Johanniskirchen
Bund-Naturschutz-Landesvorstand besichtigt Natur-Kleinod für die Artenvielfalt

10.11.2022 | Stand 10.11.2022, 11:02 Uhr

Bei der Besichtigung des Sulzbach-Biotops durch den Bund-Naturschutz-Landesvorstand: (von links) Doris Tropper und Beate Rutkowski (beide Stellv. Landesvorsitzende), Karl Haberzettl (Kreisgruppe Passau), Richard Mergner (BN-Landesvorsitzender), Stefan Maurer (stv. Landesgeschäftsführer), Dr. Jürgen Riedler (Kreisgruppe Rottal-Inn), Martin Geilhufe (hinten, BN-Landesbeauftragter), Rudi Tändler (Biotop-Pflegebeauftragter) und Franz Dick, Vertreter der Kreisgruppe Dingolfing-Landau. −Fotos: Hascher

Im Rahmen einer Besichtigungstour des Bund-Naturschutz-Landesvorstandes in Niederbayern stand auch ein Halt am Sulzbach zwischen Emmersdorf und Uttigkofen (Lkr. Rottal-Inn) auf dem Programm. Denn dort entwickelt sich ein von drei Kreisgruppen des BN angekauftes Grundstück zu einem Kleinod der Artenvielfalt. Erste Maßnahmen zeigen bereits erstaunlich positive Wirkung.

Auf dem knapp sieben Hektar großen Grundstück, das die BN-Kreisgruppen Rottal-Inn, Dingolfing-Landau und Passau vor drei Jahren mit Hilfe des Naturschutzfonds gekauft haben, wird die Artenvielfalt wieder deutlich zunehmen. Entstehen soll ein Rückzugsort für die heimische Pflanzen- und Tierwelt im Landkreis Rottal-Inn – aber auch im Landkreis Passau, denn durch das BN-Grundstück verläuft die Landkreisgrenze. An der Pflege beteiligt sind neben den drei Kreisgruppen auch die Landschaftspflegeverbände Rottal-Inn und Passau.

Biber hilft, eine Auenlandschaft zu schaffen

"Wir freuen uns über dieses Erfolgsprojekt, das auch ein wertvoller ökologischer Trittstein in einem Biotopverbund zwischen Isar und Inn ist. Bereits jetzt ist aus dem Areal, das früher ein entwässertes Ackerland mit Fischteichen war, ein Naturjuwel mit Feuchtflächen geworden. Vor allem stellt das Gebiet ein echtes Lebensraum-Mosaik nicht zuletzt für viele vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten dar", so Richard Mergner, BN-Landesvorsitzender, anlässlich der Besichtigung des Gebietes zusammen mit Naturschutz-Fachleuten sowie zahlreichen Vertretern der drei beteiligten Kreisgruppen.

Rudi Tändler, der als Naturschutz-Experte seit drei Jahren sehr viel Zeit diesem Auen-Feuchtbiotop widmet und der auch ganz wesentlich die ökologische Entwicklung gestaltend voranbringt, präzisiert: "Vor allem besteht hier viel Möglichkeit, Wasser in der Fläche zu halten – das ist gut für die Grundwasserneubildung. Nicht zuletzt hilft uns dabei der Biber. Hier bildet sich ein Naturjuwel, für das wir mit unseren Maßnahmen eine gute Starthilfe leisten."

Die Fläche soll nun schrittweise in den nächsten Jahren wieder zu einem naturnahen, vielschichtigen Auen-Lebensraum in allen Aufbau- und Zerfallsstadien entwickelt werden. Entscheidend ist dabei, so die Experten, dass die natürliche Dynamik des Wassers, die typisch und prägend für Auenbereiche ist, wieder wirken kann, so dass es unregelmäßig zu Anstauungen kommt. Die Voraussetzungen am Sulzbach sind gut: Der Bach ist weitgehend unverbaut mit Auwaldsaum und Hochstauden auf beiden Seiten, die Elemente einer klassischen Au sind mit Wiese, Wald und Wasser bereits vorhanden.

