Traunstein
Ein "Freund" für jeden Kriegsflüchtling

Traunsteiner Andreas Ramelsberger will mit Online-Plattform Hilfesuchende und Helfer zusammenführen

10.03.2022 | Stand 21.09.2023, 1:19 Uhr

Die Online-Plattform we-help.world ist in deutscher, englischer und ukrainischer Sprache verfügbar. Sie soll Kriegsflüchtlinge mit hilfsbereiten Menschen digital zusammenführen. −Foto: Spreadfilms/Screenshot: Seifert

Hoffentlich geht dieser "Matchplan" auf: Eine ganz besondere digitale Form der Flüchtlingshilfe für Menschen aus der Ukraine hat der Traunsteiner Andreas Ramelsberger zusammen mit mehreren Freunden quasi über Nacht auf die Beine gestellt. Bekannt ist der 31-Jährige als Geschäftsführer der Spreadfilms GmbH. Mit seiner Internet-Plattform we-help.world will er Flüchtlinge mit hilfsbereiten Menschen digital zusammenführen – mit Menschen aus der heimischen Region, aus ganz Deutschland, am besten sogar weltweit.

Die Idee war dem Werbefilmproduzenten in einer schlaflosen Nacht gekommen, als er über den Ukraine-Krieg grübelte, wie er der Heimatzeitung und zuvor schon dem BR bestätigte: "Für mich war schnell klar, ich möchte die Möglichkeit haben, mit jemandem vor Ort zu kommunizieren, ihn zu unterstützen und für ihn da zu sein". Deshalb ist die selbst programmierte Webseite auch in deutscher, englischer und ukrainischer Sprache verfügbar. Sie steht erst seit einigen Tagen online, und doch haben sich bereits mehrere hundert Helfer und auch bereits einige wenige Hilfesuchende angemeldet. Ein paar "Matches" – also Übereinstimmungen, wie man sie von Dating-Seiten kennt – gab es also bereits. Wobei von einem "Flüchtlings-Tinder" oder gar einer Datenkrake wie bei Facebook keine Rede sein kann, wie Ramelsberger betont. Denn auf we-help.world muss man bei der Anmeldung als Helfer kein Profil hinterlegen, sondern nur Name, Land, Postleitzahl und Handynummer angeben – und man geht dabei keinerlei Verpflichtungen ein.

Im erstem Moment "einfach nur da sein"

Stimmen der Zielort oder zumindest das Zielland des Geflüchteten mit der Postleitzahl des Helfenden überein, gibt es ein "Match", und die beiden können sich austauschen. Das System stellt den Kontakt zu den Hilfesuchenden her – "egal, ob diese noch in Kiew im Fluchtbunker sitzen, es in Nachbarländer der Ukraine geschafft haben oder schon in Deutschland sind", verdeutlicht Ramelsberger. Helfer und Flüchtling erhalten jeweils die Kontaktdaten des anderen per SMS, und schon kann es losgehen. Ramelsberger geht es dabei um unbürokratische, direkte Hilfe: "Schon alleine ein Gespräch kann dazu beitragen, die schlimme Situation für den anderen Menschen etwas leichter zu machen."

Die Helfer sollten im ersten Moment einfach nur "da sein" und signalisieren, "dass wir mit offenen Armen zueinander stehen", wie es Ramelsberger formuliert. "Etwa drei Millionen Ukrainer sollen derzeit schon auf der Flucht sein. Was wäre das für eine grandiose Geste, wenn wir für jeden einen ,Freund‘ zur Unterstützung finden würden."

Wie genau sie helfen können und möchten, entscheiden die Helfer selbst. In erster Linie geht es Ramelsberger um mentale Hilfe für die Menschen, "die verängstigt und verunsichert sind, in Deutschland maximal drei Städte kennen und die Sprache meist nicht sprechen". Hier zunächst schlicht ein offenes Ohr zu haben, die ein oder andere Whats-App-Nachricht zu schreiben, Mut zuzusprechen und Tipps zu geben – dies alles setze weit vor der humanitären Hilfe an. "Es kann sich schließlich nicht jeder ins Auto setzen, Hilfsgüter aus dem eigenen Keller anliefern oder einen Flüchtling abholen und ihm dann vielleicht auch noch eine Unterkunft bieten." Aber man könne beispielsweise Kontakte herstellen – zu Freunden und Bekannten im Ankunftsort des Flüchtlings oder auch zu Hilfsorganisationen.

Auf we-help.world werden in kleinerem Rahmen auch Geldspenden gesammelt, um die laufenden Kosten für die Plattform zu finanzieren – das Personal arbeitet ausschließlich ehrenamtlich. Der Aufwand ist nicht unerheblich, um die Internetseite international publik zu machen. Dazu nutze man Kontakte in die Ukraine sowie zu Hilfsorganisationen und Plattformen, die beispielsweise bereits angebotene Unterkünfte und ankommende Flüchtlinge "matchen". "Aber das hilft wie gesagt dem Menschen im Bunker in Kiew erst einmal nicht weiter. Wir wollen mit unserem Hilfsangebot viel früher, effizienter und größer ansetzen", so Ramelsberger. Ihm schwebt beispielsweise auch vor, in den Zügen aus Richtung Ukraine Plakate mit einem Hinweis auf we-help.world anzubringen.

Am Ende könnte man überspitzt formuliert die Welt vernetzen, ist Andreas Ramelsberger überzeugt: "Die Menge an Connections wäre am Ende der große Vorzug unserer Aktion, weil jeder einzelne Mensch und jede einzelne Organisation ja in gewisser Weise immer limitiert sind."

ⓘ Die Plattform ist im Internet unter we-help.world zu finden. Weitere Informationen gibt es auch per E-Mail an info@we-help.world.