Bei einer Gedenkfeier zum Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November hat Oberbürgermeister Jürgen Dupper der Millionen Menschen jüdischen Glaubens gedacht, die im Nationalsozialismus aus blindem Rassenwahn ermordet wurden. Den jüdischen Mitbürgern und Freunden in Israel, die vor gut einem Jahr ein weiteres Trauma erfahren mussten, wünschte er einen baldigen gerechten Frieden.
Weit über 100 Bürger nahmen teil
Weit über 100 Bürger hatten sich am Samstagnachmittag zu diesem Gedenken am Mahnmal an der Innpromenade eingefunden, darunter Elias Schulmann von der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing, Dompropst Michael Bär und Dekan Jochen Wilde, Bezirksrat Stephan Gawlik, stv. Landrat Hans Koller, die Bürgermeister Armin Dickl und Erika Träger mit zahlreichen Stadträten, Amtsgerichtsdirektorin Kunigunde Schwaiberger, Uni-Präsident Ulrich Bartosch, Polizeichef Stefan Schillinger, Schulamtsleiter Klaus Sterner und Verena Hartmann vom DGB Niederbayern.
Andacht an den Stolpersteinen am Vortag
Mit dabei war auch eine Schülergruppe des Gymnasiums Leopoldinum, die schon am Vortag eine Andacht an den „Stolpersteinen“ in der Ludwigstraße gehalten hatte.
Dupper erinnerte an die Schrecken des 9. November 1938, eine Nacht, die den „Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden ab 1933 hin zu ihrer systematischen Vertreibung, Unterdrückung und Ermordung markierte“. Historiker gingen von 2000 Todesopfern in dieser Nacht aus, 30 000 Menschen jüdischen Glaubens seien in Konzentrationslager verschleppt worden. Nur wenige Jahre später habe die systematische Vernichtung jüdischen Lebens begonnen.
Dupper: Antisemitismus entwickelt sich neu
Wie ist es heute um die Einstellung gegenüber Juden und Israel in Deutschland bestellt? Nach wie vor gebe es den „dumpfen alten Antisemitismus“ und gewaltbereite Neonazis. Neu entwickle sich, so Dupper, der „jede Woche in Berlin und darüber hinaus sichtbare Antisemitismus Zugewanderter, die ganz und gar nicht der Meinung sind, dass die Ablehnung antisemitischer Haltung zur Staatsräson gehören soll“.
Und neu sei auch der Antisemitismus in Teilen linker Kreise, die bei der „Umdeutung der Geschichte im kolonialen oder postkolonialen Gestrüpp ihres Denkens“ den klaren Blick auf die Dinge verloren hätten. Als Beispiel erwähnte Dupper die Ereignisse wenige Tage zuvor in Amsterdam, als propalästinensische Jugendliche auf die Fans von Maccabi Tel Aviv Jagd machten. Dupper nahm aber auch die Regierenden in die Pflicht: Die aktuellen Krisen hätten bei manchen zu Gefühlen der Überforderung geführt und die Sehnsucht nach einfachen Lösungen befeuert. Um so wichtiger sei es, dass die Regierenden die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen und Probleme lösen: „Aus Angst kann Wahn entstehen und schließlich Hass und Aggression.“
Dompropst Michael Bär zitierte aus einer von der Erschütterung kurz nach dem Krieg geprägten Fastenpredigt Karl Rahners und wünschte im Segensspruch allen Vertrauen, Mut, Vernunft und Gelassenheit. Musikalisch gestalteten die Gedenkfeier die Diözesanblechbläser unter der Leitung von Michael Beck.
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