Passau
"Sind wir weniger wert als die Pflege?"

13.09.2018 | Stand 18.09.2023, 3:05 Uhr

Auf dem Bau eine Existenz aufgebaut: Peter Erl mit den jungen Gesellen Sajadi Rohollah (21, l), der seit 2012 in Deutschland ist und kürzlich geheiratet hat, und Hakimi Esmail (22, r), der seit Dezember 2012 in Deutschland ist und um seine Anerkennung gerichtlich kämpfte. Beide haben ihre Ausbildung beim Bauunternehmen Erl absolviert. (Foto: Rücker)

Mit seiner Forderung, Flüchtlinge, die nicht als Asylbewerber anerkannt werden, andererseits aus unterschiedlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, in Ausbildung zu bringen und damit gefährdete Handwerksberufe zu retten, kommt Peter Erl nicht weiter. Trotz seiner vielfältigen Funktionen in der Mittelstands-Union der CSU, wo er Bezirksvorsitzender und stellvertretender Landesvorsitzender ist, und der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CSU und CDU, hier sitzt der Bauunternehmer im Bundesvorstand, hat Erl auch nach der jüngsten Bundesvorstandssitzung in Berlin in dieser Woche den Eindruck: "Die hohe Politik versteht gar nicht, worum es uns geht."

Damit zielt er auch auf seine eigene Partei, die trotz öffentlicher Klagen über den Azubi- und erst recht den Fachkräftemangel, dem Handwerk in dieser Richtung nicht entgegenkommt. Der Unmut steigerte sich nun noch, als Bayerns Innenminister Joachim Herrmann eine Ausnahmeregelung für nicht anerkannte Flüchtlinge ins Spiel brachte, die sich für Pflegeberufe entscheiden: "Das kann in Handwerk, Baugewerbe und Gastronomie niemand verstehen", so Erl, "sind wir weniger wert als die Pflege?".

Erl hat gerade selbst wieder ein Beispiel erlebt: Ein junger Afghane sollte der nach einem Jahr Praktikum im Baumarkt nun einen Ausbildungsplatz bekommen: "Die Arbeitsgenehmigung wurde verweigert, jetzt hockt er wieder in seiner Unterkunft, anstatt sich sein Geld zu verdienen und Abgaben zu zahlen", schimpft Erl.

Er fordert übrigens ausdrücklich keinen "Spurwechsel", sondern "lediglich eine Anpassung der bayerischen Verwaltungspraxis im Rahmen der 3plus2-Regelung". Dabei genießen Flüchtlinge während der dreijährigen Ausbildung plus zwei Jahren Gesellenzeit einen Abschiebeschutz. Das sei politischer Wille, funktioniere in anderen Bundesländern – nur nicht in Bayern, so Erl. Schuld daran sei ein 31 Seiten umfassender Erlass, weshalb die Regelung restriktiv ausgelegt werde. Dagegen will der Mittelständler nun weiter kämpfen. – ek

Mehr zum Thema lesen Sie in der PNP Heimatwirtschaft vom 13. September 2018.