Im Rahmen des EU-Projektes „GO Altbau“ zeichnen die Projektpartner aus Bayern und Österreich jeden Monat ein „Haus des Monats“ aus, um über eine gelungene Sanierung aus den Regionen zu berichten und zum Nachahmen anzuregen. Aktuell hat die Energieagentur Südostbayern ein besonderes kommunales Bauprojekt in Ischl in der Gemeinde Seeon-Seebruck nominiert.
Durch die Sanierung des 100 Jahre alten Harrecker-Hofs hat die Gemeinde elf energetisch top-sanierte Wohnungen und somit be-zahlbaren Wohnraum für die Bürger am Chiemsee geschaffen, heißt es in der Pressemitteilung der Traunsteiner Energieagentur.
„Es ist leider zu einer andauernden Problematik geworden, dass gerade Menschen mit durchschnittlichem Einkommen kaum eine Wohnung finden. Die Kosten für Wohnraum sind in den letzten Jahren bedenklich gestiegen, das kann sich kaum noch ein Mensch mehr leisten“, sagt Seeon-Seebrucks Bürgermeister Martin Bartlweber und sieht als „Aufgabe der Kommunen, hier einzugreifen“.
Elf neue, barrierefreie Wohnungen entlasten angespannten Wohnungsmarkt nachhaltig
Durch die energetische Sanierung des gesamten Ensembles rund um den Harrecker-Hof konnte die Gemeinde den angespannten Wohnungsmarkt nachhaltig entlasten und elf neue, barrierefreie Wohnungen für verschiedene Generationen, vom Single- bis zum Familien-Haushalt schaffen.
Gleichzeitig lag das Augenmerk bei der Sanierung aus historischer Sicht auf dem Erhalt des gesamten Ensembles rund um das alte Bauernhaus. „Das Projekt war eine Herzensangelegenheit des Gemeinderats“, formuliert es Bartlweber. Diesem sei der Erhalt des Gesamtbilds im Ensemble aus denkmalgeschütztem Bundwerkstadl und altem Bauernhaus wichtig gewesen – idyllisch und naturnah neben der Kirche und der Ischler Ache gelegen.
Die Sanierung wurde von Bautechniker Stefan Haberlander vom Planungsbüro Blüml aus Tittmoning begleitet, der das ökologische Gesamtkonzept im Auge behielt. Der Energiestandard eines Neubaus konnte erreicht werden: die Luft-Wärmepumpe wird energieeffizient in Verbindung mit einer 26-kWp-Photovoltaikanlage und 18-kWh-Speicher betrieben, man achtete auf maximale Dämmwerte, was zu stark reduzierten Betriebskosten für die Gemeinde führt.
„Bis November musste meine Heizung noch nicht einmal eingeschaltet werden, es ist ein sehr angenehmes Wohnklima und gutes Gefühl, hier zu leben“, berichtet eine Bewohnerin des Harrecker-Hofs. Auch das Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster Generationen mit unterschiedlichen Lebensmodellen genieße man sehr.
Eine Machbarkeitsstudie mit finanzieller Abwägung, ob ein Neubau oder eine Sanierung ökonomischer ist, hatte die Kommune dem Bauvorhaben zugrunde gelegt. Dank einer attraktiven finanziellen Förderung, dem KommWFP (Kommunales Wohnraumförderungsprogramm) des Freistaats konnte man die Sanierung letztlich durchführen. Dabei war aber ein langer Atem nötig, um alle bürokratischen und baurechtlichen Hürden zu überwinden. „Die Antragstellung bis zur Förderung bindet sehr viel Zeit. Auf jeden Fall rate ich anderen Kommunen, bei ähnlichen Bauvorhaben rechtzeitig mit dem Fördergeber ins Gespräch zu gehen“, so Bartlweber. Des Weiteren seien eine gute Bauherrnvertretung, sprich eine qualifizierte Bauamtsleitung in der Kommune und ein gutes Planungsbüro unabdinglich.
Archäologische Funde verzögerten die Fertigstellung
Die ersten Überlegungen hatte es bereits 2018 gegeben, Einweihung war im November 2023, und final fertiggestellt wurde das innovative Bauprojekt im März diesen Jahres. „Die Corona-Krise und die Entdeckung seltener archäologischer Funde mit 50 Gräbern und Silbermünzen aus dem 18. Jahrhundert führten zu Bauverzögerungen“, erläutert Bauamtsleiter Josef Heiß.
Das „Haus des Monats“ ist Teil der Grenzüberschreitenden Offensive Altbau (GO Altbau) und wird gefördert durch das INTERREG-Programm Bayern-Österreich 2021-2027 der Europäischen Union. Projektpartner sind die Energieagentur Südostbayern, Energie- und Umweltzentrum All-gäu, Energieagentur Tirol, Energieinstitut Vorarlberg und Energiewende Oberland. Weitere Informationen unter www.go-altbau.eu. -red
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