Prozessauftakt
Schleuserprozess in Traunstein: Angeklagter räumt Vorwürfe ein

08.10.2024 | Stand 08.10.2024, 17:18 Uhr |

Der wegen siebenfachen Mordes angeklagte Mann (l) sitzt im Landgericht neben seinem Dolmetscher im Gerichtssaal. Der gebürtige Syrer soll im Oktober vergangenen Jahres mit 22 Migranten in einem Kleinbus auf dem Weg von Österreich nach Bayern gewesen sein. Auf der Flucht vor der Polizei verursachte er einen Unfall - sieben der Migranten starben. − Foto: Sven Hoppe/dpa

Im Oktober 2023 ist ein Schleuserfahrzeug auf der Flucht vor der Polizei verunglückt, wobei sieben Menschen gestorben sind. Der mutmaßliche Schleuser muss sich wegen Mordes vor dem Landgericht Traunstein verantworten. Zum Prozessauftakt hat der Angeklagte die Vorwürfe weitgehend eingeräumt.

  

Zum Auftakt des Prozesses um eine Schleuserfahrt mit sieben getöteten Migranten hat der Angeklagte die Vorwürfe weitgehend eingeräumt. Er habe nicht gewollt, dass jemand zu Schaden komme, geschweige denn getötet werde, lässt der 25-Jährige über seinen Anwalt vor dem Landgericht Traunstein erklären. Die Schleuserfahrten räumt er ein, es sind neben der Fahrt mit tödlichem Ende drei weitere.

Der im syrischen Damaskus geborene Mann, der zuletzt in Österreich lebte, soll am frühen Morgen des 13. Oktober vergangenen Jahres mit 22 Migranten aus der Türkei und aus Syrien in einem Kleinbus auf dem Weg von Österreich nach Bayern gewesen sein. Drei Scouts sollen in einem anderen Fahrzeug die Schleusung abgesichert haben.

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Auf der Flucht vor der Polizei krachte der Wagen mit Tempo 150 in die Leitplanken. Der Wagen überschlug sich und blieb auf dem Dach liegen - sieben der Migranten starben, darunter ein sechsjähriges Kind. Die übrigen 15 wurden zum Teil schwer verletzt.

Die Anklage wirft dem 25-jährigen Mann neben dem Einschleusen von Ausländern und anderen Tatbeständen siebenfachen Mord und 15-fachen versuchten Mord vor.

14.000 Euro für vorherige Schleusungen



Der Angeklagte habe billigend in Kauf genommen, dass die ungesicherten Insassen im Falle eines Unfalls lebensgefährliche Verletzungen erleiden könnten, sagte Staatsanwalt Markus Andrä. Es sei dem Angeklagten darum gegangen, sich eine Einnahmequelle „von einigem Umfang“ zu schaffen.

Laut Anklage hat der Mann für drei vorangegangene Schleusungen rund 14.000 Euro kassiert. Bei diesen Fahrten brachte er demnach insgesamt 46 Menschen nach Bayern - laut Andrä unter ebenfalls für sie lebensgefährlichen Bedingungen. Wie viel Geld der Mann für die letzte Fahrt bekommen solle, war unklar.

Er hatte zuvor als Paketfahrer 1900 Euro im Monat verdient. Den Job hatte er aber gekündigt, um – so sagte er selbst – einen Beruf zu lernen. Schreiner habe er werden wollen, es haperte aber mit den Sprachkenntnissen.

Mit Tempo 180 auf der Flucht



Der Ankläger schilderte eine halsbrecherische Verfolgungsfahrt. Nach dem Grenzübertritt bei Burghausen war demnach in jener Oktobernacht vor einem Jahr eine zivile Streife aufmerksam geworden und hatte den Fahrer zum Anhalten aufgefordert.

Dieser habe, so die Staatsanwaltschaft, stattdessen beschleunigt und sei mit 180 Stundenkilometern über die A94 Richtung München gerast. An der Ausfahrt Waldkraiburg verlor er die Kontrolle über den Wagen.

Den nachfolgenden Beamten und den wenig später eintreffenden Rettungskräften bot sich ein chaotisches Bild. Schreiende Menschen, einige schwer verletzt, Tote, darunter ein Kind. Es sei eine belastende Situation gewesen, sagte die Polizeibeamtin, die mit einem Kollegen die Verfolgung aufgenommen hatte und somit mit ihm zuerst am Unfallort war.

Bis heute nicht ansprechbar



Einer der Verletzten erlitt nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Juli einen bleibenden Hirnschaden, der ihm jegliche Form der Kommunikation und Fortbewegung unmöglich macht. Er sei nicht ansprechbar und werde intensivmedizinisch versorgt. Der mit einem Sicherheitsgurt geschützte Angeschuldigte habe sich selbst nur einen Armbruch und Prellungen zugezogen.

Die Anklage erstreckt sich auch auf drei weitere Fahrten, bei denen der 25-Jährige insgesamt 46 Menschen unter für sie lebensgefährlichen Bedingungen nach Bayern gebracht haben soll. Für den Prozess sind sechs Verhandlungstage bis zum 5. November angesetzt.

Die drei mutmaßlichen Scoutfahrer sind gesondert wegen Einschleusens mit Todesfolge angeklagt. Gegen sie soll ab 23. Oktober in Traunstein verhandelt werden.

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