Eggenfelden
Gewerkschaft: Krise nur gemeinsam zu bewältigen

02.05.2021 | Stand 20.09.2023, 5:08 Uhr

Thomas Asböck hielt als Kreisvorsitzender des DGB das Hauptreferat bei der Veranstaltung zum 1. Mai in Eggenfelden. −Foto: hl

Es war eine ganz bewusste Entscheidung, die Kundgebung zum 1. Mai nicht virtuell zu übertragen oder wie im vergangenen Jahr ganz ausfallen zu lassen, sondern wieder zum persönlichen Treffen einzuladen – und zwar vor dem Rathaus in Eggenfelden. "Wir wollten Flagge zeigen, natürlich unter Einhaltung aller Vorgaben, denn auch bei uns stehen Sicherheit und Gesundheit der Besucherinnen und Besucher an erster Stelle", betonten Renate Hebertinger im Namen der Gewerkschaft Verdi und Thomas Asböck für den Deutschen Gewerkschaftsbund.

"Solidarität ist Zukunft", so lautet das Motto der diesjährigen Feiern zum "Tag der Arbeit". Und Renate Hebertinger, die unter anderem die stv. Landräte Kurt Vallée und Werner Schießl begrüßte, stellte gleich zu Beginn ihrer Rede fest: "Nur solidarisch wird es uns gelingen, die Krise zu überwinden". Es sei jetzt nicht die Zeit, dass jeder nur an sich selbst denken dürfe, denn: "Solidarität untereinander ist das Fundament unserer Demokratie. Ihr Appell war deutlich: "Wir brauchen jetzt den Zusammenhalt aller Bürgerinnen und Bürger, damit wir die großen Herausforderungen bewältigen können."

Biber-Kritik an Politikern, die sich bereichert haben

Eggenfeldens Bürgermeister Martin Biber wollte auf die "unverzichtbare Arbeit der Gewerkschaften" aufmerksam machen: "Wir brauchen jetzt noch mehr Solidarität." Massive Kritik übte er an den Politikern, die sich an der Krise bereichert haben: "Wer hier auf schnelle Profite setzt, der ist auf einem asozialen Weg unterwegs." Und Biber verwies auf die Bedeutung des 1. Mai als Feiertag: "Vieles, an das wir heute so gewohnt sind, wie die Fünf-Tage-Woche, der bezahlte Urlaub, die Mitsprache im Betrieb – das gäbe es nicht ohne die Gewerkschaften."

In den Augen von DGB-Kreisvorsitzendem Thomas Asböck zeige die Corona-Pandemie wie unter einem Brennglas, welche Ungerechtigkeiten und Probleme existieren, und sie verschärfe viele dieser Konflikte. "Dabei sind es häufig die ohnehin Benachteiligten, die von der Krise und ihren Folgen mit der größten Härte getroffen werden – Menschen in prekärer Beschäftigung, Beschäftigte in der Altenpflege, Kinder aus bildungsferneren Haushalten oder Frauen, die häufig wieder verstärkt in alte Rollenmuster gedrängt werden", so Asböck.

Es sei also auch nachvollziehbar, wenn viele Menschen in diesem Land gestresst und frustriert sind, Ängste und Sorgen haben und die Krisenpolitik der Bundesregierung kritisch hinterfragen. Aber er stellte auch klar: "Kritik an der Krisenpolitik sollte dort eine Grenze haben, wo die Gesundheit und das Leben anderer gefährdet werden. Wer das Virus und seine Gefahren schlicht leugnet und darauf pocht, sich an keine Abstands- und Hygieneregeln halten zu wollen, kritisiert nicht die staatliche Autorität, sondern verhält sich nur rücksichtlos egoistisch und unsolidarisch."

Niemand dürfe die Pandemie als Vorwand nehmen, um Demokratieverachtung, Verschwörungserzählungen, Antisemitismus und Hass Gehör zu verschaffen, so der DGB-Kreisvorsitzende. "Unter dem Deckmantel der Verteidigung von Grundrechten und Freiheit hat sich eine gefährliche Mischung aus Rechtsextremisten, Reichsbürgern, Verschwörungstheoretikern, Impfgegnern und Esoterikern zusammengefunden, um ihre unsolidarische Hetze zu verbreiten. Wer gemeinsam mit Rechtsradikalen auf die Straße geht, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren, verteidigt nicht die Demokratie, sondern greift sie an."

Die Krise habe, so Asböck, viele Missstände sichtbar gemacht. Sie zeige aber auch, dass eine Gesellschaft keine Zukunft hat, die keine Solidarität kennt, in der man sich nicht aufeinander verlassen kann, in der jede und jeder nur an sich denkt.

Asböck betont Bedeutung der Tarifverträge

Neben einer Reihe von anderen Themen griff Asböck noch zwei besonders aktuelle Bereich auf: die Tarifbindung und die Zunahme befristeter Arbeitsverträge. Tarifverträge seien das wichtigste Instrument, um die Löhne, Arbeits- und damit auch die Lebensbedingungen der Beschäftigten flächendeckend zu verbessern. Aktuell arbeiteten nur noch 45 Prozent der Beschäftigten im Osten und 53 Prozent im Westen in tarifgebundenen Betrieben. Nur noch 27 Prozent aller Betriebe in Gesamtdeutschland seien tarifgebunden. Asböcks Forderung: "Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dürfen nur die Unternehmen zum Zug kommen, die sich an Tarifverträge halten. Wir zahlen keine Steuern dafür, dass dann Dumpingfirmen und Lohndrücker bevorzugt werden."

Zudem forderte Asböck den Gesetzgeber auf, Schluss zu machen mit dem" Befristungswahnsinn". Die Befristung ohne sachlichen Grund müsse komplett abgeschafft werden.

Michael Kaltenhauser, Bezirksvorsitzender von Verdi in Niederbayern und als Intensivpfleger tätig, forderte Verbesserungen für die sozialen Berufe, die nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch sein müssen: verbindliche Dienstzeiten, verlässliche Dienstpläne, mehr Zeit für die Patienten – das alles auch noch ordentlich und angemessen bezahlt.

In einem von Renate Hebertinger verlesenen Grußwort hatte Landrat Michael Fahmüller den Gewerkschaften dafür gedankt, dass sie sich in schwierigen Zeiten dazu entschlossen hatten, am 1. Mai Flagge zu zeigen.

− hl