Von wegen Schweizer Gemütsruhe. Wenn Elia Schmid an der Platte steht, geht’s ab. „Ja, ich werf’ mein Herzblut da rein, ich bin ein Stimmungsspieler, ich kann gar nicht anders“, sagt der Eidgenosse in Diensten des Tischtennis-Zweitligisten TTC Fortuna Passau.
So gut wie jeder gewonnene Ball wird mit einer geballten Faust und einem Urschrei gefeiert, und auch wenn die Kollegen im Einsatz sind, wird angefeuert, was das Zeug hält. „Elia ist die Stimmungskanone im Team“, sagt Fortunen-Pressemann Manfred Hirschenauer über den Rechtshänder aus Winterthur, der vor der Saison aus Wil nach Niederbayern gewechselt war – und gerade sein erfolgreichstes Tischtennis in Diensten der Passauer spielt.
Zu den beiden Erfolgen der Fortunen am zurückliegenden Doppelspieltag in Velbert und beim 1. FC Köln trug der an Position drei spielende Schmid mit zwei Doppel- und drei Einzel-Erfolgen ganz wesentlich bei. Auch dank ihrer Schweizer Stimmungskanone klopfen die Passauer in ihrer 24. Zweitliga-Saison ganz oben an in der Tabelle. „Ich bin froh, dass ich mein A-Game abrufen konnte“, sagt Schmid eher bescheiden. Aber die Zahlen lügen nicht: Mit 10:8 Siegen hat sich der 28-Jährige nach elf Spieltagen eine positive Bilanz in der 2. Tischtennis-Bundesliga erarbeitet. Der Stimmungsspieler fühlt sich angekommen. „Ich fühle mich wohl in Passau, wir haben eine super Truppe hier, das sind alles Stimmungskanonen“, gibt er lachend zurück. Überhaupt: „In Deutschland rührt sich einfach mehr im Tischtennis. Deswegen wollte ich auch hierher. In der Schweiz geht es beim Tischtennis doch sehr ruhig zu“, sagt Schmid.
Acht-Stunden-Job in der Notrufzentrale
Der Schweizer nimmt für sein Engagement im bayerischen Osten viel in Kauf. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten in Deutschlands zweithöchster Tischtennisliga ist er kein reiner Profi. Nach dem Abitur, wie in Österreich sagen die Schweizer Matura dazu, hat er eine kaufmännische Ausbildung gemacht. Von Montag bis Freitag, von neun bis 17 Uhr, arbeitet Schmid in Winterthur im Büro der Notrufzentrale, einer Tochterorganisation des Schweizer Roten Kreuzes. Die Nationalmannschaftskarriere hat er schon 2016 aufgegeben. „Ich wollte noch etwas anderes machen außer Tischtennis“, sagt Schmid. „Von meinem Sport könnte ich hier in der Schweiz ja auch gar nicht leben“, setzt er lachend hinzu. Seither konzentriert er sich auf den Vereinssport. Und das ist mit einem Vollzeitjob im Rücken aufwändig genug. Die Stunden, die er wegen seines Sports verpasst, arbeitet Schmid nach. Aber Improvisieren ist der Schweizer ja gewohnt. Mit seinem Vater hat er im Keller des Elternhauses in Meiringen die ersten Schläge an der Tischtennis-Platte gemacht. Weil sich da im Lauf der Zeit manches Nicht-Lehrbuchmäßige einschlich, stieß er zu Beginn seiner Karriere immer wieder an Grenzen.
„Da konnten sie mich nicht mehr wegschieben“
„Man hat mir gesagt, so kommst du nicht weiter“, erinnert sich Schmid. Kam er doch. „Als ich in der U13 Schweizer Meister wurde, konnten sie mich nicht mehr wegschieben“, stellt er fest. Er hat sein Repertoire natürlich vervollständigt, aber eines ist geblieben: Wegschieben lässt sich Elia Schmid nicht mehr. Voller Vorfreude sieht er dem Topspiel mit den Fortunen am Sonntag, 9. Februar, gegen Tabellenführer TTC Jülich entgegen. Und dann ist da noch der Traum vom Liga-Finale im April gegen den TV Hilpoltstein. „Ein bayerisches Duell um den Titel – das wär’s“, sagt Schmid. Eines ist jetzt schon sicher: Er wird sich voll reinwerfen, der Stimmungsspieler aus der Schweiz.
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