Der musikalische Weg führte von der Heiterkeit der Gebirgslandschaft in die Weite des bayerischen Waldes, in die Tiefen der Sehnsucht und der Schwermut: Das Heinrich-Schütz-Ensemble Vornbach unter der Leitung von Markus Bauer und das Ensemble Zeidlang haben am Wochenende im Schloss Zell an der Pram und im Passauer Rathaussaal von den Freuden und Sehnsüchten in den „Bavarian Highlands“ erzählt.
Der Titel des Programms hatte seinen Hintergrund: Der englische Komponist Edward Elgar (1857-1934) verbrachte mit seiner Frau Alice die Sommerferien in Oberbayern und sie ließen sich von der Landschaft zu Musik und Lyrik anregen. Edward Elgar vertonte die Gedichte seiner Frau zu einem sechsteiligen Werk für Chor und Piano, in das Stimmungen bayerischer Volksmusik, Liebeslieder, aber auch Betrachtungen der Landschaft einflossen.
Für den Chor wurde Elgars Werk durchaus zu einer Herausforderung, die in jeder Hinsicht bravourös gemeistert wurde: Da war ein frech-fröhlicher Tanz, eine romantisch-bewegte Ge-schichte von einem verschmähten Liebhaber, ein zartes Schlaflied, musikalische Landschaftsbilder und am Ende ein furioser Aufmarsch der Schützen – alles höchst brillant begleitet von Anna Gebhardt am Klavier.
Sehr klug war die Aufteilung von Elgars Werk auf vier Blöcke, denn dadurch wurde der musikalische Bogen des Komponisten zu einem Rahmen und Hintergrund, der viel Platz ließ für das Ensemble Zeidlang mit Matthias und Maria Deger und Anna Gruchmann. „Zeidlang“ – so Matthias Deger, stehe auch für Sehnsucht, und die Musik von Zeidlang geht in die Tiefe des Gemüts durch die feinen Stimmen, durch die behutsame Instrumentalisierung mit Akkordeon, Klarinette und dem Kontrabass. Es sind Gesänge mit viel Raum zum Atemholen und Sinnieren, die auch von der verlorenen, unsicher gewordenen Heimat erzählen, weit weg von beschaulicher Landschaft und betulichem Lebensgefühl.
Und da geht es immer wieder auch um eine Frau, die aus dem Bayerischen Waldes ausbrechen wollte, die aber zeitlebens, auch nach ihrer Auswanderung nach Chicago, voller Sehnsucht nach ihrer Heimat war: Emerenz Meier (1874-1928). Ihr waren gewissermaßen zwei Uraufführungen von Matthias Deger (geb. 1989) zum 250. Geburtstag geschenkt: „Mein Wald, mein Leben“, ein berührendes Gedicht voll Heimweh, bei dem die Solostimme von Maria Deger regelrecht umfangen war von der Weite des in drei Stimmblöcke geteilten Chores, glühendes Lebensgefühl dicht am Rand der Schwermut. Von Sehnsucht und unerfüllter Liebe in der Seele von Emerenz Meier erzählt Matthias Deger in „Verlassen“ – wieder ein ausdrucksstarkes Werk, bei dem das Heinrich-Schütz-Ensemble alle Gefühle in kraftvolle Klänge und Stimmen umzusetzen weiß, ohne jemals pathetisch zu wirken.
Da passten auch die von Peter Wittrich (geb. 1959) vertonten Lieder von Heinrich Heine – auch er war ein Mensch, der die Freiheit liebte und voll Sehnsucht blieb, auch diese Lieder für den Chor abwechslungsreich anspruchsvoll, bewegend dicht und pointiert interpretiert.
Langer Jubel und Standing Ovations für diesen Blick in die bayerische Seele.
Hans Würdinger
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