„Ich bin wirklich wütend, richtig wütend“, brüllt Anwohner Herrmann Neumaier die Teilnehmer des zweiten Lärmspaziergangs der IG Lärmschutz Passau West am vergangenen Mittwoch an. Das Brüllen ist dabei nicht nur Ausdruck seiner Wut, sondern auch ein nötiges Übel, um überhaupt verstanden zu werden, hier direkt am rauschenden Autobahnverkehr der A3 in der Deglgasse.
Lärmschutzwall seit drei Jahren versprochen
Eigentlich dürfte man an dieser Stelle gar nicht mehr stehen können. Seit mittlerweile drei Jahren sollte genau hier ein Lärmschutzwall verlaufen. Doch der lässt auf sich warten – obwohl Grundstücke und Material längst bereit stehen. Verantwortlich für die Baumaßnahme ist die Autobahn GmbH in Zusammenarbeit mit der Stadt Passau. Weil beim Bund aber die Mittel knapp wurden und die Stadt eine bereits getroffene Vereinbarung nachverhandeln wollte, geht es seit Jahren nicht voran.
Anwohner: „Sind Bürger zweiter Klasse“
Wenn heute Autobahnen an bewohnten Gebieten entlang neu gebaut werden, plant man Lärmschutzanlagen grundsätzlich mit. Da der neun Kilometer lange Autobahnabschnitt Passau-Nord-Passau-Süd aber bereits 1979 errichtet und für den Verkehr freigegeben wurde, gelten für ihn die modernen Regeln nicht, erläutert Neumaier. Diese Ungleichbehandlung fasst er so zusammen: „Wir werden quasi als Bürger zweiter Klasse behandelt.“
Grenzwert mehrfach überschritten
Sinnvoll wäre der Wall dabei allemal, wie Bernd Sluka, Vorsitzender des VCD-Landesverbands Bayern, mit einem mobilen Lärmmessgerät aufzeigte. Während des Spaziergangs führte er in der Deglgasse zwei Messungen durch: Eine hinter dem ein Stück weiter nördlich bereits bestehenden Lärmschutzwall und eine an der Stelle, an der er seit Jahren gefordert wird. Das Ergebnis: Fehlt der Wall, ist es fast zehn Dezibel lauter, das entspreche einer Verzehnfachung des wahrgenommenen Verkehrsaufkommen, betont Sluka. In der benachbarten Richterstraße hatte der VCD im vergangenen November und Dezember sogar stationäre Lärmmessgeräte installiert. Auch deren Ergebnisse stellte der Verkehrsexperte beim Lärmschutzspaziergang vor: Gerade der Nachtgrenzwert von 55 dB(A) wurde im genannten Zeitraum mehrfach überschritten.
Für die Anwohner bilde der Lärm ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko, so Sluka. Er sei ein permanenter Stressfaktor für den menschlichen Körper, der sowohl physisch als auch psychisch krank machen könne.
Grünen-Fraktionsvorsitzende Auer: „Lärmschutz ist Gesundheitsschutz“
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat Stefanie Auer stellt dann auch klar: „Lärmschutz ist Gesundheitsschutz, deswegen ist uns das ein wichtiges politisches Anliegen.“ Für den Unmut der Anwohner hat sie Verständnis: „Natürlich frustriert das, wenn man etwas verspricht, nichts passiert und dann nicht einmal der Grund dafür kommuniziert wird. Das wäre die Aufgabe des OBs.“ Urban Mangold von der ÖDP fordert indes eine Initiative der Stadt, damit künftig auch bestehende Autobahnen selbstverständlich mit Lärmschutz ausgestattet werden.
Gemischtes Fazit nach Lärmspaziergang
Mitorganisator Gottfried Brunner zieht nach dem Spaziergang ein gemischtes Fazit, einerseits freue man sich, Grüne und ÖDP als Partner an seiner Seite zu wissen. Traurig sei es hingegen, dass die Verantwortlichen der Stadt sich nicht blicken ließen. Mit Blick auf die Zukunft zeigt sich Brunner entschlossen: „Wir werden weiter für den Lärmschutzwall kämpfen.“ Als Sofortmaßnahme fordere man außerdem Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 80 km/h für Pkw und 60 km/h für Lkw, mit denen man die Lärmbelastung augenblicklich und ohne Kosten eindämmen könne.
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