Waldschnepfe und Bekassine

"Besonders erfreulich ist", so Rudi Tändler, "dass es bereits jetzt nach gut zwei Jahren zu ersten positiven Entwicklungen gekommen ist und sich die ersten Maßnahmen auf der Artenliste niederschlagen: Waldschnepfe und Bekassine sind auf der Fläche zu beobachten. Neuntöter, Sumpfrohrsänger und Feldschwirl brüten konstant auf den Flächen. Schwarzstorch, Grau- und Silberreiher sind regelmäßige Nahrungsgäste im Gebiet. Sogar ein Halsbandschnäpper konnte, leider nur zur Durchzugszeit, beobachtet werden." Bald erhofft man sich in dem Gebiet auch den Eisvogel, die Wasserralle und die Uferschwalbe. Nicht zuletzt sollen Amphibien wie die Gelbbauchunke und der Laubfrosch wieder ansässig werden.

Erste Erfolge zeigen sich auch in den dauerfeuchten Bereichen mit Großseggen. Nach Mäh-Aktionen konnte bereits eine Zunahme zweier seltener Gold-Hahnenfuß-Arten festgestellt werden – einer Pflanzenart, die ihren Schwerpunkt in der Region hat und für die daher eine besondere Verantwortung besteht. Weitere hier vorkommende Pflanzenarten sind die Herbstzeitlose, das Buschwindröschen, die Sumpfdotterblume, die Wasserschwertlilie, der Baldrian und die Brunnenkresse sowie der Beinwell. Und Hoffnung besteht, dass auch die äußerst selten gewordene Trollblume sich wieder ansiedelt.

"So funktioniert Naturschutz in der Fläche. Die Entwicklung von kleinen Bächen und Gräben ist die sinnvolle lokale Ergänzung zur Renaturierung der niederbayerischen großen Flüsse wie Inn, Isar oder Donau. Unsere Kreisgruppen tragen hier zu dem Biotopverbund bei", wie Beate Rutkowski, Stellvertretende BN-Landesvorsitzende, resümiert.

Für die nächste Zeit gibt es für die beteiligten Experten und die Landschaftspflegeverbände genug zu tun. Denn in der Mitte des Areals liegen zwei ehemalige Fischteiche, die schrittweise für Amphibien, Reptilien und Insekten, wie etwa Libellen, verbessert werden. Es entstehen unterschiedlich steile Uferböschungen, flachere und tiefere Wasserbereiche, die mit Anschüttungen in Hochstauden-, Großseggen- und Feuchtwiesenbereiche übergehen. Auch sollen aus dem Auwald fremdartige Gehölze wie Fichte oder Balsapappeln entfernt werden.

Totholz bleibt bewusst stehen

Was aber bewusst stehen und liegen bleiben soll, ist Totholz. Denn der nutzungsfreie, teilweise sehr alte Baumbestand speichert viel CO2 über lange Zeiträume und trägt so auch noch zum Klimaschutz bei. Außerdem bieten die alten Bäume mit ihren Höhlen Spechten wertvollen Nistplatz. "Eine Vielfalt an Lebensräumen entsteht, die für eine Vielfalt an Wassertieren und Pflanzen attraktiv werden wird", hofft Landesvorsitzender Richard Mergner, "in diesem Zusammenhang danke ich allen hier Beteiligten für ihr beispielhaftes, großes Engagement."

Genau dieses Engagement des BN vor Ort kommt nun auch auf einem Schild zum Ausdruck, das der Landesvorstand nun mit folgendem Text am Biotop angebracht hat: "Dieses Stück Heimat pflegt der BUND Naturschutz Bayern für Sie" – so sollen Natur-Interessierte Gäste auf dieses wertvolle Biotop-Areal hingewiesen werden.

− wh