Deggendorf
"Medizintouristen" - Arzt will keine Flüchtlinge mehr behandeln

14.05.2018 | Stand 18.09.2023, 2:47 Uhr

Im Deggendorfer Transitzentrum sind Flüchtlinge mit geringer Bleibechance untergebracht. Zwei Mediziner kümmern sich um die Menschen in der Einrichtung. Ein Arzt berichtet von "Medizintouristen, die frech und fordernd" auftreten würden. − Foto: Stefan Gabriel

"Es ist gut jetzt. Es reicht", sagt ein Mediziner, der im Deggendorfer Transitzentrum arbeitet. Noch ist er dort im Auftrag der Regierung von Niederbayern tätig. Aber nicht mehr lange. Ende Mai läuft sein Vertrag aus, den er nicht verlängern wird. Denn es würden keine Flüchtlinge mehr ins Land kommen, sondern vielmehr "Medizintouristen".

In einem Bericht der Wochenzeitung "Die Zeit" schildert der Arzt, der namentlich nicht genannt werden will, den Alltag im Transitzentrum – und warum er in der Konsequenz keine Asylbewerber mehr behandeln will. Der Allgemeinmediziner aus Niederbayern ist erfahren. Seit vielen Jahren arbeitet er der "Zeit" zufolge für die bayerische Landes- und für die Bundespolizei. Doch was er nun im Deggendorfer Transitzentrum, in dem Flüchtlinge mit geringer Bleibechance – alle stammen aus Aserbaidschan und Sierra Leone – untergebracht sind, erlebt, das lässt den erfahrenen Mediziner kapitulieren. Denn Kriegsopfer behandele er hier nicht, der Arzt bezeichnet sie als "Medizintouristen", die "frech und fordernd" seien. "Da kommen jetzt Leute, die wollen Viagra."

Ausführliche Krankenakten aus dem Heimatland

Auffällig sei, dass viele Aserbaidschaner ausführliche Krankenakten aus ihrem Heimatland vorlegen würden, nicht zerknickt und nicht von Meerwasser gebleicht, wie er sagt. Er würde um künstliche Hüften, Kniegelenke oder Zahnimplantate gebeten. Aus dem Umfeld des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge will der Niederbayer erfahren haben, dass ein Großteil der Aserbaidschaner per Flugzeug mit einem Touristenvisum in ein Schengen-Land, in der Regel Lettland oder Litauen, reisen. Mit dem Bus gehe es weiter durch Europa, in Deutschland werde dann ein Asylantrag gestellt. "Die Leute wissen, wie schleppend die Verfahren hier laufen", sagt der Arzt dem Bericht zufolge. "Sie glauben, sich in der Zwischenzeit von deutschen Spezialisten behandeln lassen zu können."

Mann soll mit Faust auf Arzt eingeschlagen haben

Der gravierendste Vorfall in der Einrichtung ereignete sich vor wenigen Wochen. Ein Aserbaidschaner soll mit der Faust auf seinen Kollegen eingeschlagen haben, weil er mit dessen Behandlung unzufrieden war. Zwei Tage später sei er zurückgekehrt und habe ein Messer gezückt.

Tat Polizei nichts? PNP-Leser verlangt Aufklärung

Nach den Informationen eines PNP-Lesers aus Deggendorf sei daraufhin die Polizei gerufen worden. Diese sei zwar gekommen, habe aber nichts unternommen, schreibt der Leser in einer Mail an die PNP. "Wer einen anderen Menschen mit einem Messer bedroht, ist ein Gefährder", betont der Deggendorfer und fordert in seinem Schreiben: "Ich denke, die Öffentlichkeit und wir Anwohner haben ein berechtigtes Interesse zu erfahren, wie im Fall des Gefährders durch die staatlichen Vollzugsorgane vorgegangen wurde. Wie will der Staat die Sicherheit der Anwohner garantieren, wenn er nicht mal die Sicherheit der in der Einrichtung tätigen Personen garantieren kann?" Sei es tatsächlich wahr, dass die Vorfälle für den Aserbaidschaner folgenlos geblieben sind, "ist dies ein Skandal".



Stellungnahme des Landrats


Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter (CSU) nahm am Sonntag gegenüber der PNP Stellung zu den Schilderungen des Arztes: Das Landratsamt sei für das Transitzentrum nicht zuständig. "Meine Mitarbeiter haben aber von Kollegen von den Problemen der Mediziner am Transitzentrum gehört." Ihm sei vorletzte Woche berichtet worden, dass viele Asylbewerber sehr fordernd auftreten und beispielsweise neue Hüften verlangt werden. Auch habe er von der Faust-Attacke auf einen Arzt gehört.

− ism/stg

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