Auf den ersten Blick ist die Realschule Schöllnach (Landkreis Deggendorf) eine ganz normale Schule. Und auch auf den zweiten. Aber wo in anderen Schulen Hefte und Tafeln benutzt werden, gibt es in Schöllnach auch Whiteboards und Tablets. Die Realschule in Schöllnach ist eine sogenannte "digitale Schule". Als eine von lediglich zwei Realschulen in ganz Bayern wird hier eine neue Form des Unterrichts erprobt, unterstützt von allerlei digitaler Technik.
Der Gong ertönt und langsam füllt sich das Klassenzimmer der 10e mit Schülerinnen und Schülern. Es ist Montagmorgen, entsprechend hoch die Motivation. Schon anwesend ist Geschichtslehrer Andreas Oswald, der die Klasse an diesem Morgen begrüßt. "Wir machen da weiter, wo wir zuletzt aufgehört haben. Setzt euch bitte in Gruppen an die Computer", fordert er die Schüler auf. Zu zweit oder zu dritt werden nun E-Books zum Thema Rote-Armee-Fraktion erstellt. Langsam kommt Leben in die Klasse, es wird rege diskutiert und recherchiert. Mit Hilfe von Apps erstellen die Jugendlichen kleine Videos, in denen die Anschläge der RAF erklärt werden.
Nebenan im Klassenzimmer der 5c sieht es ganz anders aus: Englischlehrerin Claudia Lindner muss ihre Schützlinge fast in ihrem Elan bremsen, als sie erklärt, was heute gemacht wird. "Wir formen Hasen aus Brot, Frischkäse und anderen Lebensmitteln und dann drehen wir ein Video, in dem ihr auf Englisch erklärt, wie ihr den Hasen gemacht habt." In Windeseile machen sich die Kinder ans Werk und zücken ihre Smartphones.
Häschenvideo von Julian, Jannik und Simon
Chemielehrer hat einen eigenen Youtube-Channel
Ein Nachteil der Pionierrolle als digitale Schule ist, dass noch nicht viele Lehrmittel zur Verfügung stehen, an denen sich die Schöllnacher Lehrerinnen und Lehrer orientieren können. Das setzt Kreativität und Spontanität bei der Unterrichtsplanung voraus. Sind jedoch die ersten Bedenken erst einmal aus dem Weg geräumt, werden die digitalen Werkzeuge gerne genutzt.
Chemielehrer Florian Nigl hat einen Youtube-Channel gegründet, auf dem er seinen Schülern in Videos chemische Sachverhalte erklärt. Diese werden für den Unterricht genutzt, die Schüler können sie sich aber auch bequem zu Hause nochmal ansehen.
Wasserstoffdose in Slow Motion
Ähnlich verhält es sich mit der Onlineplattform Mebis. Hier können die Lehrkräfte Arbeitsblätter oder Aufgabenstellungen hochladen, die die Kinder online beantworten können. "Das ist sehr praktisch: Wenn man in der Klasse eine Frage stellt, bekommt man bloß eine Antwort. Auf Mebis bekomme ich gleich 25 Antworten", erklärt Lehrer Andreas Oswald.
Am Ende ist die Realschule in Schöllnach eine ganz normale Schule. Die Mischung macht’s, wie Rektor Michael Graf findet: "Letztendlich gibt es kein digitales oder analoges Lernen. Es gibt nur Lernen."
Unter den folgenden Links sind Kostproben weiterer Schöllnacher Schülerarbeiten sowie die Links zu den Youtube-Kanälen zu finden:
- Klassen-Ebook zur RAF
- RAF-Video von Willi Loher und Markus Grill
- RAF-Video von Teresa Spannmacher
- Häschenvideo 1
- Häschenvideo 2
- YouTube-Channel: Realschule Schöllnach
- Chemie-Lern-Channel von Florian Nigl
Mehr dazu lesen Sie in der Deggendorfer Zeitung vom 20. Juli.
