„Leute wie Sie gehören erschossen“
Buch über Gewalt in der Politik: Kerstin Schweiger und Christian Springer lesen vor vollem Kinosaal in Trostberg

12.11.2024 | Stand 12.11.2024, 8:00 Uhr |

Das Autoren-Duo Kerstin Schweiger und Christian Springer sitzen auf der Bühne vor der Kinoleinwand in Trostberg.  − Fotos: Enzensberger

„Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich“, zitiert Christian Springer im Stadtkino Trostberg den großen...ja wen eigentlich? Nein, Mark Twain war es eben nicht, so der Münchener Kabarettist, der an diesem Sonntagvormittag neben Co-Autorin Kerstin Schweiger aus seinem Buch „Bayerischer Mob“ liest. Der Saal ist vollbesetzt, über 100 Leute unterschiedlichsten Alters waren gekommen. „Von wem auch immer der Satz auch sein mag“, so Springer, „Fakt ist: Er ist sehr gut, er passt trefflich in diese Zeit – deshalb zitiere ich ihn auch heute wieder gerne.“

Als Springer aus den politischen Beobachtungen Heinrich Manns aus der Zeit kurz vor der Nazi-Machtergreifung vorliest, wissen die Zuhörer genau, was der Kabarettist gemeint hat. Heinrich Mann schreibt über tiefe, ideologische Gräben zwischen Rechts und Links, die Verächtlichmachung demokratischer Strukturen und Verunglimpfungen durch die Nationalsozialisten – bis hin zu ersten Gewaltausbrüchen und Übergriffen auf Politiker.

Klar ist 1924 nicht gleich 2024, so Springer, die Geschichte wiederhole sich eben nicht, „aber wir können von ihr lernen“. Gerade die in jüngster Zeit massiv gestiegene Gewalt und der Hass gegenüber politisch engagierten Menschen haben das Autoren-Duo bewogen, das Buch zu schreiben. In ihm sind konkrete Fälle aus Bayern dokumentiert, Zusammenhänge erklärt und Opfer zu Wort kommen.

Initiiert und organisiert hat die zweimal 40 Minuten lange Lese-Matinee Ulrike Huber-Hammermeister aus Traunstein. „Liebe Ulli, du bist der lebende Gegenbeweis derer, die sagen: Ich alleine kann ja eh nichts machen. Doch, man kann. Schau dir den vollen Saal an, das hast du alleine geschafft. Meinen allergrößten Respekt“, so Springer zu ihr.

Abwechselnd lesen Schweiger und Springer einige Passagen aus dem Buch vor. In einem anonymisierten Brief beschreibt eine Grünen-Kommunalpolitikerin und alleinerziehende Mutter, wie sie unter anderem „regelmäßig Mord- und Vergewaltigungswünsche“ geschickt bekommt, die „bis ins kleinste Detail ausformuliert sind“. Eine andere ehrenamtliche Kommunalpolitikerin berichtet, wie an einem Infostand ein Mann auf sie zugegangen sei, erst wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht Halt gemacht und gezischt habe: „Leute wie sie gehören erschossen“.

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