Deggendorf/Kalteck
Tödlicher Raser-Unfall bei Kalteck: So begründet der Richter das Urteil

22.11.2019 | Stand 20.09.2023, 5:17 Uhr

Die Angeklagten mit ihren Verteidigern am Tag der Urteilsverkündung. −Foto: Roland Binder

Die Urteile im Kalteck-Prozess sind gefallen: Beide Angeklagte sind vor dem Landgericht Deggendorf zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der Richter sah es als erwiesen an, dass sich die beiden ein unerlaubtes Rennen geliefert hatten, bei dem ein Familienvater aus dem Landkreis Cham ums Leben gekommen war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Angeklagt waren ein 28-Jähriger und ein 54-Jähriger. Infolge der Fahrten der Angeklagten, die am 14. Juli vergangenen Jahres bei Kalteck (Landkreis Regen) stattgefunden haben, starb Familienvater Heiko A., Sohn Johannes wurde schwerst verletzt. Sein Leben lang wird der Bub mit den Folgen des Unfalls zu kämpfen haben. Die Angeklagten entschuldigten sich zu Prozessbeginn und auch am letzten Verhandlungstag persönlich bei Mutter und Witwe Beate A., im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs überwiesen sie der Familie jeweils 25.000 Euro.

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Oberstaatsanwalt Oliver Baumgartner hatte sechs Jahre Freiheitsstrafe für den 28-jährigen Audi-Fahrer gefordert. Für den 54-jährigen Motorradfahrer hatte er sechs Jahre und sechs Monate gefordert, da er sich auch noch wegen Unfallflucht zu verantworten hat. "Das ist eine Botschaft an alle potenziellen Raser", sagte Oliver Baumgartner. Der Verteidiger des jüngeren Angeklagten hatten für eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf Bewährung, plädiert. Der Verteidiger des Motorradfahrers forderte, es für seinen Mandanten bei einer Geldstrafe zu belassen.

"Es war schon ein besonderes Auto, Ihr Audi"

Der Vorsitzende Richter Georg Meiski legte den Männern in seinem Urteil die Teilnahme an einem unerlaubten Rennen mit Todesfolge sowie fahrlässige Körperverletzung zur Last. Der 54-Jährige wurde zudem wegen Unfallflucht verurteilt. An den 28-Jährigen gewandt, führte der Richter aus: "Es war schon ein besonderes Auto, Ihr Audi", durch seine Ausstattungsmerkmale habe der Wagen den "Zauber eines Rennwagens". Der Autoverkäufer hatte ihn gewarnt: "Der Wagen ist eine Waffe."

"Sie haben sich gegenseitig angestachelt"

Spätestens beim Umdrehen vor der letzten Abfahrt hätte klar sein müssen, dass die bisher gefahrenen Geschwindigkeiten zu hoch waren. "Sie haben sich gegenseitig angestachelt und zur Eskalation beigetragen", führte Meiski aus. Bei den Fahrten sei es nicht um bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen gegangen, vielmehr hätten "zwei Rennbegeisterte ihren Geschwindigkeitswahn" ausgelebt und dabei andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Vor allem der Audi-Fahrer habe seine Fähigkeiten überschätzt. Das Urteil solle zur Generalprävention dienen.

Richter: "Raserei auf Kalteck jahrelang bekannt"

"Wir wissen, dass die Raserei auf Kalteck schon jahrelang bekannt war", sagte Meiski über die berüchtigte Bergstrecke, "Jetzt ist was passiert." Wie man das künftig verhindern könne, verpackte der Richter in einen Appell: "Wir brauchen mehr Zivilcourage, wenn wir sehen, dass jemand ein Gesetz bricht."

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