Bad Birnbach
Photovoltaikanlagen im Kurort: Marktgemeinderat legt Details fest

21.07.2022 | Stand 20.09.2023, 23:45 Uhr

Bisher waren die roten Dächer ein Markenzeichen des ländlichen Bades. Jetzt werden unter bestimmten Voraussetzungen auch PV-Anlagen erlaubt. −Foto: Dietmar Demuth

Das ländliche Bad und seine roten Dächer – das war bisher ein Markenzeichen. Doch das dürfte bald der Vergangenheit angehören, denn auch hier sollen PV-Anlagen Einzug halten. Den Weg dafür hatte der Marktgemeinderat schon im Mai geebnet. In der jetzigen Sitzung ging es um die Details. Die ruhigen Dachlandschaften sollen aber so weit wie möglich erhalten bleiben, befand eine überwältigende Mehrheit im Marktrat.

Bürgermeisterin Dagmar Feicht berichtete von einem Treffen mit mehreren Hoteliers. "Es ist schon so, dass auch von dieser Seite kein Wildwuchs gewollt ist", sagte sie. Ruhige, strukturierte Dächer sollten bleiben, dies sei das Ziel.

"Bad Birnbach ist nicht alleine mit diesem Thema", meinte der städtebauliche Berater Erwin Wenzl mit Verweis auf andere Kommunen. Er sprach von einem Paradigmenwechsel. "Wir kommen da in der heutigen Zeit aber nicht mehr drum herum." Das sah man übrigens schon bei der Fortschreibung des Entwicklungskonzeptes im Jahr 2012 so. Hier waren bereits gestalterische Vorschläge für das Kurgebiet eingearbeitet, ebenso wie das Ansinnen, eine zentrale Wärmeenergieversorgung aufzubauen. Beides war aber bis dato nicht zum Tragen gekommen.

"Die Kunst besteht darin, dass es ruhig bleibt", mahnte Wenzl vor einem möglichen Wildwuchs auf den Dächern und begründete das auch: "Bad Birnbach hat hier etwas zu verlieren, wenn man es nicht gut macht." Auch aus Sicht der Regierung und des Landratsamtes sei das so, betonte Geschäftsleiter Kurt Tweraser. "Wir dürfen die städtebauliche Harmonie nicht verlieren."

Deshalb solle man eine Anzeigepflicht verankern, um sich im Vorfeld gut miteinander abzustimmen, so Erwin Wenzl. Nicht zulässig sein sollen Solarthermie- und PV-Anlagen auf Freiflächen, Grünflächen, Plätzen, eigenständigen Vordächern, kleinen bzw. untergeordneten Dachteilflächen, an Außenwänden und Fassaden, Pavillons und kleinen Nebengebäuden, zwischen Dachgauben und Dachflächenfenstern, unterhalb von Dachgauben, Dachflächenfenstern und Dacheinschnitten, auf verbleibenden Dreiecksflächen bei Dachanschiftungen oder bei nicht rechteckigförmigen Dachflächen und auf dem Gebäude-Ensemble "Neuer Marktplatz".

Neuer Marktplatz ausgenommen

Die Anlagen sind nur auf der Dachfläche liegend, also ohne Aufständerung, oder in die Dachfläche integriert zulässig. Es sind nur geschlossene und rechteckförmig ausgebildete Solarflächen erlaubt, also ohne abgetreppte Ränder und ohne Vor- und Rücksprünge. Mehrere Einzelanlagen sind zu einer Fläche zusammenzufassen. Pro Dachseite ist nur eine (geschlossene) Solarfläche zulässig. Soweit einzelne Dachflächen nicht vollflächig belegt werden können oder sollen, sind die (reduzierten) Dachflächen im oberen Dachbereich ausgehend vom First zu platzieren.

Flächen für Solarthermie sind gleichermaßen wie Photovoltaikflächen zu gestalten. Eine Kombination von PV- und Solarthermieflächen auf der selben Dachfläche ist zulässig, wenn die beiden Flächenarten zu einer geschlossenen Rechteckform kombiniert werden können. Die Anlagen sind anzeigungspflichtig, beurteilungsfähige Planunerlagen müssen mindestens zwei Monate vor Auftrag bzw. Montagebeginn beim Markt Bad Birnbach eingereicht werden können.

Das schließt natürlich einige Varianten im Kurgebiet aus. Dass man da und dort auch Parkflächen in Augenschein nehmen könne, darauf machte Bürgermeisterin Dagmar Feicht aufmerksam. Warum der Neue Marktplatz ausgenommen sei, wollte Josef Brunner mit Blick auf eine mögliche Eigenversorgung des Rathauses wissen. Das sei in mehrfacher Hinsicht schwierig, erläuterte Kurt Twearser, unter anderem wegen der Vielzahl an unterschiedlichen Eigentümern, aber auch aufgrund der Dachformen. Was die Eigenversorgung betrifft, brachte er hier die Parkflächen ins Spiel.

"Was bleibt übrig?", fragte Thomas Blüml mit Blick auf zahlreiche Dächer mit Dachfenstern. "Und wie sieht es mit Balkonsystemen aus?"Die großen Hotels bräuchten Strom. Auch Warmwasserversorgung und E-Autos brachte er ins Spiel.

Dagmar Feicht wies noch einmal auf den Dialog mit den Vermieterin hin. "Jetzt geht es erst einmal darum, den Bedarf zu ermitteln", sagte sie, um dann miteinander Lösungen zu ermitteln. Wichtig sei, dass die Betreiber jetzt aktiv würden. Sie betonte aber noch einmal den hohen Abstimmungsbedarf mit Blick auf das Ganze. "Mir persönlich ist es egal, ob eine Anlage abgetreppt ist oder nicht", meinte Blüml. An PV-Anlagen habe man sich mittlerweile gewöhnt.

Zwei Gegenstimmen

2. Bürgermeister Franz Thalhammer fand es im Gegensatz dazu als "gute Idee, Altbewährtes mit Neuem zu verbinden". Walter Lechl dagegen schloss sich der Argumentation von Thomas Blüml an und meinte später: "Die Leute, die Birnbach aufgebaut haben, sterben langsam weg. Dass die Jungen noch auf das Dach schauen, bezweifle ich."

Jochen Peters schlug mit Blick auf das Artrium vor, dass der Markt mit gutem Beispiel vorangehe. Auch den Parkplatz im Kurgebiet nahm er für eine Überdachung ins Visier und schlug vor, auch Fernwärme anzudenken. "Gespräche hierzu laufen bereits", sagte Feicht hierzu. Ob die Kommune noch etwas verhindern könne, wenn jemand gegen die Anzeigepflicht verstoße, wollte Prof. Klaus Lang wissen. Sehr wohl, und zwar über das Landratsamt, erklärte Geschäftsleiter Tweraser. "Das kann bis zur Änderung oder sogar Beseitigung gehen."

Letztlich wurde der Vorschlag von Planer Wenzl angenommen. Nur Walter Lechl und Thomas Blüml stimmten dagegen.

− vg