tómas Asensio).
Neben dem schnellen Spieltempo zeichnen diese Inszenierung noch feine Gags aus, z. B. die Fotografie-Szene am Beginn mit sogenannten eingefrorenen Bildern, das Darstellen (Truffaldino, Smeraldina) eines Baumes, der ein Blatt verliert oder das Ausagieren von Sprichwörtern. Da schnappt Truffaldino doch tatsächlich laut schmatzend nach Luft, um die Kleidung seiner beiden Herrschaften zu lüften. Köstlich auch, das gleichzeitige Bedienen seiner Herren, als er dann endlich etwas zu essen bekommt.

Edith Rabenstein


Weitere Vorstellung in Passau auf der Veste Oberhaus: 5. Juli, 20 Uhr

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