Mit Hilfe von Coach Maric
Aus Passau zu den Australian Open: Khumoyun Sultanov – Profileben in niederbayerisch-kroatischer Obhut

14.12.2024 | Stand 14.12.2024, 8:00 Uhr |

Im Daviscup-Einsatz: Khumoyun Sultanov aus Usbekistan treibt von Passau aus seine Karriere im Profi-Tennis voran. − Foto: Imago Images

Auf den Donauhöhen über Passau ist der Tennisclub Rot-Weiß zu Hause, dort hat der kroatische Trainer Lukas Maric seine Tennis-Akademie eingerichtet, und von dort aus macht sich regelmäßig sein Profi-Schützling auf den Weg zu großen internationalen Turnieren:

Khumoyun Sultanov, 26 Jahre alt, aus Usbekistan lebt seit gut zwei Jahren, von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, ein Profi-Leben mit Passauer Mittelpunkt. Das mit der heimlichen Karriere könnte nun allerdings bald vorbei sein: Khumoyun Sultanov hat sich für die Australian Open in Melbourne qualifiziert, spielt in der Qualifikation ab 6. Januar um einen von 16 Plätzen im Hauptfeld des ersten Grand-Slam-Turniers des Jahres.

„Das ist natürlich das Ziel“, sagt Sultanov. Er sagt es wie einer, der eine solche Chance als etwas ganz Normales ansieht. Ist es für den jungen Usbeken wohl auch. Seit den Zeiten auf der Junioren-Tour dreht sich beim ehrgeizigen Rechtshänder alles ums Vorwärtskommen in seinem Sport. Seit 2016 ist er Profi, bald folgten die ersten Viertel- und Halbfinalteilnahmen bei Challenger-Turnieren, bei der Sommer-Universiade 2019 gewann er Silber, kurz darauf erreichte Sultanov mit Rang 299 die bislang höchste Platzierung in der Weltrangliste. Bei den Asienspielen 2023 gewann Sultanov Bronze.

Appartement auf der Tennis-Anlage



In diesem Jahr sind durch Siege und Finalteilnahmen bei Challenger-Turnieren so viele Punkte zusammengekommen, dass nun das erste Grand-Slam-Turnier seines Tennis-Lebens ruft. Das Invest in den Sport beginnt sich auch finanziell auszuzahlen: Rund 130 000 US-Dollar an Preisgeldern hat „Khumo“, wie sie ihn beim TC Rot-Weiß rufen, bislang eingespielt. „Ich möchte meinen Platz unter den besten Tennisspielern der Welt haben“, sagt der Wahl-Passauer. Dafür tut er alles.

Seit zwei Jahren bei Lukas Maric an der Tennis-Akademie hoch über den Dächern von Passau. Der kroatische Ex-Profi hat den jungen Usbeken auf Empfehlung eines Landsmanns und langjährigen Tennis-Weggefährten unter seine Fittiche genommen. Seit 2022 lebt Sultanov von April bis September in einem Appartement auf der Anlage des TC Rot-Weiß, liebevoll umsorgt von der Familie Maric, die auch das zugehörige Restaurant betreibt, und gefordert und gefördert von Tennistrainer Maric. „Wir waren von Anfang an überzeugt, dass Khumo es unter die Top 100 der Welt schaffen kann“, sagt Maric.

Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, musste allerdings erstmal am Grundsätzlichen gearbeitet werden. Maric erinnert sich an einen zurückhaltenden, beinahe schüchternen Jungen, der ihm anfangs gegenüberstand und dessen starke Glaubenswurzeln an der einen oder anderen Stelle das Profi-Streben gar konterkarierten. „Kein Gott hat was davon, wenn du auf dem Boden schläfst“, hat Maric seinem Schützling bei gemeinsamen Turnierreisen zugeredet.

Über Bangkok nach Melbourne



Selbstkasteiung und mönchisches Schweigen sind inzwischen überwunden, die kroatisch-niederbayerische Lebensberatung hat gefruchtet. Am Tennistalent gab’s ohnehin nie Zweifel. Maric charakterisiert den Usbeken als starken Baseline-Spieler, mit dem er viel am Netzverhalten gearbeitet hat. Die Rückhand, „sein dominanter Schlag“ hat nach Maric’ Ansicht gar Top-20-Qualität.

Glatt geht trotzdem nicht immer alles. Das Turnier vergangene Woche in Sharm el Sheikh hat Sultanov auf Anraten seines Passauer Trainers aufgegeben. Angesichts einer zwickenden Schulter wollte man nichts riskieren im Hinblick auf den nun anstehenden Vorbereitungs-Endspurt auf Melbourne. Am Montag ist der hoffnungsvolle Australian-Open-Starter zurück in die Heimat und zur Familie nach Taschkent geflogen. Dort wird mit einem Coach von Lukas Maric trainiert, bevor es am ersten Weihnachtsfeiertag zur Melbourne-Generalprobe nach Bangkok geht. Und Mama Maric wird wieder genau hinschauen bei den Übertragungen. Schon allein um zu sehen, ob „Khumo“ wieder das Schweißband trägt, das sie seit drei Jahren regelmäßig in der Wäsche hat.

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