Triftern
Nach kontroverser Debatte: Markt bezieht künftig Ökostrom

11.04.2021 | Stand 20.09.2023, 2:44 Uhr

−Symbolfoto: dpa

Der Marktgemeinderat setzt weiter auf die Beteiligung an der turnusmäßigen Strom-Bündelausschreibung des Bayerischen Gemeindetags für all seine Gebäude und Anlagen, einschließlich der Straßenbeleuchtung. 2014 machten Markt und Gemeindewerke (GWT) erstmals bei dieser zentralen Beschaffungsmaßnahme mit und beziehen seither noch bis Ende 2022 ausschließlich "Normal"-Strom. Für die folgenden Lieferjahre 2023 bis 2025 hat sich das Gremium in der jüngsten Sitzung unter den drei vorgegebenen Möglichkeiten mit einem 18:2 Beschluss klar für die Variante "100 % Ökostrom ohne Neuanlagenquote (NAQ)" ausgesprochen. Doch die Meinungen waren davor geführten Debatte weit auseinandergegangen.

"100 % Ökostrom ohne Neuanlagenquote (NAQ)" – dies war schon bei der zurückliegenden Entscheidung im Jahre 2018 in der engeren Wahl. Bei der Abstimmung fehlte allerdings eine Stimme für den Ökostrom, der auch noch alternativ "mit NAQ" ausgeschrieben werden könnte. Bürgermeisterin Edith Lirsch hatte für diese mit Nachdruck plädiert, vor allem auch deswegen, weil Triftern hier Vorbild sein könne, um die Energiewende voranzubringen. Ökostrom mit NAQ sei voll im Sinne des Klimaschutzes und der CO2 -Reduzierung. Ein Drittel des Stromes stamme aus Anlagen, die nicht älter als sechs Jahre seien, ein weiteres Drittel aus Anlagen, die nicht älter als zwölf Jahre seien, so Lirsch. Dadurch werde ein Anreiz zum Bau neuer Erzeugungsanlagen von regenerativem Strom erreicht, von denen bis dato schon jährlich 50 Prozent des gelieferten Stromes kämen.

Den ohne Neuanlagenquote zur Disposition stehenden Ökostrom bezeichnete die Bürgermeisterin als Mogelpackung. Der Strom stamme überwiegend aus älteren und schon lange abgeschriebenen Großwasserkraftwerken, was keinen zusätzlichen Umweltnutzen ergebe. Kein Thema könne ihrer Ansicht nach mehr der konventionelle ("Normal"-)Strom sein, der je nach Anbieter eine Mixtur aus Kohle-, Kernkraft- und Erdgaserzeugung sowie von erneuerbaren Energiequellen sei. "Wir können mit unserer Entscheidung pro Ökostrom mit NAQ Einfluss darauf nehmen, dass die Klimaschutzziele umgesetzt und der Anteil der erneuerbaren Energie mehr werde" fasste sie zusammen.

Zur Entscheidungsfindung lieferte Fachdienstleiter Karl Kaiser dem Marktgemeinderat einen Kostenvergleich der drei Stromvarianten. Hierbei sei erkennbar, dass sich der Preis für Ökostrom ohne NAQ mittlerweile dem Normalstrom annähere, während Ökostrom mit NAQ wesentlich mehr koste. Verdeutlicht wurde dies anhand der Zahlen des Jahres 2020, in dem Markt und GWT in ihren Anlagen insgesamt 832000 kWh ("Normal"-)Strom verbraucht hatten.

39300 Euro seien hierfür an Kosten angefallen, sagte Kaiser. Bei Ökostrom ohne NAQ wären es nach seinen Worten rund 4000 Euro mehr gewesen, was sich bei der Variante mit NAQ noch um weitere 6000 Euro erhöht hätte.

In der Diskussion gingen die Meinungen, welcher Stromvariante man den Vorzug geben sollte, weit auseinander. Während sich Mario Einkammerer für die Beibehaltung des konventionellen Stroms aussprach ("Klimaschutzziele muss der Gesetzgeber, nicht der Markt lösen"), warb Dr. Edgar Wullinger für die "Innovations-Entscheidung" Ökostrom mit NAQ: "Das muss es uns wert sein, auch wenn es mehr kostet". Christian Zinsberger hielt diese Variante für "unsinnig". Auch 3. Bürgermeister Josef Hasmann konnte sich nicht dafür erwärmen ("Ich bin gegen Quoten). Seine Pro-Argumentation für den Ökostrom ohne NAQ teilte Hans Hochecker: "Dieser Strombezug ist für uns passend."

So wurde es dann auch mit einem 18:2 Beschluss (Gegenstimmen von Bürgermeisterin Edith Lirsch und Mario Einkammerer) entschieden. Die vorausgehende Abstimmung zur Variante Ökostrom mit NAQ hatte nicht das von der Rathauschefin gewünschte Ergebnis gebracht. Nur sechs der 20 Gremiumsmitglieder hoben hier mit ihr die Hand.

Von der neuerlich vom Marktgemeinderat mit einem einstimmigen Beschluss beauftragten Kommunalberatung KUBUS in Schwerin kann nun die Ausschreibung für den Zeitraum 2023 bis 2025 vorbereitet werden. An dieser haben nach Angaben des Bayerischen Gemeindetags zuletzt rund 1500 Kommunen teilgenommen. Ziel dieser Gemeinschaftsaktion ist es, durch größere Abnahmemengen günstigere Strompreise zu erhalten, wobei die Ersparnis im Schnitt bei bis zu 40 Prozent liegt. Markt und Gemeindewerke bezogen den bisherigen "Normal"-Strom von 2014 bis 2016 bei den Stadtwerken Dachau, von 2017 bis 2019 von E.on Deutschland und seit 2020 von InnEnergie Simbach am Inn.

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