Deggendorf
Wie die Deggendorfer Tracht entstanden ist

09.06.2018 | Stand 20.09.2023, 3:48 Uhr

Bernd Walter und seine Frau Luise zeigen die Deggendorfer Tracht in der Form, wie sie seit den 50er Jahren bis heute getragen wird. Bernd Walter war 32 Jahre lang Gauvorstand, ist heute Gauehrenvorstand und seit 1996 Vorstand des Heimat- und Volkstrachtenvereins Deggendorf/Stamm mit aktuell 77 Mitgliedern. − Fotos: Roland Binder

Früher stand eine Tracht für Stand und Herkunft. Heute zeigt man damit – Volksfest-Dirndl und -Lederhosen von der Stange ausgenommen – die Zugehörigkeit zu einem Verein. Das Gwand des Heimat- und Volkstrachtenvereins Deggendorf/Stamm ist somit die aktuelle Deggendorfer Tracht. Wie sie aussieht und entstanden ist, erklärt und zeigt Trachtlervorstand Bernd Walter. Live bewundern kann man Trachten aus ganz Niederbayern und der Oberpfalz am Sonntag ab 14 Uhr beim großen Festzug anlässlich des Gautrachtentages mit 40 Trachtenvereinen.

Bernd Walter hat zwei Garnituren seiner Deggendorfer Tracht daheim im Schrank hängen. Er trägt sie sehr gerne und zu vielen Anlässen. "Da bin ich immer gut gekleidet", findet er.

In Deggendorf gründeten sich Anfang des 20. Jahrhunderts Trachtenvereine. "Damals orientierte man sich an den Oberbayern, weil dort die Vereine wesentlich älter waren als in Niederbayern. Deshalb gab es auch Schuhplatteln und kurze Lederhosen bei uns, obwohl man die in Niederbayern eigentlich nie getragen hat."

Im Laufe der Jahre arbeiteten die Niederbayern an einer eigenen Trachtleridentität. Aus den Gebirgstrachtenerhaltungsvereinen wurden Heimat- und Volkstrachtenvereine, auch mit Auswirkungen auf die Bekleidung. "In den 50er Jahren setzte sich die Erkenntnis durch, dass kurze Lederhosen nicht unsere Tracht waren. Man wollte durch das Gewand mehr Bodenständigkeit und mehr niederbayerische Wesensart ausdrücken", weiß Bernd Walter. Wie dieser "Look" ausschauen sollte, wurde anhand von Bildern und Beschreibungen festgelegt. Auf diese Weise entstand auch die Deggendorfer Tracht.

Die Deggendorfer Trachtler setzen bei den Männern auf grüne Joppen, grüne Stoff-Kniebundhosen, weiße Kniestrümpfe, schlichte, weiße Hemden (keine Perlmuttknöpfe!) und bauchige, schwarze Trachtenhüte mit breiter Krempe. "Das Leiberl kann ruhig farbig sein, schwarz, rot, grün oder blau."

Die Frauen von Deggendorf/Stamm tragen ein Dirndl mit schwarzem Mieder, das vorne mit einer blauen Kordel gebunden wird. Der Rock hat – angelehnt an den Beiderwand – Längsstreifen, allerdings nicht in Schwarz, sondern in Grün, Blau und Schwarz. Eine blaue Schürze macht die Deggendorfer Damentracht komplett. Und die Bluse? "Weiß", sagt Walter, und schiebt nach einer kurzen Denkpause nach – "und sittsam".