Kirchberg
Eigerwand: Ein Bayerwaldler sucht das alpine Abenteuer

16.01.2019 | Stand 21.09.2023, 2:11 Uhr

Stefan Czernoch (links) und David Bruder an der Eiger-Nordwand. Der Spiegelauer Czernoch berichtete in einem packenden Vortrag bei der Regener Alpenvereins-Ortsgruppe über die Begehung der klassischen Heckmair-Route. −Foto: Privat

Die Eiger- Nordwand ist eine der drei großen Nordwände der Alpen und vielleicht sogar die berühmteste Nordwand der Welt. Auch 80 Jahre nach der ersten Durchsteigung dürfen sich nur versierte Alpinisten an die Riesenwand heranwagen. Einer wie Stefan Czernoch aus Spiegelau, der in einem Bilder-Vortrag bei der Alpenvereins-Ortsgruppe Regen im Haus der Bienen von diesem Abenteuer berichtete.

Bekannt wurde die Wand vor allem durch die dramatischen Erst-Durchsteigungsversuche in den 1930er Jahren. Für die 1800 Meter hohe Wand mit 3,5 Kilometern Kletterstrecke braucht es neben den physischen und technischen Fähigkeiten auch eine gehörige Portion mentaler Stärke.

Stefan Czernoch ist vom Fußball zum Wandern gekommen, dann übers Klettersteiggehen und Berglaufen schließlich zu seiner Leidenschaft Skihochtouren und zu extremen Bergabenteuern.

Mit dem Bergführer David Bruder aus München stimmte von Anfang an die Chemie. Eis- und Schnee- Trainingstouren in den bayerischen Alpen standen am Anfang, es folgten alpinistisch anspruchsvolle Ziele wie etwa die Matterhorn-Nordwand, Weisshorn- Überschreitung und zahlreiche Skithochtouren im Berner Oberland sowie im Montblanc-Gebiet.

Im April 2015 war es soweit: Czernoch und Bruder stiegen bei perfekten Verhältnissen in die Eigerwand ein. Über den "Zerschrundenen Pfeiler" geht es auf der Route der Erstbegeher rund um den Bayern Anderl Heckmair zunächst in leichter Kletterei bis zum "Schwierigen Riß" und weiter zum "Hinterstoißer-Quergang". Eine Meisterleistung des Reichenhallers Andreas Hinterstoißer in den 30er Jahren mit der damaligen Ausrüstung, heute ist diese ausgesetzte Stelle mit Fixseilen entschärft.

Vorbei am ersten Eisfeld geht es vom "Schwalbennest" durch einen Eisschlauch auf das zweite Eisfeld. Die Schwierigkeiten in der Kletterei liegen meist in der ungünstig nach unten geschichteten Felsart, die stellenweise sehr brüchig ist. In Czernochs Gedanken kreiste immer wieder die Frage, wie lange halten die Waden? Das permanente Stehen auf den Frontalzacken der Steigeisen erfordert ein Höchstmaß an die Muskulatur. Nach zwölf Stunden Kletterei können sie sich unterhalb des Todesbiwaks eine Schneemulde zum Übernachten freischaufeln. An bequemen Schlaf ist an dieser exponierten Stelle nicht zu denken, trotzdem ist es ein Erholungspunkt.

Morgens verliert Czernoch seine Handschuhe, Ersatzhandschuhe sind nicht eingepackt, in solch extremen Situationen ein fataler Fehler, da ein Rückzug nicht mehr möglich ist und Gipfel und Abstieg noch weit entfernt sind. Weiter geht’s mit den Ersatz-Handschuhen seines Kameraden. Über das 3. Eisfeld geht es in den Wasserfallkamin. Dünn mit Eis glasierter Fels verlangt höchste Konzentration und ist schwierig zu klettern.

Anschließend erreicht man den "Götterquergang", eine 130-Meter-Querung in einem steilen Schneefeld mit dürftigen Sicherungsmöglichkeit. Die beiden Bayern bekommen von prominenter Seite die idealen Bedingungen in der Wand demonstriert: Dani Arnold, Schweizer Extrembergsteiger und zeitweise Rekordhalter in Sachen Speed-Begegung mit 2:28 Stunden, zieht vorbei. Die Kraftanstrengungen und das ausgesetzte Klettern machen sich bemerkbar, Czernoch spürt vor dem Quarzriß und den Ausstiegsrissen Richtung Mittellegrigrat seine Finger nicht mehr. Nur durch energisches Armkreisen erholen sich langsam die starren Glieder. Sechs Stunden nach dem Biwak ist der Gipfel erreicht. Nach dem Abstieg über die Eigerjöcher, vorbei am Mönch, tauchen die beiden Bergsteiger ausgezehrt, aber wohlbehalten wieder ein in den Tourismusstrom vom Jungfraujoch in Richtung Grindelwald.

Großen Applaus gab es im Haus der Bienen von den zahlreichen Zuhörern der Ortsgruppe für den spannenden und bildgewaltigen Vortrag von Stefan Czernoch. Hans Bredl gratulierte zu dieser außergewöhnlichen Leistung und überreichte einen Südtiroler Tropfen für nicht so anstrengende Touren. Welche Ziele in Zukunft noch anstehen? Die Frage ließ Czernoch offen. Viele schöne Skitouren auf die 4000er der Westalpen warten ebenso wie die dritte der großen Nordwände an den Grandes Jorasses bei Chamonix.

Auch zwei Ehrungen standen im Ortsgruppen-Treffen auf dem Programm. Sepp Plötz wurde für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt, Birgit Hecht-Weidmann ist sogar schon seit 50 Jahren beim DAV. Die Ortsgruppe trifft sich wieder im Haus der Bienen in Kirchberg am Dienstag, 29.Januar. Dann gibt es einen Vortrag von Christian Wolf über Skitouren in Norwegen zu sehen. Beginn ist 19.30 Uhr. Infos gibt es unter www.dav-ortsgruppe-regen.de.

− bb