Sie ist 20 Jahre, in Chieming zu Hause und gilt als große bayerische Hoffnung in der Luftgewehr-Szene: Sissi Habenicht. In ihrem sportlichen Tatendrang hat sie die Corona-Krise aber völlig aus der Bahn geworfen. Fast drei Jahre lief bei ihr so gut wie nichts. Aber jetzt ist sie zurück – und wie! Beim Bayern-Match, einem landesweiten Wettbewerb des Bayerischen Sportschützenbundes auf der Olympia-Schießanlage in München-Hochbrück, gewann sie das Zehn-Meter-Finalschießen. Verdienter Lohn war eine 500-Euro-Siegprämie, wovon die Hälfte an ihren Verein, an die SG Nußdorf, gehen.
„Ich bin sehr glücklich, so ein Erfolg ermutigt mich, jetzt freue ich mich auf die Deutschen Meisterschaften“, sagt die 20-Jährige, die sich als Zweite unter 189 Jun./Erw. weiblich und männlich für das Bayern-Match qualifiziert hatte. Davor war sie in diesem Jahr schon Sechste der Oberbayerischen Meisterschaft unter 183 Starterinnen und 15. der Bayerischen Meisterschaft, bei der 216 Konkurrentinnen am Start waren. Die „Deutsche“ findet am 24. August statt. Aktuell gehört Habenicht jedoch keinem Kader an.
Dass sie sportlich ein so starkes Comeback feiert, kam selbst für sie überraschend. Mit 16 Jahren gewann sie für die Schützengesellschaft Almarausch Chieming die GuSchu Open, ein bayernweit offenes Turnier. Mit 17 wiederholte sie den Erfolg, schnupperte in die 2. Bundesliga hinein und war für die Deutschen Meisterschaften qualifiziert. Dann aber wurde sie sportlich ausgebremst – vor allem durch die Pandemie. Hinzu kam noch eine vereinsverschuldete Wettkampf-Sperre im vergangenen Jahr.
„Ich durfte sportlich in keine Halle mehr, konnte nicht trainieren, es war schlimm. Zwei Jahre ging das so“, klagt die Chiemingerin, die schier am Verzweifeln war. Ihrem Pferd, einem bayerischen Warmblut, das zwischenzeitlich nahe Ising steht, hatte sie es zu verdanken, dass sie diese Zeit psychisch so gut überstanden hat, da das Tier, heute 19, täglich verpflegt und bewegt werden musste. Diesen Kontakt konnte ihr niemand verbieten. Die tierliebe Schützin darf außerdem einen Kater (13) mit Namen Lauser und eine Border-Collie-Mischlingshündin namens Lady (6) ihr Eigen nennen.
Kurios: Beim Bayern-Match lagen die jüngste und älteste Luftgewehrschützin an der Spitze. Habenicht mit erst 20 und die zweitplatzierte Cäcillia Stadtherr von den Kleinkaliberschützen Mehring mit 56. Das Ergebnis war am Ende deutlich, denn je länger der Wettkampf dauerte, desto besser wurde die Chiemingerin. 247,2 lautete der Totalscore für sie. Für Stadtherr wurden 243,9 notiert bei gleich viel Schuss. Die übrige Konkurrenz lag deutlich zurück, hatte allerdings auch weniger Schüsse, da nach zwei Mal fünf Schuss nach je zwei weiteren Schüssen der Schütze mit dem schlechtesten Ergebnis ausschied. Dritter wurde Christopher Schuster (ZSG Bavaria Unsernherrn), Vierte Claudia Herr (Kgl. Priv. FSG Weiden) und Fünfter Raffael Scharnagl (SV Ringelstein Ottengrün).
Mehrere Personen für Erfolg verantwortlich
Für den Erfolg verantwortlich zeichnen sich einige. Neben ihrer Oma und Mama verdankt Habenicht, die seit elf Jahren aktive Schützin ist, sehr viel ihrem Ex-Trainer Volker Weber. Er habe bei ihr bei Almarausch Chieming die Basis geschaffen und sie richtig aufgebaut. „Er hat mir die richtige Technik beigebracht, auch an der Atmung mit mir gearbeitet, damit die richtigen Schüsse rauskommen“, erzählt Habenicht, die auch Felix Prechtl nennt. Bei dem Ruhpoldinger Trainer habe sie mental viel dazugelernt. Aktuell trainiert sie bei der SG Nußdorf, wo sie insbesondere sehr von dem Jugendtrainer Robert Wölfe unterstützt wird, sowie zusätzlich aber auch noch in Tirol. Hier spricht sie von einer Heimat des Herzens und startet wahrscheinlich in der österreichischen Liga für die Sportschützen Scheffau.
So lobt die Chiemingerin auch Monika Einwallner in höchsten Tönen. Die 47-Jährige war Vize-Europameisterin und zweimal Olympiateilnehmerin für Österreich. Zusammen mit ihrem Sohn Dominic, Mitglied eines österreichischen Kaders, kümmert sie sich um den Nachwuchs in Scheffau und schaut auch nach der Oberbayerin. Und wenn es mal mit der Waffe Probleme gibt, wie mehrfach in der Vergangenheit, weil ihr Gewehr schon 2019 gebraucht gekauft wurde, dann wendet sich Habenicht an Florian Fischer von Chiemsee Shooting Product (CSP) in Bernau. „Ein ganz wichtiger Mensch für mich“, betont sie, da es gerade in letzter Zeit immer wieder mal technische Probleme bei ihrer Waffe gebe, einer Walther LG 400, die halt doch schon etwas in die Jahre gekommen ist. Ein neues Gewehr, mit dem die 20-Jährige wettbewerbsfähig sein will, kann sie sich derzeit jedoch nicht leisten. Aktuell spart sie auf eine neues Gewehr, liebäugelt aber natürlich mit dem LG500 Itec Triple Edition, das die Firma Walther in Zusammenarbeit mit Anna Janssen, der zweifachen deutschen Junioren-Meisterin aus Freising, entwickelt hat. Kostenpunkt: Über 6000 Euro.
Auch beruflich auf einem guten Weg
Beruflich ist Habenicht auf einem guten Weg. In Traunreut hatte sie ihre Ausbildung zur Floristin gemacht und im vergangenen Jahr bereits ihren Meister bei der AoF Innsbruck/Zürich. Dort war sie die jüngste von 45 Absolventen in der 2022/23-Meisterklasse. Großes Ziel ist mal ein eigenes Blumengeschäft, außerdem will sie junge Menschen ausbilden und für das Handwerk begeistern. Aktuell arbeitet sie im Landkaufhaus Mayer in Siegsdorf.
Und ihr ganz großer sportlicher Traum? Habenicht lacht und sagt: „Natürlich die Olympischen Spiele.“
− kk
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