Von Andreas Wittenzellner
Der Mittelstand und das Handwerk suchen den Schulterschluss und rücken näher zusammen: „Connecten“ ist das Gebot der Stunde, sich zu verbinden und Netzwerke zu knüpfen, ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für viele entscheidend für das eigene erfolgreiche Wirtschaften. Eine hervorragende Plattform dazu war das Herbstfest des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) im „Unternberg-Hof“ in Ruhpolding am Mittwochabend bei gutem Wetter und guter Stimmung. Und dass es trotz der Sorgen um eine schwächelnde Wirtschaft etwas zu feiern gibt, zeigte das ansprechende Programm, für das die regionale Repräsentantin Kornelia Kirchermeier hauptverantwortlich zeichnete.
Sie freute sich über die Anwesenheit von rund 80 geladenen Gästen aus der Kommunal- und Landespolitik, Behörden und Verbänden sowie Firmenvertretern – darunter viele Handwerksmeister und Innungsvertreter. Diese kamen nicht nur aus den Landkreisen Traunstein, Berchtesgadener Land und Rosenheim, sondern hatten zum Teil lange Anfahrtswege von Frankreich über Österreich bis nach Malta. „Der Mittelstand braucht Hilfe“, rief Kirchermeier in die Runde. Davon müssten die Anwesenden nicht erst überzeugt werden, seien die vergangenen Jahre für den Mittelstand und das Handwerk doch eine große Herausforderung gewesen. Besserung sei nicht in Sicht.
„Unternberg-Hof“-Chef Andreas Walker machte deutlich, dass sich umfassende Investitionen und Erweiterungen in den Corona-Jahren – unter anderem in eine Panorama-Terrasse – nun bezahlt machen würden. Traunsteins stellvertretende Landrätin Resi Schmidhuber lobte den Herbstfest-Ausrichter BVMW als „Motor für Innovation und Fortschritt“, den man als verlässlichen Partner für Wachstum, Beschäftigung und gesellschaftlichen Zusammenhalt schätze. Gerade in Zeiten, die von wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen geprägt sind, zeige sich, wie wichtig ein starkes Netzwerk und gegenseitige Unterstützung seien. Schmidhuber warb dafür, „Verirrungen der letzten Jahre zu korrigieren“, und nannte exemplarisch das Verbrennerverbot mit seinem planwirtschaftlichen Ansatz.
Energiesicherheit sei ein entscheidender Standortfaktor für die Region, betonte die stellvertretende Landrätin mit Blick auf den hohen Energiebedarf des Chemiedreiecks im südöstlichen Oberbayern, das alleine ein Prozent des bundesweiten Stroms verbrauche. Die Region brauche einen Energiemix, zu der auch die Nutzung der Wasserkraft an der Salzach gehöre. Bildung sei ein Schlüsselthema für den Landkreis, unter anderem wolle man mit dem Neubau der Berufsschule III in Traunstein ein „grünes Zentrum“ für die heimische Landwirtschaft errichten.
Dr. Hans-Jürgen Völz, Bundesgeschäftsleiter Volkswirtschaft des BVMW, malte ein düsteres Bild für die Situation der Wirtschaft: „Sie ist bedrohlich für Wachstum, Wohlstand und den sozialen Frieden“. Er attestierte Bundeskanzler Olaf Scholz eine „vollkommene Verkennung ökonomischer Realitäten.“ Es fehle auf Bundesebene die Erkenntnis, dass der Mittelstand und große Konzerne nicht identisch seien – seien erstere doch meist familiengeführt und entgegen dem Ansatz großer Konzerne auch an den heimischen Standort gebunden und in der Region viel mehr verwurzelt.
Der Unterstützung des Mittelstandes müsse deshalb Priorität vor milliardenschweren Subventionen für die Industrie eingeräumt werden, so Völz. Eine stetig wachsende Bürokratie – 2023 verursache diese Kosten von rund 67 Milliarden Euro – sorge für einen hohen administrativen Aufwand, worunter auch das Handwerk leide. Der Arbeits- und Fachkräftemangel bedrohe das langfristige Wirtschaftswachstum. Der Erwerbstätigkeit von Frauen räumte Völz eine hohe Priorität ein. Eine gesteuerte Zuwanderungspolitik könne den Fachkräftemangel reduzieren. Investitionen in Breitbandnetze und bezahlbare Energiepreise seien prioritär, „bürokratische Hürden müssen fallen“, lautete die Forderung des Volkswirtschaftlers.
Überraschungsgast und Zauberkünstler Florian Otto sorgte dann mit seinem ausgefeilten Programm für Aufmerksamkeit, langen Applaus und Lachsalven – so gekonnt war seine gezeigte Zauberkunst, bei der er die Anwesenden geschickt ins Programm einband und ihnen den Eindruck gab, der „Florian Silbereisen der Zauberkunst“ hätte ihnen jetzt seine Zaubertricks verraten, nur um ihnen im nächsten Moment zu zeigen, dass sie einer optischen, akustischen oder haptischen Illusion aufgesessen sind.
Das Programm umfasste auch Musik- und Goaßlschnalzer-Einlagen vom Trachtenverein D’Rauschberger-Zell, die ihre Freude an Tracht und traditionell-bayerischem Tanz Ausdruck verliehen. Der Konzertpianist Robert Rias lieferte den perfekten musikalischen Hintergrund für Gespräche unter den Herbstfest-Teilnehmern, die noch bis nach Mitternacht anhielten. Denn neben dem Feiern und den kulinarischen Genüssen ging es beim Herbstfest doch auch darum, die Bande unter den Teilnehmern enger zu knüpfen und sich gegenseitig zu vernetzen.
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