„Die Erinnerungen tanzen weiter“
Club Cute Room schließt - warum ist das Passauer Nachtleben so still geworden?

06.11.2024 | Stand 06.11.2024, 12:52 Uhr |

Die Ruhe vor dem Sturm nutzt Mitarbeiter Philipp Kufner im „Journey“ für Vorbereitungen an der Theke. Die Bar an der Ecke Schustergasse/Schrottgasse gehört zu den Fixsternen, die noch am Passauer Abendhimmel glühen. − Foto: Danninger

Das Clubsterben in Passau geht weiter. Jetzt hat der „Cute Room“ dicht gemacht.

  

Geschäfte öffnen, Geschäfte schließen – das gehört dazu, Handel ist Wandel. Wenn aber ein Club oder eine Disco schließen, dann hängen da Erinnerungen dran, an durchtanzte Nächte, an Liebe und Drama...

Deshalb ist das Aus für den „Cute Room“ mehr als eine normale Geschäfts-Notiz. Das liest man aus den nahezu poetischen Zeilen, mit denen der Techno-Club in der Dr.-Hans-Kapfinger-Straße im Internet verabschiedet wird: „Der Bass verstummt, doch die Erinnerungen tanzen weiter.“

Emotionale Abschiede



Wie wichtig ein solcher Ort für das Gefühlsleben junger Leute ist, das springt auch aus diesem Abschieds-Text: „Es war viel mehr als ein Club; es war ein Zuhause für alle, die sich im Beat verlieren wollten. Ein Stück von uns bleibt hier, zwischen den Wänden und den Bullaugen, wo der Bass und die Euphorie auf ewig widerhallen.“ Drei Abende lang nahm die Fangemeinde Abschied von ihrer Nachtzentrale.
 Warum schließt sie? „Der Pachtvertrag läuft aus. Er wurde sowieso nur mehr von Jahr zu Jahr verlängert, weil die Hauseigentümer sanieren wollen und sowieso was anderes mit der Immobilie vor haben“, sagt Mitinhaber Björn Andresen.

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Somit waren‘s nur noch drei – „Zauberberg“ am Klostergarten, „Institut für Spaß und Gesellschaft“ am Güterbahnhof und das „GO“ in der Kleinen Klingergasse. Dieses Trio stuft Gastro-Urgestein Andresen als echten Club oder Disco ein, je nach Sichtweise. Das Letztgenannte, das „GO“, betreibt er selbst, er öffnet an drei Tagen in der Woche – am Mittwoch (22 - 3 Uhr), und am Freitag und Samstag (je 22 - 4 Uhr).

Wieso gibt‘s nicht mehr Tage, warum nicht mehr Clubs? Wo ist die Vielfalt hingekommen? „Die Zeiten für solche Sachen werden immer schwieriger, zumindest hier in Passau“, stellt Andresen aus seiner Sicht fest. „Es sind nicht mehr so viele Leute, die von draußen rein fahren in die Stadt, weil das immer weniger Spaß macht“, zeigt er Verständnis für die City-Müdigkeit und schiebt ein positives Beispiel nach: „Wenn ich in Regensburg weggehe, dann ist da jede Menge geboten und es ist auch alles voll. Vielleicht sollte man sich da mal Gedanken drüber machen in der Stadt Passau...“

„Daheim bleiben ist den jungen Leuten ja anerzogen worden“



Hubert Scheungraber hat noch immer Corona im Blick: „Es wird schon noch Party gemacht, aber viel mehr im Privatraum wie früher. Ich höre es ja aus den Wohnungen in der Nachbarschaft“, sagt der Inhaber des „Journey“. Seine Bar an der Ecke Schustergasse/Schrottgasse in der Altstadt gehört zu den wenigen Fixsternen, die am Passauer Abendhimmel verblieben sind. „Es ist den jungen Leuten in der Corona-Zeit ja so anerzogen worden, dass sie daheim bleiben.“

Zustimmung von politischer Seite: „Durch Corona ist das Nachtleben abrupt weniger geworden“, sagt Bürgermeister und CMP-Vorsitzender Andreas Rother (SPD). WG-Parties hätten sich ausgebreitet und natürlich leide die Abend-Gastronomie darunter. „Früher hat man in Passau von einer Disco zur anderen ziehen können“, stellt Rother (Jahrgang 1974) fest.

Einst eine Kneipendichte wie Düsseldorf



Stimmt. „Smuggler‘s“, „Traumfabrik“, „Eiskalt“, „Extreme“, „Tor3“, „Empire“, „Plan B“, „Amadeus“, „Frizz“... über die ganze Stadt verstreut bebten die Tanztempel. Zu den jüngsten Opfern gehörten im vorigen Jahr das „Mein lieber Scholli“ und natürlich der Allzeit-Klassiker „Camera“. Der Abriss des Buchner-Hauses hat sie mit in die Tiefe gerissen. Vorbei auch die Zeiten, als sich in der Innstadt eine Kneipendichte bot wie in Düsseldorf, die Lederergasse am Abend voll war mit Menschen – aus und vorbei, oft weggeklagt von Anwohnern.

Bürgermeister Rother bedauert das: „Es ist ein Stück Kultur, das da leidet. Viele junge Leute sitzen ewig vor dem PC, haben das analoge Treffen mit anderen nahezu verlernt. Aber das muss ja nicht immer so bleiben, ein gewisses Angebot ist ja noch da und vielleicht werden sie irgendwann mal wieder mehr besucht.“

Vielleicht, aber aktuell geht es weiter, das Clubsterben in Passau.

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