Pfarrkirchen
Keine Chance auf Bewährung

Mann aus dem Landkreis Rottal-Inn muss wegen Beihilfe zu schwerem Raub hinter Gitter – Reihe von Vorstrafen

12.04.2021 | Stand 21.09.2023, 4:44 Uhr


Ein Jahr und neun Monate Haft: So lautete das Urteil für einen Mann aus dem Landkreis Rottal-Inn, der sich wegen Beihilfe zum schweren Raub vor dem Amtsgericht Eggenfelden verantworten musste. Die Strafe konnte nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, der Mann muss in Strafhaft.

Ein Bekannter des Mannes hatte im November des Jahres 2019 eine Tankstelle in Pfarrkirchen überfallen. Viel Beute hatte er dabei nicht gemacht, denn in Zeiten der Kartenzahlung sind die Bargeldbestände in Tankstellen meist so niedrig, dass Beute und mögliche Strafe in keinem Verhältnis zueinander stehen. Nicht einmal 800 Euro hatte der Mann erbeutet, vier Jahre und acht Monate bekam er "aufgebrummt", hatte er beim Überfall doch eine Schreckschusswaffe genutzt, um den Kassenkräften Angst einzujagen.

Bevor er sich auf den Weg zum Tatort machte, hatte er seinen Spezl, den im jetzigen Verfahren Angeklagten, in dessen Wohnung besucht. Beide Männer waren damals stark abhängig von harten Drogen, letztendlich waren beide immer auf der Suche nach finanziellen Mitteln, um sich den nächsten "Schuss" zu besorgen. An diesem Tag waren die Drogenvorräte aufgebraucht, und das brachte den Besucher auf eine dumme Idee: "Ein Mann, ein Wort – ich überfall jetzt die Tankstelle und mit dem Geld hau ich ab nach Portugal, da kostet das Koks viel weniger als bei uns", soll er gerufen haben. Dann griff er sich in der Küche seines Freundes zwei Tiefkühlbeutel und marschierte los.

Nicht lange danach war er wieder da, warf das Geld auf den Tisch, ließ sich vom seinem Freund Ersatzkleidung geben, damit er nicht gleich erkannt wird, dann verließen beide Männer die Wohnung, um sich bei einem Dealer einzudecken.

Die Polizei klärte den Raub schnell auf. So kam dann auch der Angeklagte ins Visier der Ermittler. Der hatte, nachdem sein Bekannter die Wohnung in Richtung der Tankstelle verlassen hatte, seine Mutter angerufen und ihr von den Plänen des Freundes berichtet. Er fragte auch, ob er die Polizei informieren solle. Die Mutter riet ab: "Ich hab ihm gesagt, er soll das bleiben lassen, denn er ist als Drogenkonsument bei der Polizei bekannt. Wenn dann sein Freund die Tankstelle nicht überfallen hätte und die Polizei wäre mit einem Riesenaufgebot dort gestanden, dann hätte er nur Ärger bekommen", sagte die Mutter als Zeugin aus. Dennoch hatte sie selbst später bei der Polizei angerufen.

Doch da war es schon zu spät: Die Polizei hatte die Männer aufgegriffen. Die Beamten hatten einen der Beutel sichergestellt, mit dem die Beute transportiert worden war, und hatten auch schnell herausgefunden, dass die Ersatzkleidung des Räubers aus dem Schrank seines Freundes stammte.

Vor Gericht machte der Angeklagte deutlich, dass er nicht mehr allzu viel wisse vom Tag der Tat, die Drogensucht habe hier schon ihre Auswirkungen gezeigt. Niemals hätte er bewusst einen Raub unterstützt und auch die Tüten für die Beute habe er dem Bekannten nicht gegeben, sondern der habe sie sich ohne sein Wissen eingesteckt. Die Ersatzkleidung habe er nur ausgehändigt, weil er wollte, dass der Tankstellenräuber so schnell wie möglich die Wohnung verlässt.

In weiten Teilen wurde diese Aussage von seinem Bekannten, der aus der Strafhaft heraus vorgeführt wurde, auch bestätigt: "Ich hab den Raub auch ganz alleine gemacht, da hatte der Angeklagte echt nix damit zu tun", machte er deutlich. Ob er die Plastikbeutel jetzt selbst genommen oder vom Angeklagten bekommen habe, das wisse er nicht mehr. Er sei letztendlich in einem dauernden Drogenrausch gewesen.

Fest stand nach entsprechenden Untersuchungen durch ein Labor des Landeskriminalamtes, dass bei den Geldscheinen, die in der Wohnung des Angeklagten gefunden worden waren, keine Banknoten aus dem Bestand der Tankstelle waren. Die Behauptung des Angeklagten, dass er das Geld am Bankautomaten geholt habe, erwies sich damit als wahr.

Eine Gutachterin bestätigte dem Angeklagten, dass er durchaus bereit sei, von den Drogen weg zu kommen. Eine Therapie, die nur zwei Tage nach der Gerichtsverhandlung starten sollte, sei dafür eine gute Wahl. Die entsprechenden Zusagen legte Verteidigerin Anna Katharina Bauer aus Massing vor. Doch auch die sehr engagierte Anwältin konnte eine ganze Reihe von Vorstrafen beim Angeklagten nicht "wegzaubern", es war auch noch eine Bewährungsstrafe offen. Die Verteidigerin verwies in ihrem Plädoyer auf Widersprüche in der Aussage des Tankstellenräubers und machte deutlich, dass dieser die Beute-Beutel sehr wohl einfach nur unbemerkt eingesteckt hatte. Sie machte klar, dass ihr Mandant mit dem Raub selbst ja nichts zu tun gehabt habe. Ihr Mandant habe deshalb zumindest die Chance einer Bewährung verdient.

Zuvor hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft die lange Vorstrafenliste zitiert. Er sah dabei aber auch, dass der Angeklagte zum Tankstellenraub nur einen sehr geringen Tatbeitrag geleistet habe. Entsprechend lasse sich der Strafrahmen nach unten verschieben. Doch da sei noch die offene Bewährung, die mit einbezogen werden müsse. Zwei Jahre Haft seien dafür angemessen, eine Bewährung nicht möglich.

Am Ende das Urteil: Der Angeklagte wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, eine Bewährung gab es nicht. Allerdings zeigte ihm das Gericht noch die Möglichkeit auf, zuerst die Therapie zum Drogenentzug anzutreten – vielleicht würde dann die Haftstrafe etwas kürzer werden.

− hl